Predigt: Herbergssuche. Mit Jesus auf der Eckbank in der Küche (Heilig Abend 2019) Predigt zum Motiv der Herbergssuche

Es wird angeklopft

Die bösen Wirte, die Josef und Maria weiterschickten, finden wir nicht in der Bibel. Umso mehr kennen wir die Erfahrung, dass Jesus an unsere Türen klopft. Was wohl passiert wenn er kommt, und auf der Küchen-Eckbank und auf dem Sofa neben dem Weihnachtsbaum Platz nimmt?


Liebe Gemeinde,
wir kennen sie alle: Diese Wirte von Bethlehem. Kaum ein Krippenspiel kommt ohne sie aus. Oft genug lässt man das Heilige Paar durch den Altarraum wandern, Josef, mit seiner Maria. Unter ihrem Herzen trägt sie ein dickes Kissen, schließlich ist sie ja schwanger. Sie gehen von Tür zu Tür und überall werden sie abgewiesen von einem Wirt, der selbstzufrieden die beiden Armen weiterschickt. Bis sich irgendwann einer erbarmt und sie notdürftig im Stall unterbringt, zwischen Ochs und Esel. Das neugeborene Kind liegt am Ende in einer Futterkrippe.

Wirte, die es nicht gibt

Und wir schütteln den Kopf über solche herzlose Gastronomen. Und dann könnten wir uns drüber auslassen, wie wir das öfter so gerne tun … mit Menschen, über die wir uns ärgern, und die grade nicht da sind und sich nicht wehren können. Aber das ist ja egal, ich bin ja nicht blöd, ich kann mir ja genau vorstellen, wie das damals so gelaufen ist mit diesen gemeinen Wirten …

Und plötzlich steht einer hier in der Kirche auf und sagt:
“Entschuldigung, dass ich grade störe, aber das damals, das war ich! Maria und Josef waren bei mir und die Krippe, wo der kleine Jesus lag, die hatte ich schon von meinem Vater geerbt.
Aber weißt du, ich bin gar kein Gastwirt. Ich habe die drei nur bei mir beherbergt, weil Josef ein Verwandter war. Und das mit dem Stall – ja logisch! Wo sonst? Unser kleines Haus hat ja nur zwei Räume: Da war der Wohnraum, in dem wir am Boden lagen und geschlafen haben. Der war mit meiner Frau, mir und den 6 Kindern proppenvoll. Der zweite Raum war der kleinen Stall, wo wir drei Ziegen gehalten hatten. Die Ziegen haben wir bei einem Nachbarn untergebracht. Und so war gerade genügend Platz für Josef und seine Maria. So schlecht war diese Unterkunft nicht. Übrigens weiß ich gar nicht, ob die beiden vorher überhaupt wo anders gefragt haben und weggeschickt wurden.
Schau doch nach! In der ganzen Bibel findest du nichts davon, dass die beiden von Gasthaus zu Gasthaus gewandert wären. Da steht in Lukasevangelium nur: Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Genauso ist es bei uns gewesen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was die Menschen dazu gebracht hat, diese dramatische Geschichte mit der vergeblichen Herbergssuche in ihre Krippenspiele einzubauen. Hast du eigentlich schon mal daran gedacht, wie schlecht wir Leute von Bethlehem darin wegkommen?”

Liebe Gemeinde,

was soll ich dazu sagen? Wahrscheinlich hat er recht. In der Bibel steht davon ja wirklich nichts. Aber es muss doch einen Grund dafür geben, dass schon seit Jahrhunderten diese Herbergssuche gespielt wird. Vielleicht geht es gar nicht so sehr um die Leute von Bethlehem, sondern überhaupt um uns Menschen. Und darum, wie weit wir unsere Türen für diesen Jesus aufmachen.

Der erwachsene Jesus auf der Herbergssuche

Da fällt mir ein, was der Evangelist Johannes schreibt. Der verliert ja kein Wort über Jesu Geburt, das war ihm nicht wichtig. Stattdessen setzt er ein Gedicht, einen alten christlichen Hymnus, an den Anfang:

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Und mittendrin finde ich:

Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Das scheint ein wichtiges Thema zu sein. Nicht für das kleine Baby in Marias Bauch, sondern für den Jesus, der auf eigenen Beinen und mit eigener Botschaft zu den Menschen kommt.

Anklopfen, warten, dass die Menschen ihm die Türe öffnen – das ist sein Lebensthema. In den Evangelien finden wir viele Geschichten, wo Jesus bei Menschen zu Gast war.

Jesus klopft bei Zachäus

Da hockt der Zöllner Zachäus auf dem Maulbeerbaum. Er wollte dieses Jesus sehen. Vielleicht war er auch ein bisschen hin-und-hergerissen. Denn er ahnte, dass sein eigener Lebensstil nicht zu dem passte, wofür dieser Jesus stand. Aber er spürte wohl auch, dass er bei ihn genau das finden könnte, wonach er sich eigentlich im Leben sehnte. Denn schon längt hatte er gemerkt: Das ganze Geld, das er den Leuten aus den Taschen gezogen hatte, hat ihn zwar reich gemacht, aber hat ihm keine Zufriegenheit geben können.

Und als Jesus genau unter seinem Baum vorbei kam sagt er: “Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.” Jesus klopft an. Die Türe aufmachen, sich auf diesen Jesus einlassen … das musste Zachäus dann schon selber. Er hat ihm seine Haus- und Herzenstüre geöffnet und die Geschichte endet mit den Worten Jesu: Heute ist diesem Haus Heil widerfahren.

Es wurde etwas heil – weil Jesus hereingebeten wurde.

Der Heiland vor der Türe

An Weihnachten taucht dieses Wort besonders oft in Liedern und Texten auf: Jesus als der Heiland. Also derjenige, der wieder “heil macht”.  

Heil machen, was krank, kaputt, zerrissen ist. So einen Heiland können wir gut gebrauchen! Wir leben auf einem Planeten, der momentan Fieber hat. Erhöhte Temperatur, und keiner hat eine Idee, wir das in den Griff bekommen könnten.

Zerrissen sind immer mehr Gesellschaften. Nicht nur in arm und reich – das war gestern. Zerrissen in Teile, bei denen man gar nicht so genau weiß, wofür wer eigentlich steht, aber ist sich einig: Die Anderen sind die Bösen, die Idioten, die das Land ruinieren, und mit denen kann man nicht mehr reden. Darum muss man sie hassen, bekämpfen auf facebook diffamieren! Oft genug ist eine vernüftige Diskussion nicht mehr möglich.

Überhaupt zählt vor allem das ich. Und warum soll ich Platz machen für den Rettungswagen, ich bin ja nicht der, der gerade Hilfe braucht…
Wer hat uns das nur beigebracht?

Eine Welt, die in Unordnung ist, wie schon lange lange nicht mehr.

Der Heiland nimmt auf der Eckbank Platz

Und dann singen wir im Advent:
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit,
ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich,
der Heil und Leben mit sich bringt…

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit: Da muss jeder bei sich selber aufmachen!

Herberge dem geben, der uns Menschen verändern will. Der so viel mitbringt an dem, was wir so dingend bräuchen: Nächstenliebe, Feindesliebe, Vergebungsbereitschaft, Vertrauen und Hoffnung.

Er braucht keine Krippe – ein Platz auf der Eckbank in der Küche wäre doch schon ein Anfang. Mit Jesus auf der Eckbank … wenn ich mir das so vorstelle … er würde da einfach so sitzen … den ganzen Tag … einfach da sein.

Ich könnte so nebenher ihm sagen, was mich bewegt, was mir nachgeht, was ich hoffe und was mich ärgert … grade so, wie es mir einfällt.

Später, wenn wir als Familie miteinander essen. “Komm Herr Jeus sei du unser  Gast … ach, du bist ja schon da”. Den Tag planen, Probleme besprechen, manchmal auch über andere Menschen reden. Und er sitzt dabei – er muss gar nichts sagen – vielleicht deshalb, weil wir ja wissen, was er sagen würde …. und so verändert sich unser Umgang miteinander. Behutsamer wir achten auf unsere Worte und Taten. Da verändert sich was – weil er da ist – weil wir ihm die Türe geöffnet haben.

Und heute würde er mit rüber aufs Sofa rutschen, neben dem Christbaum. Und er wäre dabei, wenn wir Geschenke auspacken und Glühwein einschenken. Irgendwann wird es ruhiger … wir schauen auf die kleine Weihnachtskrippe unter dem Baum. Da liegt der kleine Jesus in dem Stall. Und der große Jesus sitzt daneben auf der Couch. “Ja,” sagst du da: “Es hat sich schon einiges geändert – seit damals ….” und du überlegst, wie du diesen Satz irgendwie sinnvoll zu Ende bekommst – da antwortet er:

“Nö – eigentlich ist es noch immer das Gleiche: Ich klopfe an, und hoffe dass jemand seine Herzenstüre öffnet – erst dann wird sich wirklich etwas verändern.”

Amen

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