Erarbeitet von den Pfarrern des westlichen Dekanats Uffenheim (Jürgen Blum, Helmut Spaeth, Alexander Seidel)
Vorspiel: Schauspiel um zwei Frauen am Brunnen
Zwei Frauen treten auf; beide tragen gefüllte Wasserkanister;
A: Ach hallo, du bist auch da. Mensch wir haben uns lange nicht mehr gesehen!
Jetzt im Winter kommen wir gar nicht zusammen.
Mensch. Da muss erst so etwas passieren, dass wir uns sehen.
B: Ja auch Hallo. Und holst Du dir auch das nötigste Wasser?
A: Ich hoffe ja, dass mein Mann später mit dem Traktor und dem Wassertank in Uffni noch mehr holen kann. Mit dem bisschen was ich mir da abgeholt habe, kann ich lediglich mein Mittagessen kochen und abspülen. Nein. Das ist zu wenig für uns. Wir brauchen schon noch einiges. Außerdem weiß ja keiner, wie lange die Reparatur dauern wird. Da ist es gut etwas mehr Wasser zu haben.
B: Und wie machen das die, die keinen Traktor haben?
A: Na da wird es hier nicht viele geben. Außerdem müssen wir dann halt zusammen helfen. Die Erna hat mich vorhin schon gefragt, ob mein Mann später auch für sie Wasser holt. Ich denke, das ist kein Problem.
B: Naja. Für uns. Aber dem Hassler, dem wird keiner helfen, hast du dem sein Vieh schon mal gesehen? Das wird jetzt durstig sein. Sie tun mir ganz leid, die Viecher. Kümmert sich um gar nix. Und dann, dann schreit auch noch so rum, wenn man mal kommt. Also ich gehe da nicht hin. Ich will gar nicht wissen, wie der mit der Wasserabstellung zu Recht kommt.
A: Jaja, der Fritz ist schon ein besonderer Held.
B: Das kannste sagen, aber so ist er. Na ja, seine Frau hat`s ja auch nicht
ausgehalten. Die ist jetzt gegangen.
A: Was? Die Edith ist weg?
B: Klar, gestern. War ein ganz schöner Streit! Hoffentlich besinnt sie sich. Und kommt nicht mehr wieder.
A: Wieso, den Hof einfach zurück lassen?
B: Na, der gehört ihr doch. Der Fritz wird gehen. Sie hat den Hof geerbt.
Er ist gekommen und hat nicht viel mitgebracht. Und wenn sie´s richtig gemacht hat, dann gehört ihr alles.
A: Aber ich bitte dich, lieber einen schlechten Bauern, als gar keinen.
B: Pah! Das glaub ich net!
Aber pass mal auf, wenn der Wasser braucht, dann geben wir dem nix. Ihr schon. Ihm nicht.
Beide wechseln die Wasserbehälter
A: Du, weißt du eigentlich was von der Petra?
B: Letzte Woche hab ich sie gesehen. Ne, was soll mit ihr sein?
A: Sie hat doch einen Unfall gehabt. Vorgestern. War schlimm. Man sagt, sie ist nach Würzburg gefahren, und hat sie auf der Autobahn einer von hinten bedrängt.
Sie liegt in der Uniklinik. Muss schlimm sein.
B: ne, hab ich noch gar nichts erfahren. Das ist aber schlimm. War so ein nettes Mädchen. Und gerade jetzt. Wo sie eine Lehrstelle hat. Allmächt. Schlimm. Und
für die Eltern erst. Ernst und Gerhild. Oh. Gott.
A: Ja. Da fragst dich schon manchmal, ob des wirklich gerecht zugeht auf dieser Welt!
B: JA. Schweigen.
A: Ich gehe nicht gern ins Krankenhaus.
B: Ja. Das geht mir genauso. Allein der Geruch, die weißen Wände, die Atmosphäre. Na ja, aber das gehört dazu. Schweigen.
A: Mit der Petra wird´s schon gut gehen. Oder? Und in Würzburg ist sie gut aufgehoben.
B: Hoffentlich.
A: Na, wenn der da oben mitspielt.
B: Tja.
Schweigen
A: Ach weißt. Ich glaub ich muss jetzt heim. Mein Mann kommt zum Mittag. Da muss ich schnell noch was kochen!
B: Ja. Hast Recht. Und wegen der Petra rufe ich gleich bei ihren Eltern an.
Schlimme Sache. Schlimm.
Überleitung:
Gespräche an Wasserstellen fanden früher wohl noch häufiger statt als heute.
Heute haben wir unser Wasser in allen Häusern. Es ist immer verfügbar.
In anderen Staaten der Welt, zum Beispiel in Afrika oder Südamerika gehen die Menschen nach wie vor an Brunnen, um sich das nötige Wasser zu holen.
Oft entstehen dort Gespräche. Dabei wird bestimmt auch Klatsch und Tratsch ausgetauscht. Die neuesten Nachrichten aus dem Dorf wechseln von Mund zu Ohr. Ob es dabei auch lustig zugeht?
Manchmal nehmen solche Gespräche allerdings seltsame Wendungen. Das gemeinsame Dastehen eröffnet einen Raum für Tiefe. Die Nachrichten wecken Erschrecken. Aus einem oberflächlichen Tratsch entwickelt sich überraschend ein ernstes Gespräch.
Vielleicht wie bei unseren beiden Frauen, die jetzt, da es kein Wasser in den Häusern gab, am Wasserlaster zusammen standen.
Sie arbeiteten und fanden doch Zeit, einen kleinen Plausch zu halten. Aber ihr Gespräch wurde ernst. Aus der Gelegenheit wurde Hilflosigkeit. Fragen wurden aufgeworfen, die unser Leben betreffen. Plötzlich wurde es bedrückend.
Dass der Brunnen, oder die Wasserstelle, oder heute vielleicht der LKW mit Wasser immer besondere Treffpunkte waren und wohl noch sind, das kann ich auch aus Geschichten der Bibel erfahren.
Sie berichten aus ganz alten Tagen, und doch finde ich immer wieder etwas, was heute noch genauso aktuell und wichtig ist.
Da war zu Beispiel einmal die Geschichte mit einer Frau, die Jesus am Brunnen begegnet.
Leseszene mit Erzähler (E), Jesus (J) und der Frau am Brunnen (F)
E Ich lese aus dem Johannesevangelim, aus dem 4 Kapitel:
Da kam Jesus in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. 6 Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es war um die sechste Stunde. 7 Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken! 8 Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen.
F (zu sich selbst) Das passiert mir auch nicht alle Tage: Da spricht mich ein fremder Mann am Brunnen an … einfach so. Und der ist auch noch ein Jude! Dass der sich nicht zu schade ist, mit uns Menschen aus Samaria zu reden? Die sind doch sonst immer so hochmütig, un wollen nicht mit uns zu tun haben.
(Zu Jesus) „Junger Mann! siehst du nicht: Ich bin aus Samaria, Ihr aus Galiläa wollt dich sinst mit uns nichts zu tun haben; wie kommts, dass du hier am Brunnen etwas von mir willst … noch dazu, wo wir beide … ganz alleine sind?“
J Du glaubst, ich will etwas von dir, nicht wahr? Einen Krug Wasser, aber vielleicht auch noch etwas anderes? – Gute Frau, da bist du auf der falschen Spur! Wahrscheinlich hast du oft erlebt, das andere etwas von dir wollen; aber sie dir oft nicht geben können was du so nötig brauchst.
Jetzt steht einer vor dir, der dir etwas geben kann. So viel, dass der Krug in deinen Händen nicht ausreicht.
E Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.
F Ja, was willst du schöpfen? Ohne Krug? Kann das sein, dass du den Mund zu voll nimmst? Ich kenne die Männer – sie versprechen oft mehr, als sie halten können.
(zu sich selbst) Ja, das ist das ist wohl das Problem. Mir fehlt einer, der mir eine Quelle sein kann. Einer, bei dem ich verlässlich das schöpfen kann, was ich brauche. Ohne Not, ohne betteln zu müssen. Einer, der wie eine Quelle sprudelt, mich versorgt mit Liebe, mit Freude, Kraft und Mut zum Leben. Ich bin es leid, immer wieder Liebe zu suchen und von meinen Freuden doch nur enttäuscht zu werden.
(zu Jesus:) Wenn es wirklich so ist, wie du sagst, dann gib mir von diesem lebendigen Wasser aus der unerschöpflichen Quelle. Ich bin es leid, immer wieder Wasser zu holen und neu durstig zu werden, weil es keiner vermag, meinen Lebensdurst zu stillen!
E Jesus spricht zu ihr: Geh hin, ruf deinen Mann und komm wieder her! Die Frau antwortete und sprach zu ihm: Ich habe keinen Mann. Jesus spricht zu ihr: Du hast recht geantwortet: Ich habe keinen Mann. Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann; das hast du recht gesagt.
F Meister, du weißt Dinge, die dir keiner gesagt hat. Du sprichst aus, was andere lieber für sich behalten. So etwas gelingt nur denen, die Gott mit der Gabe des Prophetie gesegnet hat. Ich gestehe: Das beeindruckt mich!
(zu sich selbst) Aber warum sagt er mir das? Wir sprechen von Wasser und Durst, von Quellen und Brunnen. Was hat das mit meinen Beziehungen mit Männern zu tun? Ich weiß doch selbst, dass meine Männergeschichten bisher immer gescheitert sind. Warum rührt dieser fremde Prophet ungefragt an dieser Wunde?
J Frau, an diesem Brunnen hier holen die Menschen seit Jahrhunderten ihr Wasser. Wasser, mit dem sie ihren Körper erfrischen, ihm geben, was er zum Leben braucht.
Ebenso sind sie alle auf der Suche nach dem Brunnen, der ihre Seele erfrischt. Sie suchen nach einer Quelle, aus der sie ihren Lebensdurst stillen können.
Du glaubst, so eine Quelle gefunden zu haben; in dem Mann, der bei dir lebt. Aber wenn du die Leben betrachtest merkst du: Fünf solcher Brunnen hast du schon ausgeschöpft – aber deinen Lebensdurst haben sie alle nicht auf Dauer stillen können.
F Meister, willst du mir sagen, dass es für eine Frau falsch ist, einen Mann zu lieben. Und dass ein Mann den falschen Weg beschreitet, wenn er mit einer Frau glücklich werden will?
J Die Liebe zwischen den Menschen ist ein Geschenk Gottes. Sie ist die Quelle für Freude und zum Glücklichsein, für Leidenschaft und Geborgenheit. Aber diese Quelle wird wohl niemals deinen Lebensdurst stillen.Zu zerbrechlich, zu unstet und zu vergänglich ist diese Quelle. Für das, was du eigentlich suchst, schöpfst du an der falschen Quelle.
Die Quelle des lebendigen Wassers schenkt Gott dir selbst. Seine Liebe ist unerschütterlich, seine Treue ist fest wie ein Felsen. Und er, der ewige Gott verspricht dir, dass diese Quelle auch am Lebensende nicht versiegen wird.
F Denn verrate mir doch den Weg zu dieser Quelle, die meinen Lebensdurst wirklich stillt. Wo muss ich suchen? Wo ist der Ort, an dem ich dieses Wasser schöpfen kann?
E Jesus spricht zu ihr: Ich bin’s, der, der mit dir redet. Da ließ die Frau ihren Krug stehen und ging in die Stadt und spricht zu den Leuten: Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getahabe, ob er nicht der Christus sei! Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm.