Predigt: Lastenträger statt Besserwisser (Matthäus 11, 25-30) 21. Juni 2020

Mt 11, 25-30

„Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir“ – wie wir von Jesus lernen können, Lasten zu tragen – und weshalb es Besserwisser damit immer ein bisschen schwerer haben.

Das Elend der Besserwisser

Liebe Gemeinde
Es muss einer der Momente gewesen sein, wo Jesus die Nase gestrichen voll hatte. Wo er genug hatte von all diesen Schlaubergern, die immer alles ganz genau und vor allem besser wussten.
Die ja schon seit Jahrzehnten eingeübt hatten: Wir wissen genau, wie das ist, mit Gott, und Glauben und dem Leben. Uns kann keiner etwas weis machen. Und wenn einer anfängt zu predigen, dann wissen wir sofort, was wir davon halten sollen:

Wenn er sagt, was wir hören wollen, dann ist er gut
Wenn er unsere bisherige Sichtweise in Frage stellt, wenn seine Worte uns herausfordern, wenn seine Gedanken unbequem sind, dann  …. ja dann hat er eben keine Ahnung, dann kann er gerne wieder gehen.

So hat Jesus das erleben müssen – vor allem in seiner Heimatregion in Galiläa. Das Sprichwort hatte mal wieder recht: Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande.

Ja, die, die sich für schlau halten, die immer alles besser wissen, und nicht mal bereit sind, ernsthaft auf die Anderen zu hören, die sind immer ein Problem. Das hat sich seit Jesu Zeit nicht wirklich verändert.

Im Matthäusevangelium finden wir so eine Szene, wo Jesus ordentlich Dampf ablässt. Aber dann atmet er einmal tief durch, und entscheidet sich, nicht mehr über die arrognaten Neunmalklugen zu schimpfen, sondern auf die Anderen zu schauen.
Da beginnt unser Predigttext:

Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart. 26 Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen. 27 Alles ist mir übergeben von meinem Vater, und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will. 28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. 29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. 30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Wie gut, wenn man sich nicht selber für schlau hält

Aus dem Jammern wird ein Lobgebet! Jesus dankt Gott für die Anderen! Was die Weisen und Klugen in ihrer Verbohrtheit übersehen, das entdecken die, die sich nicht selber für schlau halten.

Die, die nicht glauben, schon alles zu wissen, die halten ihre Augen offen.

Die die bereit sind, sich auf ungewohnte Worte einzulassen, und neue Wege  zu gehen, die haben die Chance, das Neue an Gottes Reich zu entdecken.

Die kleinen Leute, die von den Herausforderungen des Alltags über ihre Kräfte gebeutelt sind, sie tun sich leichter, einzusehen, dass sie Gottes Hilfe brauchen.

Ein bisschen erinnert es mich an die Worte, wo uns Jesus die Kinder als Vorbilder hinstellt: “Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.”(Mk 10,15)
Wir bleiben vor Gott letztlich immer wie Kinder, die nie all seine Größe und seine Geheimnisse und seine Wege verstehen.

Wer weiß, wie oft Gott über mich lacht, wenn ich mir über ihn hochtrabende Gedanken mache, und mir dabei auch noch recht schlau vorkomme.  Vor ihm bleiben wir Kinder … und das ist ja auch nicht schlimm.

Denn Kinder sind es, die wissen, wie wichtig es ist, sich jemanden anvertrauen zu können.

Kinder wissen, dass es keine Schande ist, wenn man etwas nicht versteht, und dann nach Antworten sucht.

Kinder wissen, dass sie zwar eigentlich keine weltwichtigen Personen sind, aber dennoch grenzenlos geliebt werden und darum unendlich wertvoll sind.

Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart.  Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.

Lasten tragen

Und für diese Menschen hat Jesus ein Angebot:

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

„Erquicken“ – ein uraltes Wort, das kaum jemand verwendet. Und doch, spüren wir, was Jesus damit meint. Ein kühles Bier nach der Gartenarbeit am Wochenende. Oder ein Sprung unter die Dusche. Entlastung – Erfrischung – neue Kraft.

Aber wie ist das, wenn ich “mühselig und beladen” bin. Geschafft, erledigt, am Ende meiner Kräfte? Was macht mich da wieder frisch?

Jesus spricht nicht davon, dass alle Lasten verschwinden werden.
Er sagt auch nicht: ich übernehme alles, und dann kannst du frei und unbelastet durch Leben hüpfen.

Das wäre natürlich schön, aber wir wissen ja, dass es nicht so ist. Unsere Lasten, unsere Aufgaben, unsere Verantwortung und Erinnerungen können wir nicht einfach abschütteln.

Es geht wohl eher darum, wie wir mit den Belastungen des Lebens umgehen und zurechtkommen, ohne, dass sie uns kaputtmachen

Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Die Lasten nimmt uns Jesus nicht ab, aber er hilft, sie zu tragen. Dazu dient sein sanftes Joch: Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir.

Was meint er damit?
Das Joch ist ja eigentlich ein Hilfsmittel, dass man den Zugtieren auf die Schultern legt, damit sie ihre Aufgabe erledigen können. Er verteilt die Last des angehängten Teils auf eine größere Fläche, es ist oft gepolstert, mit keine wunden Druckstellen entstehen.
Und es gibt bis heute in manchen regionen Menschen gibt, die Wasser kilometerweit tragen müssen: Die haben oft auch so eine Art Joch auf den Schultern: Eine gebogene Stange, an deren beiden Enden dann an einer Schnur die Wassereimer hängen.

Spätestens da wird mir bewusst: Das Joch ist etwas, was mit das Tragen der Last zwar nicht abnimmt. Aber er macht es mir möglich, diese Last überhaupt zu tragen – und zwar aufrecht. Denn nur aufrecht stehend kann ich so ein Joch sinnvoll tragen.

Von Jesus lernen

Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Von Jesus lernen, die Lasten des Lebens zu tragen.

Ich denke da an seine Jünger, die diese Worte ja auch gehört haben. Bei denen ja auch jeder so sein Päckchen zu tragen hatte. Sie sind ihn nachgefolgt, und haben von ihm gelernt. Und was sie da gelernt haben, hat ihnen dann wohl auch geholfen, ihre Lebenslast zu tragen. Das wird bei jedem etwas anderes gewesen sein, was er da von Jesus gelernt hat. Da kann man wohl nur mutmaßen.

Sie haben vielleicht gesehen, wie es den Menschen gut getan hat, wenn sie von ihm gewürdigt, wahrgenommen und akzeptiert werden. Wenn sie nicht wegen ihrer Fehler und Schwächen abgewertet werden. Wer weiß, dass er geliebt wird, dem fällt es leichter aufrecht zu gehen – auch unter seiner Last.

Gehört haben sie, wie er gepredigt hat: Denen zu vergeben, die man eigentlich nicht leiden kann. Denen zu helfen, die Unterstützung brauchen – auch wenn man selbst eigentlich auch genug Probleme hat. Von ihm lernten sie: Wenn wir uns auf einem Teil unseres Lebenswegs gegenseitig beim Lastentragen helfen, kommen wir weiter, als wenn jeder nur an sich denkt.

Sicher haben alle an ihm gesehen, wie er entschieden hat, seine Last, seine schwere Lebensaufgabe nicht abzuschütteln – auch nicht kurz vor Karfreitag im Garten Gethsemane. Da haben sie haben ihn gehört, als er Gott seine Angst und Sorgen geklagt hat … und haben erlebt, wie er trotz oder gerade wegen seiner offenen Worte zu senem himmlischen Vater dann aufrecht seinen Weg weitergegangen ist.

Liebe Gemeinde, Lasten tragen, das ist eine Kunst.
Sicher sind wir im Umgang mit Belastungen auch ganz unterschiedlich gestrickt. Die einen können es besser als andere. Aber Jesus hat uns beigebracht, uns dabei gegenseitig zu unterstützen. Ganz ohne Besserwisserei – aber mit viel Nächstenliebe.

Amen

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