Predigt: Unerschrocken aufs Ende zugehen (Matthäus 24, 1-14) Predigt zur Installation,4. Dezember 2004

Unser Predigttext für den heutigen Sonntag steht bei Matthäus im 24 Kapitel:

Und Jesus ging aus dem Tempel fort, und seine Jünger traten zu ihm und zeigten ihm die Gebäude des Tempels.
2 Er aber sprach zu ihnen: Seht ihr nicht das alles? Wahrlich, ich sage euch:  Es wird hier nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde.
Und als er auf dem Ölberg saß, traten seine Jünger zu ihm und sprachen, als sie allein waren: Sage uns, wann wird das geschehen? Und was wird das Zeichen sein für dein Kommen und für das Ende der Welt?
4 Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht zu, daß euch nicht jemand verführe.
5 Denn es werden viele  kommen unter meinem Namen und sagen:  Ich bin der Christus, und sie werden viele verführen.

6 Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei; seht zu und erschreckt nicht. Denn das muß so geschehen; aber es ist noch nicht das Ende da.
7 Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort.
8 Das alles aber ist der Anfang der Wehen.
9  Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und euch töten. Und ihr werdet gehaßt werden um meines Namens willen von allen Völkern.
10 Dann werden viele abfallen und werden sich untereinander verraten und werden sich untereinander hassen.
11 Und es werden sich viele  falsche Propheten erheben und werden viele verführen.
12 Und weil die Ungerechtigkeit überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.
13 Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden.
14 Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für  alle Völker, und dann wird das Ende kommen.

Liebe Gemeinde,

unsere Bibel ist ja wirklich immer wieder für eine Überraschung gut:
Da haben wir 2. Advent, wir machen es uns schön kuschelig, feiern eine festliche Installation … und dann sowas: Ein Bibeltext zum Weltuntergang.

Mt 24 liegt quer zum Adventsgefühl

Vom Gefühl her passt er da ja gar nicht.
Das kann ja einem richtig Angst machen: Da ist die Rede von Kriegen und Erdbeben. Davon, dass Christen gehasst und umgebracht werden. Und das alles soll wirklich so passieren. Wenn ich das höre, mache ich mir Sorgen, und die Plätzchen schmecken mir nicht mehr so recht.

Auf der anderen Seite ist diese Rede von Jesus auch befremdlich: Das, was da zu hören ist wirkt so fern und so düster … unangenehm schwarzmalerisch. Da überlege ich es mir, ob ich diese Worte wirklich ernst nehmen will. Ich kanns ja auch innerlich einfach zu den Akten legen, als unverständliches nebulöses Weltuntergangsorakel. – Dann hätte ich es wieder vom Hals.

Endzeit-Realitäten

Aber so einfach sollte ich es mir nicht machen. Wahrscheinlich spiegeln sich in diesen Worten, wie sie Matthäus uns überliefert, schon die ersten Erfahrungen von Christenverfolgungen wieder.  Als der Evangelist diese Worte aufschreibt, waren die Christenverfolgungen unter Kaiser Nero schon am Laufen! Die Liste der Märtyrer wurde von Tag zu Tang länger.
Für mache Gläubige damals waren diese Worte aus der Bibel aktueller als die Zeitung heute.

Apropos Zeitung: Sie ist es, die uns tagtäglich auf dem Laufenden hält. Sie berichtet nicht nur über die neue Küche in der Bomhardschule oder den Gesundheitskompromiss der Union.
Und wenn ich sie aufschlage, kommen mir in den Schlagzeilen auch mache von Jesu Ankündigungen buchstäblich entgegen: „ Es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort.“
Ja, auch in unserer Gegenwart lässt sich vieles finden, was Jesu Ankündigung entspricht. – Aber was hat das zu bedeuten?

Beispiel: Rapture-Index

Es gibt Christen, die haben alles, was Jesus über seine Wiederkunft am Ende der Zeiten gesagt hat, in eine mathematische Formel gefasst. Und so berechnen sie alle 14 Tage aus 45 verschiedenen Faktoren, wie nah das Ende ist.
Die Heuschreckenplage in Afrika, der Tod von Arafat, die neue Aktivität des Vulkas St. Helena und ein Bombenanschlag auf Christen im Irak – das alles wird da mit hineinberechnet.
Heraus kommt eine Zahl – der sogenannte „Rapture-Index“. Je höher die Zahl, umso näher ist die Wiederkunft des Herrn. Aktuell steht der Index auf 155 – eine beachtlich hohe Zahl! Ab 145, so sagen diese Christen, solle man wachsam sein. Aber er stand schon einmal höher: Im September 2001 kletterte der Index wahrscheinlich aufgrund der Terroranschläge auf 182 – das war die bisherige Höchstnotierung. Im Dezember 1993 hatte er dagegen sein absolutes Tief – er stand bei 57.
Es ist spannend, das alles mal im Internet anzuschauen (www. raptureready.com). Das ist wie an der Börse, wo der Dax und Dow Jones je nach Wirtschaftslage ihre Ausschläge aufweisen.

Aber letztlich ist es kaum mehr als eine Spielerei. Denn eigentlich hilft mir das nicht weiter – wenn ich mir vorstelle, dass das Ende der Welt jetzt wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher ist.
Da wird – so sehe ich das – die falsche Frage gestellt!

Mt 24 als Zustandbeschreibung

Versuchen wir es einmal anders:
Betrachten wir diese ganzen Ankündigungen von Krieg, Verfolgung und Naturkatastrophen als Zustandsbeschreibung der Welt zwischen Auferstehung und dem jüngsten Gericht. – Ganz nüchtern, als Information Jesu an uns über die Welt, wie sie eben sein wird.

Was höre ich dann als Jünger? Jesus sagt:
Es wird auch in Zukunft Naturkatastrophen geben; obwohl ich damals auf dem See Genezareth den Sturm gestillt habe.
Auch in Zukunft wird ein Königreich, ein Staat, gegen den andern Krieg führen; obwohl ich euch das kommende Reich Gottes angekündigt habe.
Christen werden mit ihrem Glauben schwere Zeiten und Krisen erleben, mache werden ihren Glauben verlieren; obwohl ich euch den Heiligen Geist verheißen habe.
Gebt euch nicht der Illusion hin, dass ich euch in eine heile Welt entlasse. Es steht euch eine Zeit bevor, die noch voller Schwierigkeiten steckt. Es wird nicht zum Spaziergang, nur weil ihr meine Jünger seid.

Liebe Gemeinde

Es ist wie beim Fußball:
Der Gegner, das Böse in der Welt, ist uneinholbar besiegt, er hat keine Chance, das Blatt noch einmal zu wenden. Aber das Spiel ist noch nicht aus. Und solange wird er auch weiterhin mitspielen wollen; und böse Fouls begehen.
Wir warten alle auf den Abpfiff.  – Aber damit lässt sich Gott ziemlich viel Zeit.
Und so lange sollte man auf jede Gemeinheit des Gegners gefasst sein. Der Gegenspieler Gottes ist kein guter Verlierer.

Die falschen Christusse

Ein Beispiel möchte ich da herausgreifen: Jesus warnt in unserem Predigttext gleich zwei Mal vor falschen Propheten und falschen Christussen.
Das klingt viel harmloser als ein Erdbeben. Es passiert auch viel stiller und unauffälliger. Aber manchmal ist es genauso gefährlich, weil man wie nach einem Erdbeben nicht mehr weiß, wo oben oder unten ist.
Wenn da ein anderer kommt, der verspricht:
„Ich bringe deine Welt in Ordnung. Vertraue dich mir an. Ich mache dich neu, du wirst ein neuer glücklicher Mensch.“
Und wer ja sagt, landet möglicherweise in einer obskuren Sekte. Oder er findet sich in der Pro7-Fernseh-Show „The Swan“ wieder, wo unbedarfte und unzufriedene junge Frauen ein Vierteljahr lang an Nase, Busen und Po operiert werden; psychotherapeutisch traktiert und physiotherapeutisch massiert werden, damit sie als wunderschöner Schwan in Zukunft auf unseren Straßen ihre eleganten Kreise ziehen.

Falsche Christusse – ihre Heils-Botschaften klingen oft viel süßer und eingängiger als die des Originals aus Nazareth.
Der hätte der jungen Frau vieleicht gesagt: „Ja, du hast eine krumme Nase und einen dicken Bauch. Gott hat dich so gemacht, mit viel Liebe hat er dich geschaffen. Und er hat viel Liebe in dein Herz gegeben, damit du die Menschen nicht durch deine Schönheit, sondern durch deine Nächstenliebe gewinnst.“

Der Pfarrer als rechter oder falscher Prophet

Heilsversprechen bekommen wir heute an fast jeder Ecke. Und auch für uns Christen ist es nicht immer leicht zu durchschauen, was hinter dem, was uns so angeboten wird, steckt.
Die falschen Propheten, vor denen Jesus seine Jünger warnt, sind ja nicht so einfach zu erkennen. – Ja ich selber muss als Pfarrer aufpassen, dass ich nicht ins Schlingern gerate!
Ist alles, was ich lese und predige dem Evangelium gemäß?
Oder gehe ich gerade einer thelogischen Mode oder dem Zeitgeist auf dem Leim?
Erliege ich der Versuchung, als Pfarrherr der schöne Schwan im Dorfweiher zu sein; beliebt, aber ohne geistliches Rückgrat?
Oder lasse ich mir von Jesus sagen. „Ja du nuschelst auf der Kanzel, du bist manchmal so direkt und unverfroren, dass du bei Menschen aneckst. Aber so hat Gott dich gemacht, mit viel Liebe für dich und deine Gemeinde. Damit du nicht durch schöne Floskeln, sondern durch wahrhaftiges Reden die Gemeinde für die Ewigkeit gewinnst“.

Ausblick

Liebe Gemeinde in Gollhofen,
es ist eine Herausforderung, als Christ seinen Weg in dieser schwierigen Zeit zu gehen. Egal wie hoch der berechnete Aktienkurs der Wiederkunft Jesu steigt oder fällt. Es ist nicht einfach, am Glauben unbeirrt festzuhalten.
Als ihr Pfarrer will ich mit ihnen gemeinsam diesen Weg gehen.
Und hoffe, dass wir uns gegenseitig helfen können, wo der Weg steinig und gefahrvoll ist. Indem wir uns einander Mut machen und uns auch erlauben , einander zu korigieren.
Das Ziel, das kennen wir ja:
Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden.
Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für  alle Völker, und dann wird das Ende kommen.

Amen

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Ein Kommentar

  1. Sehr gute Predigt zu einem nicht leichten Thema („Die Endzeitrede Jesu und dessen Wiederkunft!”)
    Besonders gefallen hat mir die folgende Passage: „Der Gegner, das Böse in der Welt, ist uneinholbar besiegt, er hat keine Chance, das Blatt noch einmal zu wenden. Aber das Spiel ist noch nicht aus. Und solange wird er auch weiterhin mitspielen wollen; und böse Fouls begehen.
    Wir warten alle auf den Abpfiff. – Aber damit lässt sich Gott ziemlich viel Zeit.
    Und so lange sollte man auf jede Gemeinheit des Gegners gefasst sein. Der Gegenspieler Gottes ist kein guter Verlierer.” ! Danke!

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