Predigt: Die kleinen Lichter am Weihnachtsbaum, und das große Licht, das kommen soll! (Jesaja 9, 1-6) 24. Dezember 1999, Heilig Abend

Liebe Gemeinde,

Heilig Abend – das ist ein ganz besonderer Abend. Anders, als andere Abende. Ein Abend, der voll ist mit Erinnerungen: Man denkt zurück, wie es war, das allererste Weihnachten, an das man sich erinnern kann. Das war faszinierend, geheimnisvoll. Und dabei der Weihnachtsbaum, mit Kerzen – aus Wachs oder mit Glühbirnchen -. Gefunkelt hat er. Sie haben als kleines Kind vielleicht daran hochgeblickt, an den Baum, der sonst ja nie in der Wohnung stand. Haben sie auch die Glaskugeln in Erinnerung: Glänzende mit kräftigen Farben: rot und grün. Oder matte Kugeln, mit einer fremdartig rauen Oberfläche. Und überall Kerzen und Lichter:
– Der Baum,
– beim Frühstück der Adventskranz,
– die Weihnachtspyramide, die mit vier Kerzen am Drehen gehalten wird,
– Ein Lichterbogen aus dem Erzgebirge im Fenster.
Lichter überall.

Sie sind älter geworden: Erinnern Sie sich an den Heiligen Abend als Schüler; als Jugendlicher? Als Sie ganz genau wussten, was sie sich gewünscht haben, aber das Traumgeschenk lag dann doch nicht unterm Weihnachtsbaum? Und doch war es das Fest der Lichter, die Feier mit Kerzen.

Durch die Jahre haben sie den Heiligen Abend immer wieder neu erlebt: Das erste Mal zusammen mit dem Freund oder der Freundin, das erste Christfest in der eigenen Wohnung als Ehepaar; das erste Mal, bei dem man das eigene Kind beschenkt. Alle Jahre wieder; alle Jahre anders, alle Jahre das Fest der Kerzen, der Lichter, des hellen Scheins.
Wir erinnern uns an Lichter, wir sind umgeben von Lichtern – aber bei Weihnachten geht es um ein ganz besonderes Licht. Jede Kerze, die wir an diesen Tagen entzünden, will uns hinweisen auf dieses besondere Licht, von dem Jesaja im 9. Kapitel schreibt:

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf daß seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, daß er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.

Soweit der Prophet Jesaja.
Das Volk sitzt im Finstern, und es wird hell. Am Horizont leuchtet es auf, wird immer strahlender. Ein Licht, das die Menschen jubeln läßt, sie glücklich macht. Das Licht verändert ihr Leben. Menschen, die unter der Last ihres Lebens leiden, die werden frei: Das Joch auf ihren Schultern ist weggenommen und zerbrochen. Sie können wieder aufrecht gehen. Und die Soldatenstiefel, die können verbrannt werden, die sind offenbar nicht mehr nötig. Frieden ist endlich da.
Große Hoffnungen setzt Jesaja auf dieses Licht. Es wird die Welt verändern, zum Guten wenden. Dass überall Licht im Leben ist, es keine dunklen Stellen mehr gäbe. Wenn es nur endlich da wäre, dieses Licht!!
Aber erst der Schein dieses Lichtes ist schon da: So wie die Sonne ihre Strahlen schon übers Land schickt, noch bevor sie aufgeht.
Und die Geburt dieses Kindes ist wie der Schein der aufgehenden Sonne. Mit diesem Jesuskind bricht die Zeit an, in der Gott diese Welt verändert. Mit feinen, zarten Strahlen fängt es an, in dieser Welt Licht zu werden.
Großes wird verheißen: uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf daß seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, daß er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.

Auch heute scheint dieses Licht über uns, aber es ist noch nicht ganz da. Es gibt weiterhin Dunkel in dieser Welt. Auch wir warten wie Jesaja darauf, dass dieses Licht vollends durchbricht. –
Wir warten – aber dennoch: Auch die zarten Strahlen dieses Lichtes können wir spüren, sie können unser Leben hell machen.

Wunder-Rat ist einer der Namen, mit denen Jesaja dieses Kind beschreibt. Jesus hat Wunder getan, hat uns gezeigt, dass Gott eingreifen will, das Dunkel unseres Lebens in Licht verwandeln will. Darum wurden Blinde sehend. Unser Gott handelt, er schaut uns nicht nur zu. Wir können ihn bitten, unser Leben zu verändern. Und vielleicht haben Sie es schon selbst erlebt, dass es in Ihrem Leben wunder-bare; wunder-same Wendungen gab.
Da ist dann das Licht der Weihnacht auf ihr Leben gefallen.

Gott-Held ist ein anderer Name für dieses Kind. Gott-Held? Maul-Helden, so nennt man Menschen, die ihr Leben nur durch große Worte bestreiten. Ein Gott-Held weiß sich mächtig, weil Gott auf seiner Seite steht. Darin können wir Jesus nachfolgen: Ich muss mich nicht auf meine eigene Kraft und Macht verlassen. Weil Gott auf meiner Seite ist, kann ich auch mit meinen Schwächen leben; brauche ich nicht perfekt sein. Ich bin in seiner Hand, und da kann ich mich geborgen fühlen. Manche Menschen bringen so etwas auch sichtbar zu Ausdruck: Indem sie sich bekreuzigen, stellen sie sich unter die schützende, und helfende Hand Gottes.
Weil die Strahlen des weihnachtlichen Lichts uns alle bescheinen, dürfen wir uns alle, in Gottes Hand fühlen.

Ewig-Vater, ein seltsamer Name für ein Kind. Aber: Dieser Jesus hat uns beigebracht „unser Vater“ zum heiligen Gott zu sagen; er hat uns zu Gottes Kindern erklärt. Gott, unser himmlischer Vater: Der uns liebt, wie Väter ihre Kinder lieben,
der ihnen den richtigen Weg fürs Leben mitgeben will,
der betrübt ist, wenn sie nichts von ihm wissen wollen,
der ihnen vergibt, wo sie Fehler gemacht haben.
Freuen wir uns, dass wir Gott als unseren Vater anreden dürfen – auch das ist einer der Strahlen des Lichts von Weihnachten.

Friede-Fürst: Mit dem Kind in der Krippe beginnt das Reich Gottes. Eine Welt, in der die Menschen einander nicht unterdrücken, wo kein Krieg sein wird, wo keine Ungerechtigkeit Menschen entzweien wird. Friede – Schalom – bedeutet auch Friede im eigenen Herzen; das Ende der Zerrissenheit in mir selbst.
Wo das Licht von Weihnachten auf mein Leben scheint, wird ein wenig von diesem Frieden Wirklichkeit – aber nur ein bisschen. Und ich werde daran erinnert, dass das große Licht, das die Dunkelheit vertreiben wird, erst in Anbrechen ist.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

Liebe Gemeinde: Es kommt noch heller, als es heute ist. Wir warten darauf, dass das Licht Gottes alle Dunkelheit vertreibt, unsere Welt wirklich hell macht.
Das ist unsere Hoffnung, darum zünden wir Kerzen an.

Unsere Tochter Johanna hat heute zum ersten mal in ihren Leben einen Weihnachtsbaum gesehen. Sie war überrascht, begeistert, der Mund stand ihr offen.
So könnte ich wohl auch dastehen, wenn der Tag kommt, an dem Gottes Herrlichkeit sich endgültig durchsetzt, wenn unsere Hoffnung Wirklichkeit wird: überrascht, begeistert, mit offenem Mund.

Amen

 

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