Predigt: Taufe- Mehr als Wasser (Klagelieder 3,22) 25. Juli 2010, Taufe von Adrian

Predigt taufe_mehr_als_wasserzur Taufe von Adrian im Pfarrhof Gollhofen im Zuge unseres Gemeindefestes. Tauspruch: Klagelieder 3,22 (Gute Nachricht-Übersetzung)
„Von Gottes Güte kommt es, dass wir noch leben. Seine Liebe ist jeden Morgen neu”

„Könnt ihr mir sagen, was so eine Taufe kostet?” fragt Isa im Internet in einem Elternforum. „Ich habe ewig gesucht und keine Antwort gefunden. Wer kann mir helfen?” Ein paar Minuten später bekommt sie schon eine Antwort aus der weltweiten Internet-Gemeinschaft:

Hallo Isa !
Unsere Magdalena wurde letzten Samstag getauft. Um 13.30 Uhr war die Taufe, danach gabs Kaffee und Kuchen und am Abend dann warmen Leberkäse mit Kartoffelsalat und Brezen (zwar nicht wirklich festlich, aber lecker). Ich schreib Dir mal unsere Kosten zusammen.
1. Kleidung: Magdalena hat ein Taufkleid getragen, dass meine Mama selbst gestrickt hat und ich selbst schon bei meiner Taufe an hatte. Darunter einen einfachen weißen Strampler, einen schönen Body und noch eine weiße Mütze. Das hab ich neu gekauft, insgesamt 40 Euro.
2. Kirche: hat bei uns nichts gekostet.
3. Kaffee und Kuchen: Kuchen wurde von der Verwandtschaft mitgebracht. Kaffee ist sowieso daheim. Also keine Kosten für Kaffee und Kuchen.
4. Abendessen: Leberkäse und Brezen haben 50 Euro gekostet. Den Kartoffelsalat hat meine Schwiegermama gemacht. Hat uns also nichts gekostet.
5. Getränke (Wasser, Bier und Wein): ca. 20 Euro.
Magdalens Taufe war also insgesamt nicht so teuer. Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig helfen.
Liebe Grüße Claudia

http://www.urbia.de/archiv/forum/th-1971512/Taufe-mit-wieviel-Geld-muessten-wir-rechnen.html

Klasse: 110 Euro für eine Taufe – Das nenn ich günstig! Für handelsübliche Hochzeit muss man heutzutage wohl eher das Hundertfache veranschlagen.
Da ist ja die Taufe eigentlich geschenkt!
Und da sind wir beim Punkt: Die Taufe ist naturgemäß ein Geschenk – ein Geschenk Gottes an uns. Das heißt, wir bekommen da etwas komplett ohne Gegenleistung.

+ Seine Liebe.
+ Dass er sagt: Du gehörst zu mir, du bist mein Kind.
+ Sein Versprechen, dass er mich begleitet.

Alles sein Geschenk, ohne dass wir irgendeine Vorleistung erbringen müssen. Wir haben heute mit Adrian einen Jungen getauft, der ja noch nicht viel vorweisen kann, was ihn zum „würdigen Taufkandidaten” qualifiziert. Die Frage „hast du das überhaupt verdient, dass du getauft wirst?”, geht an Adrian und allen kleinen Kindern völlig vorbei. Sie werden getauft, ohne dass sie es verdient haben – und das ist ja der Kern der christlichen Taufe, egal, ob es Kinder oder Erwachsene betrifft:

– Angenommen werden ohne Vorleistung.
– Aufgenommen werden, ohne die zermürbende Frage: Hab ich denn wirklich alles richtig gemacht, so wie Gott das will?
– Dazu zu gehören, ohne vorherige Gesundheits- oder Gewissenskontrolle.

Gott sagt zu mir: Wenn du kommt, nehme ich dich auf. Ohne wenn und aber; und dann sehen wir gemeinsam langsam weiter auf deinem Lebensweg. Es kann sein, dass sich dann einiges ändern wird, aber keine Sorge, ich bin ja bei dir.

Liebe Eltern,
als Taufspruch habt ihr aus den sogenannten Klageliedern Jeremias einen Vers ausgewählt: „Von Gottes Güte kommt es, dass wir noch leben. Seine Liebe ist jeden Morgen neu”.  – Diese Zeilen drücken das Gefühl aus: Ja, mein ganzes Sein ist ein Geschenk. Es ist ein Geschenk Gottes zu leben. Und je mehr Lebenserfahrung sich ansammelt und je mehr man erlebt, wird deutlicher: Es ist auch ein Geschenk, dass ich jetzt noch lebe, dass das eine oder andere Mal etwas gut ausgegangen ist; es hätte auch anders kommen können.

„Seine Liebe ist jeden Morgen neu.”
Da spüre ich ein bisschen den Genießer, der früh aus dem Haus geht, und nicht gleich ins Auto springt und in die Arbeit zu hetzen. Sondern er bleibt kurz stehen, schaut zur Sonne, die schon eine Handbreit überm Horizont steht, schließt die Augen und spürt ihre zarten Strahlen im Gesicht. „Ja, mein Gott, jeden Morgen lässt du die Sonne über uns aufgehen, schenkst uns glückliche Momente, einen gedeckten Tisch, ein weiches Bett, eine Familie, in der ich Geborgenheit empfinde. Ja, du meinst es es wirklich gut mit mir.”
Vielleicht sollten wir das öfter machen, diesem Spruch des Jeremia nachgehen, bewusster aus der Liebe Gottes leben, die Augen zu öffnen für das, was uns an Gutem geschenkt ist in vielen verschiedenen Zusammenhängen.

Von der Güte Gottes kommt es, dass wir noch leben. Seine Liebe ist jeden Morgen neu.

Als Jeremia diesen Satz gesagt hat, waren die Gräber seiner Freunde noch frisch. Junge Leute, die das Leben eigentlich noch vor sich gehabt haben, aber in der Schlacht um Jerusalem gefallen waren. Und das wiederholt sich bis in die Gegenwart immer wieder. Von jetzt auf gleich kann dein Weg zu Ende sein, noch bevor die Techno-Party in Düsseldorf oder die Disco erreichst.

Und Jeremia? Die Tränen über die toten Freunde waren noch nicht vergessen, und doch – oder vielleicht genau deshalb – macht sich Jeremia bewusst: Das Leben ist ein unschätzbar wertvolles und zerbrechliches Geschenk, das du jeden Morgen neu in deine Hand nehmen solltest.

Lied: Bei dir Jesu will ich bleiben

Liebe Gemeinde, lieber Taufeltern, liebe Kigo-Kinder,
einige von Euch haben ein Tattoo auf der Haut. Vorne am Eingang habt ihr es angeboten bekommen. Und drauf zu sehen ist die Taufe. Wenn man genau hinsieht: Da wird ein Erwachsener getauft. Das ist die Geschichte dieses Mannes aus Äthiopien, die wir vorhin gehört haben.

Ich bin der Überzeugung: Die Taufe hat überhaupt eine große Ähnlichkeit mit einer Tätowierung. So ein Tattoo lässt man sich mit farbigen Nadeln in die Haut stechen und läuft dann eigentlich lebenslang damit herum. Man wird das so gut wie nicht mehr los.

Für manche Menschen entwickelt sich das mitunter zum echten Problem, wenn man als 16-jähriger es cool fand, dass sich eine tätowierte Klapperschlange am Hals hochschlängelt. Aber der Chef der Sparkasse sagt ein paar Jahre später: Ihre Zeugnisse sind ja super, aber mit den Tattoo-Firlefanz kann ich Sie nicht als seriösen Geschäftskundenberater einsetzen. Blöd gelaufen! Dann freut sich der Hautarzt auf ein dutzend Lasersitzungen, um die Schlange halbwegs unsichtbar werden zu lassen.

Die Taufe – dieses Geschenk Gottes – ist auch wie so ein Tattoo: Die haben wir ja auch lebenslang. Getauft ist getauft! Die Liebe Gottes gilt mir, die wurde mir bei der Taufe zugesagt, und die werde ich auch nicht mehr los.

Lieber Adrian, liebe Lilou, liebe Getaufte: Gott hat dich lieb, und er lässt sich das nicht mehr ausreden. Da ist er stur!

Gibts da auch manchmal Probleme? Mit diesem unsichtbaren Tattoo der Taufe? Nunja, auch wenn wir das getauft-sein nicht auf den ersten Blick sehen, mir gehen als Menschen ja doch irgendwie damit um.

Schon in der Schule merkst du es: In Reli bist du dabei, merkst, das es offenbar zwei Richtungen gibt: Evangelisch und Katholisch … aber irgendwie doch so ziemlich das gleiche. Und da sind fast alle dabei, fast! Du merkst: Es ist nicht selbstverständlich.
Wenn du in Berlin in die Schule gehen würdest, wäre es andersrum: Wenn LER ist, dann geht ihr 7 Getauften raus in die Reli-Abteilung; die anderen 23 haben keine Ahnung, was das für ein seltsamer Verein ist, zu dem ihr Christen da gehört.

Dann gibts Zeiten, da wächst man in die Länge und nimmt Abschied vom Kindsein. Hmm … was passt in meine erwachsen werdenden Welt nun hinein? Abends beten? Kirche? Jesus? Ist das nicht eher ein Teil meiner Kinderzeit, wird das nicht irgendwann peinlich, wenn man an Gott glaubt? Taufe, so wie ein Tattoo dass eigentlich nicht mehr zu mir passt.
Da kann Taufe schon mal in die Krise kommen.

Irgendwann wird man erwachsen: Mancher hat sein Tauftattoo scheinbar vergessen.
Anderen spürt man ab, dass ihn das Thema nie so ganz losgelassen hat, das Hin-und-Her zwischen Kinderglauben und erwachsenem Gottvertrauen macht ihm immer noch zu schaffen.
Und so manche haben die Schönheit dieses unsichtbaren Tattoos wieder neu für sich entdeckt. Getauft zu sein, in seinem Selbstwert unabhängig vom Urteil der Anderen, zu wissen: Ich bin wertvoll, ich bin ohne Vorleistung geliebt von Gott, der mir jeden Tag neu schenkt. Das ist dann schon großartig.

Wenn dieses kleine Tattoo der Taufe mit einem Menschen erwachsen wird. Wenn das Bewusstsein der Liebe Gottes sich durchhält. Wie man seinen Glauben lebt, das verändert sich im Laufe der eigenen Entwicklung. Aber die Botschaft bleibt: Du bist auch mit 40 oder 70 Jahren ein  Kind Gottes. Darum darfst du auch als gestandenes Mannsbild, als Frau mitten im Leben, dir eingestehen: Ich genieße es, von Gott beschenkt zu werden.

Und wenn du zugleich in dir das Bedürfnis spürst, von dieser Liebe Gottes etwas weiterzugeben – Dann ist das ein Traum.
Dann ist Taufe mehr als nur Wasser gewesen.

Amen

 

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