Jesaja 9, 1-6
„Das Licht scheint in die Finsternis“
Das heißt: Das Dunkel ist nicht einfach weggezaubert. Aber das Licht ist stärker, es verdrängt die Dunkelheit und verändert auch uns.
Liebe Gemeinde, (Bitte an Messnerin, die Lichter zu dimmen) … so, jetzt haben wir es uns richtig weihnachtlich kuschelig gemacht. Schön dunkel … und mit vielen Lichtern! Eigentlich ist es ja ein Widerspruch: Wir wollen es schön dunkel, und gleichzeitig zünden wir Kerzen an und hängen überall Lichterketten hin.
Unser Fest – die Spannung von Licht uns Dunkelheit
Unser Fest lebt von der Spannung zwischen Licht und Dunkelheit. Das ist irgendwie das heimliche Thema, das sich bereits durch den Advent zieht:
Auf den Weihnachtsmarkt zu gehen macht eigentlich erst dann Spaß, wenn es dunkel ist, und die Stände stimmungsvoll beleuchtet sind. Wenn man abends einen Spaziergang durchs Dorf macht, da bewundern wir immer die ganzen Beleuchtungsideen. Ja, auch unser Adventskranz spielt da mit: Jede Woche brennt eine Kerze mehr. Je näher wir zum Fest kommen, umso heller wird es.
Wir wissen: Erst im Dunkel wirkt das Licht! Tagsüber sieht unser Weihnachtsbaum hier im Gegenlicht der Fenster nicht wirklich beeindruckend aus. Aber jetzt im Dunkel zaubert er fast schon einen überirdischen Glanz in die Kirche.
Licht wird dann zu etwas besonderem, wenn es dunkel ist. Eine alte Verheißung des Propheten Jesaja, die auch mit Licht und Dunkelheit spielt, beziehen wir gerne auf Jesu Geburt. Jesaja sagt dort:
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. 2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. (…) 4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.
Eine Verheißung …ganz schön wuchtig: Dass da ein neuer Herrscher geboren wird, der ganz ungewohnte Eigenschaften mitbringt: Als Friedensstifter. Jemand, der für Gerechtigkeit sorgt. Einer, der dem ganzen Elend Einhalt gebietet.
Klingt gut? Oder?
Naja: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Das heißt: Sie sitzen ja noch im Dunkeln drin. Aber das Licht ist schon zu erkennen. Das geht ein Licht auf. Es leuchtet in ihr Dunkel hinein, gibt Hoffnung, aber sie hocken nicht am sonnigen Strand. Die Spannung von Hell und Dunkel bleibt.
Die Hirten: Aus dem Dunkel ins Licht
Die ganze Weihnachtsgeschichte hat viele solcher Anspielungen. Die Hirten auf dem Feld: Die hockten ja auch im Dunkel. Nicht nur, weil es mitten in der Nacht war. Sie waren wohl auch sonst nicht auf der Sonnenseite des Lebens: Harter Job, wenig Lohn, kein gutes Image, und wer weiß, welche Sorgen jedem Einzelnen sonst so durch den Kopf gingen und es zusätzlich düster machten.
Aber dann platzen die Engel in diese Szene, der ganze Himmel leuchtet hell: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“
Mitten das Alltagsdunkel der Hirten bricht das Licht und die Nachricht: Da ist der geboren, der euer Leben hell und heil machen will.
Sie machen sich auf zur Krippe, zum Stall von Bethlehem, und bewundern das Kind, das da liegt. Und vielleicht fragen sie sich auch, wie so ein kleiner Wurm in einem dreckigen Stall ihre Welt verändern soll. Aber wenn schon eine ganze Heerschar von Engeln den Himmel erleuchtet … da muss ja was dran sein, an diesem kleinen Menschenkind!
Die Hirten bleiben nicht im Stall. Sie kehren zurück zu den Schafen. In ihr bisheriges Leben. Bei den Herden wartet kein Lottogewinn auf sie, sondern das gleiche Leben wie zuvor. – Oder vielleicht doch nicht? Weil der himmlische Glanz, der an diesen Abend über ihnen geleuchtet hat, alles in einem anderen Licht erscheinen lässt? Dass sich in diesem Moment nicht ihre Situation verändert hat, aber ihr Blick darauf?
Da haben wir es wieder: Das Ineinander von Licht und Dunkelheit.
Das Ineinander anno 2024
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Auch wenn das Dunkel mir im Nacken sitzt: Ich will dahin schauen, wo Licht zu sehen ist! Auch – und vielleicht gerade an Weihnachten. Weil auch die Festtage nie ganz unbeschwert sein werden.
Magdeburg, Kiew, Damaskus, Gaza … und die Probleme und Sorgen, die einem selber im Leben umtreiben: Wir haben immer genügend Gründe, um uns zu fragen: „Kann man denn da noch fröhlich Weihnachten feiern?“
Schauen wir die Hirten an. Sie haben sich an der Krippe das Licht der Hoffnung abgeholt. Sie spüren: Wir sind in unserem Dunkel nicht verloren. Gott hat uns nicht vergessen, auch wenn es sich manchmal so anfühlte.
Aber das Licht anzünden, die Hoffnung von der Krippe heimtragen, das müssen wir schon selbst. Auch wenn es manchmal nur ein kleines Licht ist, dass wir einer dunklen Welt entgegenhalten.
Die Dunkelheit weicht dem Licht
Aber was ist denn Dunkelheit eigentlich? Sie ist nichts anderes als das Fehlen von Licht. Das heißt: Wo ich mein Licht anzünde, da weicht die Dunkelheit.
Wo ich Hoffnung habe, wo wir uns Hoffnung zusprechen, da weicht die Resignation.
Wo wir das Licht der Liebe brennen lassen, hat Hass kein Platz.
Ich kann nicht die ganze Welt verändern. Meine Macht und Kraft ist begrenzt. Aber wenn ich bei mir anfange auf das Licht zu blicken und sich davon ein paar Menschen anstecken lassen, dann ist das ja auch schon ein Teil dieser Welt, der sich verändert.
Ich muss bei mir selbst anfangen. Aufs Licht; aufs Gute zu schauen. Mein Licht aus der Krippe hüten und in den Alltag leuchten lassen.
Das Friedenslicht aus Bethlehem
Auch in diesem Jahr haben wir das „Friedenlicht aus Bethlehem“ hier nach Wilhelmsdorf geholt. Seit 31 Jahren wird es in Bethlehem in der Geburtsgrotte entzündet und bis zu uns nach Mitteleuropa gebracht. In diesem Jahr war es zum ersten Mal aufgrund der politischen Situation in Israel nicht möglich, diese Flamme dort zu entzünden. So hat man auf die Flamme aus dem Jahr 2023 zurückgegriffen die in einer österreichischen Wallfahrtskirche immer noch gepflegt wurde.
Seit 20 Jahren besorgen wir uns als Familie immer diese Flamme. Vor dem Haus flackert sie in einer Laterne, innen brennt eine weitere als Reserve. Und meiner Frau ist es immer wichtig, dass wir alle unsere Weihnachtskerzen im Haus an dieser Flamme anzünden. Am Heiligen Abend ist das ein ziemliches Manöver. Ja, das Licht von Bethlehem, die Hoffnung, die mit diesem Jesus verbunden ist, die soll in jede Ecke der Wohnung hineinleuchten.
Hoffnung heimtragen.
Im Leben auf das Licht schauen.
Wir werden diese Welt mit dem Licht einer Kerze nicht ändern.
Aber wenn wir mit dem Licht der Hoffnung, des Glaubens und der Liebe uns verändern lassen, dann wird das auch etwas mit dieser Welt machen.
Amen