Taufpredigt zu: Lasset uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit (1. Johannes 3, 18).
Liebe Familie , liebe Gemeinde,
ich habe hier mal drei Klopfer mitgebracht.
Erstens: Der Teppichklopfer – ein wirklich nützliches Gerät. Man kann damit seinen Läufer oder Teppich vom gröbsten Schmutz befreien. Nur mit Muskelkraft, ganz ohne Chemie; und viel billiger als eine professionelle Teppichreinigung bei irgend einer Firma. Wie gesagt: superpraktisch.
Zweitens: Der Fleischklopfer. Der kommt in der Küche zum Einsatz . Das Schnitzel wird in die passende Dicke gebracht, es wird zarter … was soll sich sagen, schon beim Erzählen läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Offenbar auch ein wichtiges und beliebtes Gerät, dieser Fleisch-Klopfer.
So und nun der dritte Klopfer: Da habe ich nur ein Bild davon dabei. Moment (Pfr. holt einen Spiegel), jetzt, hier ist er, das dritte Exemplar. Tja, was für ein Klopfer, wird das wohl sein? …. Ja, es ist der Sprücheklopfer!
– Die Sprücheklopfer sind unter uns –
Ich weiß ja nicht, wen SIE gerade drin gesehen haben, als Sie drauf kamen, dass es der Sprücheklopfer sein muss. Hoffentlich haben Sie nicht sich selbst gesehen, denn wer will schon als Sprüchekopfer gelten. Niemand!
Im Gegensatz zum Teppich- und Fleischklopfer ist der Sprücheklopfer für überhaupt nichts zu gebrauchen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Denn der ist dafür bekannt, dass er nur große Sprüche macht, aber letztlich den Worten keine Taten folgen.
Wobei ….es ist ja nicht ausgeschlossen, dass wir tatsächlich immer wieder mal ein bisschen mehr Sprüche als Taten von uns geben. Schon der Apostel Johannes hat dieses menschliche Phänomen gekannt. Darum hat er seinen Freunden in einem Brief geschrieben:
Lasset uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit (1. Johannes 3, 18).
Eine klare Ansage: Liebe Glaubensgeschwister passt auf, das ihr nicht immer nur von Nächstenliebe, von Freundschaft und Hilfe redet, sondern dass das bei euch auch wirklich passiert. Liebe in Worten und mit Taten.
Lasset uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit. Der Taufspruch, den Sie sich als Eltern für Pia ausgesucht haben, ist einer, der ein menschliches Problem anspricht, und zugleich den Wunsch von vielen vielen Menschen ausspricht:
Dass unsere Liebe zueinander mehr ist, als nur ein Lippenbekenntnis; dass sie wahrhaftig ist, ehrlich, und dass sie auch konkret spürbar wird, indem wir entsprechend handeln.
Aber das ist nicht immer leicht. Und wenn ich jetzt was drüber sage, muss ich aufpassen, dass ich nicht selbst in die Rolle des Sprücheklopfers gerate, weil ich Ihnen von oben herab sage, wie es „richtig” geht, aber es eigentlich auch nicht besser hinbekomme.
Ich merks ja schon beim Nachrichtenschauen: Beim Blick auf die Katastrophenmeldungen aus den Überschwemmungsgebieten bin ich schnell erschrocken festzustellen, dass da schlimm ist, schimpfe über schlecht organisiertes Krisenmanagement . Aber der Schritt selber was zu tun, und sei es, eine Überweisung auf ein Spendenkonto auszufüllen, das fällt mir dann doch nicht so leicht; – Sprücheklopfen ist halt ein einfaches Geschäft.
Gottes Liebe als Vorbild
Lasset uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit. Wie sieht das mit dem „lieben” aus? Wenn mańs ernst meint, und man nicht nur bei unverbindlichen Sprüchen bleiben will? Schauen wir mal drauf, wie Gott es uns vormacht. Wenn er uns zur Liebe aufruft, muss er es uns ja auch mal vorgemacht haben. Und tatsächlich, da gibt es einiges zu entdecken.
Ich nehme dich an
Ein ganz wichtiger Aspekt der Liebe Gottes zu uns Menschen liegt ja darin, dass er sagt: „Ich nehme dich an, so, wie du bist”. Mit allen Stärken und Schwächen bist du mein Geschöpf, bist du mein Kind. Ich bin für dich da und ich werde dich nie verleugnen.
Zum Anderen stehen – grundsätzlich und ohne Vorbehalte – das ist ein ganz grundlegender Aspekt von Liebe. Ihre Tochter Pia ist auf diese Haltung der Eltern angewiesen. Dass da zwei sind, die mir sagen: Wir sind für dich da, wir haben dich lieb. Wir schenken dir unsere Liebe, du musst sie dir nicht verdienen, du musst nichts dafür tun. Wir sind für dich da, einfach weil du da bist.
So entsteht Vertrauen, das Gefühl, etwas wert zu sein, liebenswert, ganz ohne vorzeigbare Leistungen, ohne Erwartungsdruck, ohne Kinder-Bildungs-Stress, ohne PISA-Druck. Liebe, die ein Geschenk ist.
Vergeben
Eine weitere Form der Liebe Gottes, die er uns gegenüber immer wieder zeigt, ist seine Bereitschaft zu vergeben. Er nagelt uns Menschen nicht für alle Zeiten auf unsere Fehler hin fest. Er ist bereit, unsere Schuld zu vergeben, wenn wir ihn darum bitten – Jesu Tod und Auferstehung sind das sichtbare Zeichen dafür.
Wenn wir das zwischen uns Menschen umsetzen wollen, ist das manchmal ganz schön schwierig. Zu vergeben, wo man verletzt, gekränkt, betrogen oder verunglimpft worden ist. Das ist oft ein langer Weg, den man braucht, um miteinander ins Reine zu kommen.
Aber doch kommen wir nicht darum herum, diese Form der Liebe zu üben; nicht nur Sprüche zu machen, sondern auch tat-sächlich zu vergeben. Etwas nicht mehr nachzutragen. Da merkt man schon, dass die Forderung von Pias Taufspruch uns richtig viel abverlangt. Aber dennoch: Ohne gehts auch nicht.
Auch Ihre Pia wird Ihre Vergebungsbereitschaft brauchen. Je älter sie wird, umso herausfordernder wird das werden. Denn mit unserem Alter und unseren Möglichkeiten wachsen ja nicht nur unsere positiven Potentiale, sondern auch unsere Fähigkeit, Fehler zu machen, andere zu verletzen oder ihnen Unrecht zu tun. Die Liebe zu unseren Kindern und zu unseren Mitmenschen hat viel mit der Bereitschaft zu tun, ihnen zu vergeben. Einen Neuanfang miteinander möglich zu machen.
Nicht allein lassen
Vorbehaltlos den einen Menschen annehmen, bereit zu sein zu vergeben – das sind zwei Wege, auf denen Gott uns seine Liebe schenkt. Ich möchte aber einen wichtigen dritten Aspekt nicht verschweigen: Seine Liebe zeigt sich auch darin, dass er uns nicht alleine lässt. Er schickt uns nicht orientierungs- und hilflos auf unseren Lebensweg. Wir haben von ihm viele wichtige, hilfreiche Regeln und Gebote für unser Leben bekommen. Regeln, die uns helfen sollen, unser Leben gut zu bewältigen. Die uns helfen, zu erkennen was gut und lebensförderlich ist; und zu erkennen was schlecht und zerstörerisch für unser Leben sein kann – damit wir bestimmte Fehler vermeiden können, bevor wir uns oder anderen Schaden zufügen.
Sein „uns nicht alleine lassen” zeigt sich auch darin, wenn ich spüre: Er ist mir nah, ich kann zu ihm beten, kann ihm meine Wünsche, meine Sorgen, meine Freunde und meinen Ärger sagen. Ich merke oft: Es tut mir gut, ihn da als unsichtbares Gegenüber an meiner Seite zu haben.
Man muss kein pädagogisches Ausnahmetalent sein, um zu wissen: Auch gegenüber unseren Kindern sind Regeln und Grenzen ein wichtiger Ausdruck unserer Liebe und Fürsorge. Wir tun ihnen keinen Gefallen, wenn wir alles erlauben, alles kritiklos bejubeln, was sie tun. Denn dann würden wir sie alleinlassen mit ihrem Bedürfnis nach Orientierung, ihrer Sehnsucht nach den bregenzenden Wänden ihres Lebens. Denn wer keine Wände hat, hat auch kein Haus.
Einstehen für unsere Überzeugungen, was richtig und was falsch ist. Das ist genauso ein Ausdruck von Liebe, wie unsere Ansprechbarkeit, dass wir ein offenes Ohr haben und uns aufmerksam anhören, was unseren Kindern wichtig ist.
Liebe Familie , liebe Gemeinde,
lasset uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit. Es gibt unheimlich viele Facetten, in denen wir Gottes Liebe spüren und in genauso vielen Facetten können wir diese Liebe weitergeben. An unsere Kinder, aber auch an andere Menschen.
Klar: Für SIE ist es Pias Taufspruch, und das gibt für sie heute die Perspektive vor. Aber für uns alle ist dieser Satz ein Aufruf, Liebe gegenüber allen Menschen zu üben, die uns Gott über den Weg schickt.
Liebe üben durch unser aufrichtiges Handeln: Mit der Tat und mit der Wahrheit.
– Vom Annehmen des Anderen reden, das können Sprücheklopfer. Aber den nervenden Nachbarn anzunehmen, es auszuhalten, dass er eben seine Eigenheiten hat, das ist die Kunst.
– Vom Vergeben nur zu reden – oder dem andern wirklich die Hand zu reichen, um sich wieder zu vertragen, daran scheiden sich Schwätzer und Helden.
– Über Regeln reden, und „man müsste” sagen, das kann jeder. Aber sich an Gottes Geboten orientieren oder tatsächlich dem traurigen Freund besuchen und mit ihm ein paar Tränen weinen. Das, ja das gelingt denen die sich entschieden haben, nicht nur Sprüche zu klopfen.
Ich wünsche Ihnen, liebe Familie , liebe Patin, und uns allen, liebe Gemeinde, dass wir immer wieder den Schritt schaffen, unsere Liebe nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten und der Wahrheit auszudrücken.
Amen