1 Sam 2, 1-8a
Die Predigt stellt Hannas Lobgesang neben die Fragestellung, wie die Osterbotschaft zu einer Welt passt, die aus den Fugen gzu geraten scheint. Dabei spielt das Lied „Ich hör die Botschaft: Lesus lebt“ eine wichtige Rolle
Liebe Gemeinde,
„Frohe Ostern“, das wünscht man sich so gemeinhin. Und das passt ja auch, denn Ostern ist ja irgendwie das fröhlichste Kirchenfest im Jahr. Wir feiern die Auferstehung von Jesus am Ostermorgen.
Und auch wenn das schon bald 2000 Jahre her ist: Die Botschaft hören wir ja immer noch. Der Auferstandene Jesus hat dem Tod die Stirn geboten, ihm die Macht entrissen. Der Tod hat nicht mehr das allerletzte Wort, nur noch das vorletzte; denn danach zeigt Gott seine Macht und schenkt uns Zukunft nach unserer letzten Stunde.
Sich das bewusst zu machen; zu merken, dass das ja auch Auswirkungen auf mein Leben vor dem Tod hat – das ist schon toll. Da haben wir ja besten Grund, Ostern zu feiern – mit allem, was wir so zu bieten haben: Daheim ist die Wohnung österlich dekoriert, unsere Osterbrunnen sind wunderbar geschmückt, und im Gottesdienst geht es auf musikalisch hoch her. Mit Orgel und Posaunenchor … es läuft! …
Ostern in einer gefallenen Welt
Naja, vielleicht bis auf das komische Lied, das wir eben gesungen haben … wer hat denn das ausgesucht? Das ist ja eher schon ein Abtörner:
Ich hör die Botschaft: Jesus lebt!
Doch seh ich nur: Die Welt erbebt, weil Krankheit herrscht und Tod und Krieg. Wo find ich Jesu Ostersieg?*
Das ist ja fast schon ein Osterstimmungskiller – oder? Na gut … man muss ja zugeben: Das Lied hat ja auch irgendwie recht. Es legt halt Vers für Vers den Zustand der Welt, wie man sie auch erlebt, neben die Osterbotschaft „Jesus lebt“ und stellt fest: Ich tue mich manchmal schwer damit, das, was ich an Schlimmen erlebe, mit dem fröhlichen „Jesus lebt“ zusammen zu bekommen. Wenn ich da jetzt auch noch die aktuellen Krisen und Entwicklungen dazu nehme kann es schon sein, dass man fragt: „Wo soll das noch hinführen? So steuert diese Welt hin?“
Unsere Welt ist ein recht lädierter Planet, in jeder Hinsicht, aber wir können da halt auch nicht aussteigen. Wir haben nur diese eine Welt. Heute am Osterfest stuppst uns dieses Lied an und fragt, na, wie kriegt ihr das zusammen? Die Osterhoffnung und den Zustand dieser Welt?
Der Lobgesang der Hanna
Das wäre der Punkt, wo ich jetzt mal meine Bibel aufschlage und nach dem Bibeltext schaue, der heute offiziell dran ist. Der steht im Alten Testament, im Ersten Buch Samuel. Altes Testament? Also dann ist schon mal klar, dass Jesus da nicht ausdrücklich drin vor kommt. Mal sehen, wie das zu Ostern passt.
Es ist ein Lied, das Hanna gesungen hat. Eine Frau, die jahrelang darunter gelitten hat, kein Kind bekommen zu haben. Das war für sie zunächst eine große seelische Belastung, darüber hinaus auch ein Grund für soziale Ausgrenzung durch ihr Umfeld, da konnte auch die Liebe ihres Mannes nicht alles kompensieren. Ein Elend!
Und dann passiert es, als sie Gott mal wieder ihr Leid klagt, dass er ihr sagt: Du wirst bald einen Sohn bekommen, und später noch weitere Kinder. Für die verzweifelte Hanna ein Wunder, und als der kleine Samuel zur Welt gekommen und aus dem Gröbsten heraus ist, stimmt Hanna ein Loblied an:
Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Horn ist erhöht in dem HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils.
2 Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist. 3 Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden gehe nicht aus eurem Munde; denn der HERR ist ein Gott, der es merkt, und von ihm werden Taten gewogen.
4 Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke. 5 Die da satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hunger litten, hungert nicht mehr. Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin.
6 Der HERR tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf. 7 Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. 8 Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse.( 1. Samuel 2, 1-8a)
Liebe Gemeinde, da ist diese Frau, die Wunderbares erlebt hat. Endlich ist auch sie Mutter; alles ändert sich. Nun packt sie ihre neue Zuversicht und ihren nun verwandelten Blick auf die Welt in diese Worte. Und es entsteht ein Hymnus, in dem viel Kraft und beeindruckende Bilder zu entdecken sind.
Stärke und Schwäche
Der Wechsel von Stärke und Schwäche ist in Hannas Worten ein großes Thema.
Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke. Auch das großspurige Gerede der Mächtigen kommt an seine Grenzen. Hanna erkennt, wie schnell sich Machtverhältnisse verändern können. Plötzlich sitzen die einst Unterdrückten am Tisch der Macht. Und die, die vorher alles hatten, müssen für ihr Essen plötzlich hart arbeiten.
Hanna selbst hat unter Ungerechtigkeit gelitten, hat mitbekommen, wie auch religiöse Autoritäten ihre Stellung missbraucht haben. Und da keimt aus ihrer Erfahrung mit ihrem Leid, das Gott gewendet hat, die Hoffnung, dass auch alles Elend einmal ein Ende findet. Dass Recht wieder Recht ist, weil Gott nicht blind ist, sondern genau merkt, welches Spiel die Menschen da spielen.
Tod und Leben
Genauso schaut Hanna auf Leben und Tod: Der HERR tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf.
Auch bei diesem Thema ist Gott eben nicht nur Zuschauer. Er hat das menschliche Leben in der Hand. Er entscheidet, ob jemand lebt, geboren wird. Und er ist es auch, der sagt, wann das Leben zu Ende geht. Er führt ihn ins Totenreich. Das heißt: er ist da auch dabei, wenn es abwärts geht. Gott lässt diesen Menschen nicht los.
Viele Menschen der damaligen Zeit, auch die religiösen, sind davon ausgegangen, dass man mit dem Tod im Totenreich landet, und das war es dann. Die Toten stürzen hinab in die Grube und hatten mit Gott nichts mehr zu tun.
Hanna ist überzeugt: Dieser Gott mit seiner Fürsorge für die Menschen wird sie nicht in irgendein Totenreich verloren gehen lassen. Da muss es weitergehen, da geht er mit und hat noch etwas vor.
An dieser Stelle berührt sich Hannas Lied mit unserer Ostergeschichte. Denn mit Jesu Auferstehung war für alle damals zu sehen, dass Hannas Hoffnung Wirklichkeit ist: Dass Gott den, der stirbt, nicht verloren gibt, sondern er mit ihm seinen Weg weiter geht. Auch aus dem Totenreich wieder heraus in ein neues, anderes Leben. An Jesus wurde es sichtbar. Als erster derer die auferstehen.
Den Osterspuren folgen
Zurück in die Gegenwart: Wir feiern Ostern und haben eine Welt, die oft so gar nicht österlich erscheint. Umso wichtiger ist es, so denke ich, dass wir Ostern in uns tragen.
Dass wir ein bisschen von dieser Hanna lernen, die nicht aufgehört hat, ihrem Gott ihr Leid zu klagen und ihre Bitten zu sagen.
Von ihr können wir uns auch abschauen, wie man mit den Momenten umgeht, die mal gut laufen. Natürlich kann ich die als selbstverständlich abhaken und gut ist. Aber was wird werden, wenn ich solche Momente bewusst feiere? Als bunte Blüte in meinem Leben, die mir zeigt, dass Gott es gut mit mir meint?
Mit Hanna singen: Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, denn ich freue mich deines Heils; und es ist kein Fels, wie unser Gott.
Und daraus Mut für die Zukunft schöpfen.
Dass diese Welt nicht unaufhörlich schlimmer wird.
Dass ich mit meinen bescheidenen Kräften diese Welt ein kleines bisschen verändern kann. Reich Gottes bauen mit meinem Glaube, meiner Liebe und meiner Hoffnung.
Und dass ich keine Angst haben muss, weil Gott nicht nur zuschaut. Sondern er dabei ist. Weil er die Spielchen der Mächtigen durchschaut. Weil er uns bei der Hand hält und nicht loslässt. Im Leben und im Tod.
Amen
Hinweis:
Das oben angesprochene Lied ist in der bayerischen Ausgabe des Evangelischen Gesangbuchs die Nr 558 „Ich hör die Botschaft: Jesus lebt“ von Friedrich Hofmann (1985), auf die Melodie vonErschienen ist der herrlich Tag.