Predigt zum Konfirmationsjubiläum: Psalm 103 – Auf das Gute blicken und Geborgenheit erleben (28. April 2024)

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Psalm 103

Die Predigt blickt auf die Bilder unserer Erinnerungen. Wir fragen nach inneren Zusammenhängen unseres Lebenswegs und freuen uns über einen fürsorglichen himmlischen Vater, bei dem man auch in Krisen Geborgenheit finden kann.

Liebe Jubilare,
wenn jemand sagt, „Mensch, jetzt ist deine Konfirmation schon 25, 50 oder 70 Jahre her“, dann löst das bei vielen ein inneres Blättern im Fotoalbum der eigenen Erinnerungen aus. Die liegen ja oft so wie Schnappschüsse in unseren Köpfen bereit.

Bilder der Erinnerung
Ach ja, die Konfirmation damals …vielleicht sieht man sich wie im Spiegel, im schicken, aber etwas unbequemen Festgewand. Oder Erinnerungen an den Gottesdienst damals, die Stimmung und innere Aufregung: Alles dreht sich heute um mich! Einzelne Geschenke sind in Erinnerung: Über die einen hat man sich super gefreut – und es gab auch solche, die noch 20 Jahre später überflüssig im Schrank vergammelt sind.
Es gibt Schulerinnerungen, der erste Kuss, vielleicht eine Hochzeit und andere familiäre Höhepunkte. Ein besonderer Urlaub. In solchen inneren Bildern kann man wunderbar schwelgen. Und manchmal ist es schade, wenn man feststellt, dass so vieles Schöne in Vergessenheit geraten ist, dass man es nur mühsam wieder ins Bewusstsein hochholen kann. Manchmal muss man länger in der Erinnerung graben, um das wieder präsent zu haben.

Aber auch schlimme Momente unseres Lebens gehören zu diesem inneren Fotoalbum. Böse Nachrichten, die einem den Boden unter Füßen weggezogen haben. Erinnerungen daran, dass einem böse mitgespielt worden ist; dass einem Unrecht widerfahren ist und man in dieser Sache nie zu seinem Recht gekommen ist. Erleben von Unfällen , Krankheiten. Verlust eines Menschen, der einem wichtig war.
Auch da liegt manches obenauf, lässt einen nie wirklich los. Aber so manche schwere Zeit ist auch in meinem Inneren tief vergraben, dass man zwar weiß, wie schlimm es war, aber irgendetwas in mir sorgt dafür, dass die Details nicht bei jeder Gelegenheit aufploppen.

Zusammenhänge schaffen Erfahrung

Liebe Jubilare, diese Bilder liegen nicht zusammenhangslos und wirr in unserer Erinnerung herum. Wir haben viele von ihnen schon einmal sortiert.
So gelingt es vielleicht, die inneren Bilder der eigenen Partnerschaft als Liebesgeschichte zusammenzuschauen. Wie das alles sich entwickelt hat, wie man Krisen gemeistert, und vielleicht trotz mancher Probleme zusammengehalten hat. Wie man Familie geworden ist – vielleicht inzwischen schon an Enkeln oder Urenkeln Freude hat.

Wer diese Erinnerungen so zusammenlegt, tut dies oft auch mit dem Bewusstsein, dass vieles einen Grund hat: Damals, da musste ich eine Entscheidung treffen, und darum ist es so in meinem Leben weitergegangen. Hätte ich mich anders entschieden, wäre mein Leben heute ein anderes. Aber „wie“ es wirklich geworden wäre? Das bleibt ein Geheimnis, denn dieses Leben wurde ja nicht gelebt – und niemand weiß, was da dann noch so alles passiert wäre.

Oft fragen wir nach Ursache und Wirkung. Warum ist das so oder so gekommen? Wobei wir diese Frage häufiger bei schlimmen Erfahrungen stellen. Warum ist das Unglück passiert – soll das eine Strafe für irgendetwas sein – oder ist es die logische Konsequenz von einem tragischen Fehlverhalten? Solche Fragen können uns Menschen mächtig zu schaffen machen.

Umgekehrt fragen wir eher selten: Warum geht es mir eigentlich so gut? Wie habe ich es verdient hier in diesem Landstrich geboren zu werden, und nicht in einer anderen Region dieses Planeten, wo man täglich ums nackte Überleben kämpft? Das Gute nehmen wir da oft als eher selbstverständlich hin.

Wohin lenkst du deinen Blick?

Liebe Jubel-Konfirmanden, als einige von Ihnen zur Vorbereitung des heutiges Festes zusammengekommen sind, haben wir darüber gesprochen, wie wichtig es ist, mit seinem Blick aufs Vergangene klug umzugehen: Einige Sätze sind mir noch in Erinnerung:

„Es ist wichtig, dass man sich nicht von dem Schweren im Leben runterziehen lässt“
„Wir müssen das Gute im Leben schätzen lernen.“
„Es ist gar nicht so einfach, wenn man nachts wach liegt und sich das Gedankenkarussell einfach immer weiterdreht, und man sich Sorgen macht. Und da gibt es keinen Schalter, um das abzustellen.“

Das waren unsere Themen.

Psalm 103 als Gedankenkarussell

Wir haben vorhin den 103. Psalm gehört. Irgendwie haben die Verse dieses Psalmes auch etwas von einem Gedankenkarussell. Vielleicht lag König David, dem der Psalm zugeschrieben wird, ja auch länger wach, und hat dann seine Gedanken zu Papier gebracht? Der Psalm als positives Gedankenkarussell gegen mein inneres, oft niederdrückendes Gedankenkarussell.

Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat (…) Der HERR schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden. 

Diese Worte zeigen eine Perspektive, die von Dankbarkeit geprägt ist. Von Vertrauen darauf, dass Gott es gut mit einem meint. Der Psalm ermuntert mich dazu, an die guten Erfahrungen im Leben zurückzudenken. Sich nicht immer an die dunklen Erinnerungen hängen. Denn die ziehen einen nach unten.

Erinnern an das Gute

Komischerweise sind die dunklen Erinnerungen halt oft lauter und präsenter als die hellen fröhlichen. Wir können da halt oft nicht aus unserer Haut – umso wichtiger ist der Aufruf, an das Gute zu denken, und das zum Ausgangspunkt meines Grübens zu machen: Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.

Wir wissen: Die Themen, mit denen wir uns laufend umgeben, prägen uns und unsere Wahnehmung. Selbst der fröhlichste Mensch kommt an seine Grenzen, wenn er sich ständig an eigene frustrierenden Erlebnise erinnert und schlechte Nachrichten hört. So eine Abwärtsspirale braucht kein Mensch.
Das Gute im Leben bedenken und sich das immer wieder bewusst machen – dafür seinem Gott zu danken. Das entfaltet eine Wirkung auf uns selbst.

Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel sein Tun. Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.
Nicht ohne Grund taucht in diesem Psalm die Mose-Geschichte auf: Diese lange Erzählung vom Auszug aus Ägypten. Das war ja keine Urlaubsreise, sondern eine harte Wanderung, die das Volk Israel oft an die Grenzen der Verzweiflung gebracht hat. Wie oft hatten sie den Mut verloren, ihrem Gott Vorwürfe gemacht, sich wieder in die alten, angeblich besseren, Zeiten zurückgewünscht. Ein harter Weg, bei denen sie alle Federn gelassen hatten. Aber letztlich haben sie ihr Ziel erreicht.

In dieser Geschichte merkt man: Das alles ist kein Ruhmesblatt für das Volk Israel gewesen. Und auch an Gottes Adresse könnte man die Frage stellen, warum er ihnen manches nicht erspart hat. Aber: Nach all dem Zweifeln und Verzweifeln, hoffen und Enttäuschung erfahren, es ist gut ausgegangen. Darum erinnert der Psalm an diese Geschichte. Als wärs geschrieben für Menschen, die mit Fragen umgehen müssen, auf die sie keine Antwort bekommen.

Der Barmherzige und Vergebende

Einige Zeilen aus dem Psalm möchte ich Ihnen noch vorlesen:

Er wird nicht für immer hadern noch ewig zornig bleiben. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Missetat. Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.

Eigentlich steht da nichts, was wir nicht schon seit unserer Konfirmandenzeit wüssten: Die Bereitschaft Gottes, uns zu vergeben.
Hier ist es halt auch schön beschrieben: „Er wird nicht für immer hadern“ … da steckt natürlich auch drin, dass er dann doch mit uns, unserem Leben und unseren Entscheidungen hadert. Phasen, wo er nur den Kopf über mich schüttelt und sagt: „Mensch, warum wirst du denn nicht vernünftiger … besonnener … liebevoller?“  Ja wir Menschenkinder sind für ihn wohl eine dauernde Zumutung.

Aber – so lese ich hier– er ist keiner der uns das spüren lassen will. Er vergilt uns nicht nach unserer Missetat. Achtung! Das ist ein wichtiger Gedanke für uns Menschen, die wir oft nach dem „Warum“ fragen.

Wenn wir versuchen, einen Zusammenhang von eigener Schuld und Schicksalsschlägen zu konstruieren, macht Gott nicht mit! Der, der sich wie ein Vater über seine Kinder erbarmt, wird sie nicht mit der Schärfe eines Strafrichters verfolgen.

Und umgekehrt: Wer anderen erzählen will, dass jemanden etwas als gerechte Strafe Gottes für sein falsches Handeln widerfahren ist – der soll sich mal schämen und in die Ecke stellen. Denn er hat nicht verstanden, dass Gott da ganz anders ist.
Wer sich freut, dass Gott ihm vergibt, der kann nicht erwarten, dass Gott bei Anderen so selbstgerecht urteilt und handelt, wie wir das vielleicht gerne tun würden.

Vertrauen in den Gott, der mein himmlicher Vater ist

Ich komme zum Schluss:

Als Christen haben wir einen Gott, den wir als Vater anreden dürfen. Das hat Jesus uns beigebracht. Ein Vater, der mir manchmal sehr nahe ist. Mit dem ich abends im Bett ganz vertraut sprechen kann. Alle kleinen und großen Sorgen ausschütten.
Da ist dann auch der Platz für meine Fragen und Klagen. Wo ich den Lauf dieser Welt nicht verstehe, nach dem Sinn von vielem frage. Er hört es sich an – vielleicht schmunzelt darüber: „Ach du Mensch, wenn du wüsstest, wie meine guten Pläne aussehen…“  Aber ich habe es ihm gesagt und das hat mir gut getan.

Und als Kind Gottes darf ich auch mal kuscheln. Mich in den Gedanken einwickeln, dass er es gut werden lässt mit meinem Leben und dem Leben meiner Lieben. Wenn ich mich ihm da anvertraue, fühlt es sich manchmal an, wie eine wärmende Decke. Egal, wie verrückt diese Welt um uns herum gerade ist. Unter dieser Decke des kindlichen Vertrauens kann ich mich bergen. Und auch Kraft schöpfen, um auch immer wieder selbst auf beiden Beinen in dieser Welt zu bestehen.

Mit der Kraft, die ich habe, weiterzugehen und mein Leben zu gestalten.
Entscheidungen zu treffen und auch Fehler zu machen.
Neue Bilder für das Album meiner Lebenserinnerungen zu schaffen.

Liebe Jubilare,
für dieses Weitergehen auf dem Weg an Gottes Hand, wollen wir für Sie heute den Segen Gottes erbitten.

Amen

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