Predigt zur Jahreslosung 2020: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben“ (Markus 9,24) Glaube kennt keine Prozentzahlen!

Jahreslosung 2020

„Ich glaube; hilf meinem Unglauben“! Wieviel Prozent Glauben stecken in so einem Satz? 40%, 20% oder nur 0,1%?
Glaube kennt keine Prozentzahlen, und kann doch Berge versetzen.
Diese Predigt setzt beim „Bilanz ziehen“ zum Jahreswechsel an und entdeckt, wie Glaube und Zweifel im gleichen Herzen Platz haben können.
( Bild: Eva Jung, https://godnews.de/goodie/ich_glaube/)


Bilanz ziehen

Sind Sie ein Bilanz-Typ? Es gibt ja Menschen die gerne zum Jahreswechsel Bilanz ziehen.
– Man schaut auf das vergangene Jahr zurück.
– Man überlegt, was da so alles passiert ist im Jahr 2019.
– Was habe ich geschafft? Was ist unerledigt geblieben – was habe ich auf die lange Bank geschoben oder sogar gänzlich aufgegeben?

Bilanz ziehen weckt auch Emotionen: Ich habe mich über Menschen und Dinge gefreut und geärgert. Es gab Enttäuschungen und Überraschungen. Dabei bin ich nicht nur Zuschauer gewesen; ich selbst habe dieses Jahr gestaltet, war aktiv, oder manchmal auch zu passiv.

An manchen Stellen nagt die Frage: Was wäre gewesen, wenn ich in diesem oder jenem Moment anders entschieden, anders gehandelt hätte?
Wenn ich am Bilanz ziehen bin, dann stehe ich selbst auf dem Prüfstand. Dann stehe ich zwischen Soll und Haben.
Wie weit bin ich zufrieden mit dem, was da alles war?
War es ein gelungenes Jahr – zu 100% in Ordnung?
Oder doch eher so zwei Drittel OK – und ein Drittel war nicht so toll?
Vielleicht nur 50:50?
Möglicherweise sieht die Bilanz noch schlechter aus.

Lieber nicht in Prozenten rechnen

Liebe Gemeinde,
zurückzuschauen auf das vergangene Jahr ist sicher eine gute Idee. Vor allem dann, wenn man dabei entdeckt, dass in diesem Jahr, das mal wieder so unglaublich schnell vorübergegangen ist, doch so viel war. Neuerdings ist das Smartphone da eine ganz tolle Hilfe. Weil man ja von allem möglichen – oft auch vom größten Quatsch – Fotos macht. Und wenn ich diese Fotos ansehe, dann entdecke ich so vieles, was schon längst vergessen schien. Schöne Momente, Ausflüge, Begegnungen, Veranstaltungen ….

Und da merke ich, dass Bilanz ziehen mit Plus und Minus nicht unbedingt die beste Methode ist, auf so ein Jahr zurückzuschauen. Denn wenn ich Gutes mit Schlechten verrechne, dann verliert das Gute schnell seinen Glanz.

Und wenn ich zurücklickend auf mich selber schaue, tut mir das Bilanzieren erst recht nicht gut. Denn da sehe ich ganz schnell so viel…
… das hätte ich …
… da könnte ich …
… da sollte ich doch …
Lauter Defizite! Ein Mangel reiht sich an den Anderen. Meine Lebens-Bilanz bleibt da weit unter 100% … und ich ahne: Selbst, wenn ich mich anstrenge, wird das auch im kommenden Jahr nicht wirklich besser werden. Ich bleibe im Mittelmaß … und das ist echt deprimierend.

Die Jahresloung 2020

Aber, wer sagt denn, dass 100% das Ideal sind? Wo steht denn geschrieben?
In meiner Bibel steht da nämlich etwas ganz Anderes geschrieben! Ich lese aus dem 9. Kapitel im Markusevangeium:

17 Einer aber aus der Menge antwortete: Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. 18 Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn zu Boden; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten’s nicht. 19 Er antwortete ihnen aber und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir! 20 Und sie brachten ihn zu ihm. Und sogleich, als ihn der Geist sah, riss er ihn hin und her. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund. 21 Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist’s, dass ihm das widerfährt? Er sprach: Von Kind auf. 22 Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! 23 Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. 24 Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! 25 Als nun Jesus sah, dass die Menge zusammenlief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein! 26 Da schrie er und riss ihn heftig hin und her und fuhr aus. Und er lag da wie tot, sodass alle sagten: Er ist tot. 27 Jesus aber ergriff seine Hand und richtete ihn auf, und er stand auf.

Liebe Gemeinde,
So eine ungewöhnliche Geschichte.
Da kommt dieser Vater mit dem Kind – ziemlich verzweifelt – und nur mit wenig Zuversicht. “Wenn du kannst, dann hilf uns”
Jesus gibt die Frage irgendwie zurück “Was heißt, hier: wenn du kannst. Alles ist möglich, dem der da glaubt!”

Darauf antwortet der Vater “Ich glaube, hilf meinem Unglauben!

Wieviel Prozent Glauben stecken in so einem Satz? 40%, 20% oder nur 0,1%? Der Vater spürt selbst: Ja, da ist schon Glauben und Vertrauen in mir, aber das erscheint mir so wenig im Vergleich zu all den Ängsten und Zweifeln, die ich habe. Damit kann ich nun mal wirklich keine Berge versetzen.

Die Bilanz ist – mathematisch gesehen – ein einziges Desaster. Und doch wird das Kind gesund. Das bisschen Glaube hat gereicht.

Glaube kennt keine Prozentzahlen

Offenbar gehört Jesus nicht zu diesen Bilanz-Rechnern. “Ich glaube, hilf meinem Unglauben!” – Jesus sieht den Glauben – das bisschen Glauben – das in diesem Menschen steckt, und stört sich nicht daran, dass da noch ganz viel Luft nach oben wäre.

Nicht das “könnte, hätte, müsste” ist das, was zählt, sondern das, was an Vertrauen und Glauben da ist, und sei der Glaube noch so mickrig.

Mir gefällt dazu dieses Bild der Grafikerin Eva Jung. Dieses Wasserglas.
Mal ist es voller, mal ist es leerer. Aber immer ist Wasser drin – Glaube.
Es wird auch immer was anderes drin sein, Manchmal gesellt sich zu meinem Glauben so einiges dazu:
Offene Fragen.
Zweifel … Zweifel an der Macht Gottes, oder auch Zweifel an mir selber.
Angst, was die Zukunft bringt.
Das liegt da auch alles in mir drin, neben meinem Glauben; und bringt ihn manchmal auch in Bedrängnis.Aber doch ist dieser Glaube ja da. Dieses Wasser, aus dem meine Seele trinkt, um zu überleben. *

Motiv von Eva Jung : https://godnews.de/goodie/ich_glaube/

Ich glaube, hilf meinem Unglauben!” Das ist die Jahreslosung, die die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen für das Jahr 2020 ausgewählt hat. Uns wird dieser Vers darum wohl noch häufiger begegnen.
Meistens sind Jahreslosungen ja ermutigende oder aufrüttelnde Verse. Zum beispiel für 2019: “Suche Frieden und jage ihm nach!” Das ist doch eine Ansage!
Diese Losung ist da ganz anders. “Ich glaube, hilf meinem Unglauben!” ein Spruch mit Hängen und Würgen … so ein gemischtes Irgendwas.

Liebe Gemeinde, wenn ich nun auf das Jahr 2020 zugehe, dann tue ich das ehrlich gesagt auch mit gemischten Gefühlen.
Da gibt es Aufgaben, wo ich einfach mal hoffe, dass ich sie bewältigen kann.
Es gibt Sorgen, die sich nicht so leicht abschütteln lassen.
Ich empfinde Vorfreude auf Manches, was 2020 kommen soll.
Es ist das so viel gemischt! Eine Mischung aus Gottvertrauen und Skepsis – aus Hoffnung und Beklemmung. Ich weiß nicht, ob mein Glas des Glaubens halbvoll oder halbleer ist.

Aber ich bin froh, dass da auch immer mein Glaube Platz hat. Mein Vertrauen in die Güte, Liebe und Größe Gottes. Dass er da sein wird, egal, was kommt. Und die Gewissheit: Für Jesus, dem alles möglich ist, zählt nicht mein Zweifel und meine Angst, sondern allein das kleine oder große bisschen Glaube, das in meinem Menschenherzen wohnt.

Amen

Hinweis zum Bild von Eva Jung
Sie finden das Motiv unter https://godnews.de/goodie/ich_glaube/
Bitte beachten sie die Nutzungsbedingungen, die unter „Beipackzettel“ angegeben sind.
Posten und Karten finden sie beim Adeo-Verlag dort gibt es sogar eine Lentikular-Postkarte, also das Motiv als „Wackelbild“, bei der der Füllstand je nach Blickwinkel variiert.

(*) Wer auf den Bezug zum Bild verzichten möchte, kann auf folgende Aternative für diesen Abschnitt zurückgreifen:
Da fällt mir ein: Es gibt ja diesen Streit, ob ein ein habgefülltes Glas halbVOLL oder  halbLEER ist. Es ist eine Frage der Perspektive! Achte ich auf das, was FEHLT, oder auf das, was da ist?
Mal ist mein Glaubensglas es voller, mal ist es leerer. Aber immer ist Wasser drin – Glaube. Und es wird auch immer was anderes drin sein, Manchmal gesellt sich zu meinem Glauben so einiges dazu:
Offene Fragen.
Zweifel … Zweifel an der Macht Gottes, oder auch Zweifel an mir selber.
Angst, was die Zukunft bringt.
Das liegt da auch alles in mir drin, neben meinem Glauben; und bringt ihn manchmal auch in Bedrängnis.
Aber doch ist dieser Glaube ja da. Egal ob halbvoll, viertelvoll oder viertelleer – es ist da! Dieser Glaube, das Wasser, aus dem meine Seele trinkt, um zu überleben.

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