
Joh 20 – Jesus und Maria Magdalena
Als Maria Magalena dem auferstandenen Jesus begegnet, hält sie ihn zunächst für den Gärtner. Zu unglaublich ist das Geschehene. Aber ist Jesus vielleicht tatsächlich der Gärtner, der dabei beschäftigt ist, den Grabplatz zum Garten Eden umzubauen?
Liebe Gemeinde,
in allen vier Evangelien ist von der Auferstehung Jesu zu lesen. Wobei sie alle ja nicht die Auferstehung also solche beschreiben, denn da war ja keiner dabei. Sondern wir lesen in den Evangelien vom leeren Grab, und davon, wie die verschiedenen Personen das erlebt haben. Teilweise aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.
Johannes beschreibt, dass Maria Magdalena die erste war, die zum Grab gekommen ist. Sie sah, dass der Stein weggerollt war und hat sofort die anderen Jünger geholt, die dann hingegangen sind, und entdeckten: Das Grab ist leer.
Und es liest sich so, dass die Jünger recht bald wieder zurück in die Stadt Jerusalem gingen, um irgendwie diese Nachricht einmal zu verarbeiten. Damit wäre die Geschichte erst mal fertigerzählt. Denn die Wichtigen, das waren damals die Männer, waren ja abgezogen. Nur Maria von Magdala war noch da. Und Johannes berichtet, was dann geschah:
Ich lese aus dem 20. Kapitel bei Johannes:
11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, beugte sie sich in das Grab hinein 12 und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte. 13 Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. 14 Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. 15 Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir: Wo hast du ihn hingelegt? Dann will ich ihn holen. 16 Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! 17 Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. 18 Maria Magdalena geht und verkündigt den Jüngern: »Ich habe den Herrn gesehen«, und was er zu ihr gesagt habe.
Nur der Evangelist Johannes schreibt von dieser eigentümlichen Begegnung: Maria ist entsetzt, dass Jesus verschwunden ist, und als er vor ihr steht, erkennt sie ihn nicht, und hält ihn für einen Gärtner.
Maria muss alles im Kopf sortieren
So verrückt das klingt, es erscheint mir auch irgendwie logisch. Wir Menschen wollen ja verstehen, was wir sehen und erleben. Wir denken in Zusammenhängen von Ursache und Wirkung, und greifen da auf unsere Erfahrung zurück. So erklären wir uns Dinge und reimen uns aus dem, was wir sehen, zusammen, das da passiert sein könnte.
Am Ostermorgen macht Maria das genauso: Das Grab ist leer. Was liegt näher, als davon auszugehen, dass jemand den toten Jesus abgeholt und woanders hingebracht hat? „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben“, so redet sie zu den Engeln in der Grabhöhle. Und auch als Jesus hinter ihr steht, fragt sie ihn das gleiche. Eine andere Erklärung für das leere Grab kann es ja nicht geben. Absolut logisch.
Und dass sie Jesus nicht erkennt? Ihn für einen Gärtner hält? War Maria innerhalb weniger Tage nach der Keuzigung schon soweit, dass in ihrem Kopf Jesus als Lebendiger gar nicht mehr als Option existierte? Der vor mir kann ja nicht Jesus sein, denn der ist schießlich tot!
Oder war sie einfach so verheult, dass sie eh kaum mehr aus den Augen schauen konnte? Das würde dann auch erklären, dass sie erst nach seiner zweiten Anrede merkt, wer da mit ihr spricht.
Auferstehung ist unfassbar
Dass Jesus auferstanden ist, dass er nicht tot im Grab liegt, ist für Maria einfach nicht zu fassen. Auch buchstäblich: „Rühre mich nicht an!“ sagt Jesus – Ein Stückweit entzieht sich Jesus ihrem Zugriff. Sie möchte es vielleicht ganz handfest begreifen, dass Jesus hier steht und lebt, aber das wird nichts. Sie muss mit seinen Worten auskommen, und der Wahrnehmung dieses Moments. Wobei ihr dieses Gärtner -Missverständnis vielleicht in Nachhinein noch länger nachgegangen sein wird: „War es vielleicht doch ein Gärtner, und ich habe mir das nur eingebildet …?“
Maria Magdalena hat es nicht leicht. Und die Jünger Jesu genauso. Jesu Auferstehung ist so unglaublich. Alles andere erscheint so viel wahrscheinlicher: Ein geraubter Leichnam … ja, das wäre logisch und irgendwie zu verstehen.
Aber dass Jesus lebt.
Sich bewegt.
Plötzlich auftaucht und mit Menschen – mit ihnen! – spricht.
Dafür haben die Jünger im Kopf kein Werkzeug, sich das zu erklären, das zu verstehen und als Realität zu akzeptieren. Es ist zu einmalig – nie dagewesen.
Und das ist bis heute so. Ostern ist nicht erklärbar. Es ist ein Geschehen aus einer anderen Welt.
Alles ist anders – mit Ostern wird alles anders. „Rühre mich nicht an“ – Maria, du kannst es sowieso nicht begreifen. Stunden später wird der Jünger Thomas auch sagen „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben.“ Aber als Jesus dann vor ihm stand, war das Thema mit dem Anfassen vom Tisch, er war auch so überzeugt.
Liebe Gemeinde, ich muss damit leben, dass die Auferstehung etwas unfassbares und erklärliches ist, das mit meinem modernen Weltbild nicht zusammenpasst. Aber das ist ja auch eine Chance: Dass die Welt, wie wir sie kennen nicht alles ist.
Der Gärtner
Ein anderer Punkt wäre da noch: Die Sache mit Jesus als Gärtner. Vielleicht war das nicht nur ein Missverständnis? Ist Jesus mit seiner Auferstehung tatsächlich zu einem Gärtner geworden?
Jedenfalls gibt es durch die Jahrhunderte viele Gemälde, die diese Begegnung von Jesus mit Maria darstellen, und ihn dabei als Gärtner ausstaffieren: Jesus mit Spaten, mal mit Hacke, auch gibt es Jesus mit Strohhut und Schaufel. Was soll das?
Jesus wurde in der Nähe vom Kreuzigungsort in ein vorhandenes Grab gelegt. Es war vielleicht etwas, was wir heute Friedhof nennen. Wobei die Grabstätten damals wohl nichts Schönes hatten. Das waren Orte des Todes. Noch heute gibt es in Jerusalem den Friedhof am Ölberg. Eine riesige Grabsteinwüste ohne ein bisschen Grün.
Ein Garten war da etwas ganz anderes: Gärten waren Orte des Lebens, es gab Oliven-Gärten, wie den Garten Gethsemane. Oder Gärten, die man bewässerte um Früchte und Gemüse anzubauen. Und wohlhabende Menschen hatten schon vor 2000 Jahren es sich gegönnt, einen „Lustgarten“ zu besitzen. Mit schönen Pflanzen und Bäumen, die Schatten spendeten.
Zurück zum Garten Eden?
Der erste Garten der Bibel war der „Garten Eden“ das Paradies, aus dem Adam und Eva hinausgeschickt wurden. Der Garten, wo die Welt in Ordnung war, wo alles da war, was man zum Leben brauchte, und es nichts gab, was das Leben beschwerte.
Bis heute basteln unsere Gartenbauer ja auch an so einem kleinen Paradies; einen Rückzugsort, wo die Last der Welt mal vor der Gartentüre bleibt.
Und jetzt steht Jesus als Gärtner auf dem Friedhof, mit der Schaufel in der Hand – Bereit, um loszulegen! Damit der Ort des Todes zum Garten wird. Zum Ort des Lebens. Das Grab soll nicht das Ende sein, sondern an dieser Stelle soll das Leben blühen. Und während die Toten in der Erde schlummern, wuselt Jesus und lässt einen neuen Garten Eden entstehen. Damit sie alle einmal die Augen aufmachen und sagen: Aha! Das ist also der Garten Eden, das Paradies ….
Aber, liebe Gemeinde, das ist gerade mein Bild im Kopf. Und ich höre wieder Jesus der sagt „Rühre mich nicht an!“.
Jesus sagt mir: „Bilde dir nicht ein, du hättest es jetzt schon alles erfasst! Glaube ja nicht, du würdest es verstehen, was dich erwartet, wenn du im Vertrauen auf mich einmal stirbst. Da musst du dich überraschen lassen. So wie meine Auferstehung dir immer ein unerklärliches Wunder und Rätsel sein wird – so wird das das Neue etwas sein, was du dir heute nicht in Ansätzen vorstellen kannst.“
Amen