Predigt zu Taufe von Sophie zu Psalm 121, 7: Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele
Liebe Familie , liebe Gemeinde,
ich habe hier ein Hut-Sortiment. Verschiedene Formen der Kopfbedeckung, die wir grade im Winter ja ganz gut brauchen können. Wobei: Auch im Sommer ist ein Hut kein Fehler, da schützt uns ein Sonnenhut auch vor manchem Sonnenbrand, gerade wenn man nicht mehr ganz so viele Haare auf dem Kopf hat.
Da ist man mit so einem Teil doch ganz gut „behütet”. Und damit sind wir auch schon mitten im Thema, mitten in Sophies Taufspruch: Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.
Der Herr behüte dich … Gott, der Glaube, deine Taufe als ein „Hut” für dein Leben, unter dem du gut behütet bist; vielleicht weil ein anderer für dich auf der Hut ist? Tatsächlich hat der Hut – also die Kopfbedeckung – seinen Namen von dem Wort, das seit alters her „Schutz” bedeutet. Ich habe entdeckt: Gottes Behüten und das Tragen eines Huts hat enorm viel miteinander gemein.
Behütet sein als Lebensgefühl
Ich fange beim Gefühl an: Wer einen Hut trägt, der spürt das auch. Er weiß: Ich habe da was über mir; da ist nicht nichts, das ist etwas, was für mich, für meinen Kopf da ist. Wenn die Sonne brennt, oder wenn es zu nieseln anfängt, bin ich beschützt. Ich muss wegen ein paar Regentropfen nicht gleich meinen Spaziergang abbrechen, der Hut hält die Tropfen ab. Ähnlich gehts wohl Trägern eines Arbeitshelms auf der Baustelle. Denn der ist ja auch nur eine besonders stabile Form des Hutes: Wer ihn trägt, fühlt sich deutlich sicherer, bewegt sich ganz anders als jemand, der jeden Moment fürchten muss von einem herunterfallenden Schraubenzieher verletzt zu werden.
Das Gefühl des gut behütet seins ist manchmal die Voraussetzung, dass wir überhaupt einen positiven Zugang zum Leben finden. Denn ich weiß ja, dass das Leben Risiken birgt. Aber das Bewusstsein, dass da einer über mir ist und mich behütet, das lässt mich ganz anders durchs Leben gehen.
Wenn wir Kinder wie Sophie taufen, machen wir es sichtbar: Gott ist da über deinem Leben, er will dein Schutz sein, er will dich begleiten. So kann Vertrauen in die Zukunft, Vertrauen ins Leben wachsen. Frei von diffusen Ängsten, was denn schon wieder als nächstes schief gehen könnte.
Soweit, mein Blick auf die Wirkung des Behütetseins auf meine Gefühlswelt, auch auf meinen Seelenzustand. – Christsein, Getauftsein als Lebensgefühl.
Behütet sein angesichts „harter” Fakten
Aber das Leben besteht nicht nur aus Gefühl. Es gibt da auch harte Fakten, die unser Behütetsein auf den Prüfstand stellen. Wir wissen: Der Helm des Bauarbeiters hilft nichts, wenn da von oben eine Betonplatte herunterkommt, und mein Sonntagsfilzhut schützt zwar von einem leichten Schauer, aber bei Wolkenbruch und Blitzschlag muss er kapitulieren.
Wir leben als getaufte Christen auch unter den Bedingungen dieser Welt mit allen ihren kleinen Macken und furchtbaren Abgründen. Wir können nicht erwarten, als Getaufte traumwandlerisch jeden Problem und jeder Gefahr aus dem Weg gehen zu können. Auch bei den frommen kanns mal richtig krachen.
Aber Gott ist keiner, uns mit gutem Gefühl versorgt und dann doch ins Unglück rennen lassen will. Er hat uns ja auch Hirn, Herz, und sein Wort gegeben. – Damit sind wir eigentlich ganz gut ausgestattet.
Das ist auch eine Form, jemanden zu behüten: Man zeigt ihm, wie richtige Wege aussehen können, mit welchen Kriterien wir gute und hilfreiche Entscheidungen treffen können.
Unsere Bibel ist ein Zeugnis seiner Fürsorge, ein recht umfangreiches Handbuch des Lebens, das uns vor so manchen selbstgemachten Katastrophen behüten kann – zumindest wenn wir uns auch mal daran orientieren.
Das ist nicht gerade so trendy wie andere Lebenskonzepte, bei denen man auf alle Leitlinen pfeift und meint, ich weiß selber, was das beste ist. Aber die Erfahrung zeigt, dass viele unserer biblischen Regeln sich wirklich gut bewährt haben. Und manchmal wundere ich mich einfach , wie dumm wir Menschen uns gerade dann anstellen, wenn wir meinen, gerade besonders schlau zu sein…
Ich sehe schon: Ich muss mich ein wenig bremsen, damit ich mich nicht in Rage rede. Denn mir ists oft schleierhaft, weshalb Menschen manchmal planlos durchs Leben donnern, wo es doch eigentlich einen guten Plan, gute Leitlinien gäbe.
Behütet im Freiflug des Alltags
Liebe Gemeinde, liebe Familie Claus,
Ganz anders sieht es aus, wo ich in Situationen gerate, in denen es eben keinen Plan gibt. Wo wir in unserem Alltag von jetzt auf gleich entscheiden müssen. Manchmal gehts um Kleinigkeiten. Und von mancher letztlich spontanen Entscheidung hängt vielleicht meine weitere Zukunft ab.
Da stehst du da, dein Chef vor dir, macht dich schon wieder zur Schnecke für einen Fehler, den du gar nicht zu verantworten hast; du weißt: Er hat da etwas falsch eingefädelt, und könntest es ihm sogar beweisen. Was ist zu tun? Ducken und den Rüffel wegstecken, weil du weißt, dass er als Choleriker jetzt sicher nicht mit Kritik umgehen kann? Oder entschieden und selbstbewusst doch auf die Bremse treten, ihm seinen Fehler aufzeigen- und hoffen, dass er Vernunft annimmt?
Oder die Frage: Landwirtschaft erweitern oder nicht? Die hundertjährige Tradition des Hofes sitzt dir im Kreuz, du kannst dir nicht vorstellen, einmal den Stall zuzusperren, dein Herz hängt ja dran. Aber die scheinbar einzige Alternative, die Erweiterung, kann nur klappen, wenn du bis 70 gesund bleibst und die Agrarpolitik dir keinen Strich durch die Rechnung macht.
Entscheidungen, für die es kein Handbuch gibt.
Entscheidungen bei denen man erst hinterher schlauer ist.
Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele – ja, das wünsche ich mir in solchen Situationen. Einen Gott, der bei meinen Entscheidungen dabei ist.
– Vielleicht gibt er mir ganz unmerklich einen Schubs in die richtige Richtung.
– Vielleicht ist er mir nahe, und hilft mir wieder auf die Beine, wenn meine Entscheidung dann doch die falsche war.
– Vielleicht war er „auf der Hut”, und ich verdanke ihm, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist.
Behütet zu sein heißt nicht: Mir kann nichts passieren.
Aber es heißt: Da ist einer da, der ist auf deiner Seite.
Er begleitet dich, bei deinen Entscheidungen und freut sich, wenn du dich an ihm orientierst.
Er verlässt dich nicht, wenn du auf die Nase fällst, sondern ist da, um dich zu trösten.
Er sagt: Ich bin für dich auf der Hut, und will dich segnen, dass dein Leben gelingt.
Amen
Bild (oben): Günter Havlena / pixelio.de
Hallo,
mich würde ernsthaft interessieren, was solch ein Glaube in der Praxis nutzt? Sie schreiben:
„Behütet zu sein heißt nicht: Mir kann nichts passieren. Aber es heißt: Da ist einer da, der ist auf deiner Seite.“
Wie soll das bitte schön eine Angst nehmen? Was bringt mir dieser „einer“, der da ist aber nichts bewirkt? Kleine Kinder belügen sich ja gerne mit einem imaginären Freund. Ist es psychologisch gesehen der selbe Effekt? Ist eine Sache nur schlimm wenn man sie gefühlt „alleine“ durchstehen muss? Ist die Sache ansich nicht schlimm?
Diese Art von Glauben ist mir schon überall in der Christenheit begegnet und treibt mich fast in den Wahnsinn, ich versteh ihn einfach nicht.
Auch wenn ich etwas aufgewühlt klinge, ich will nicht angreifen. Ich will einfach nur mal eine verstehbare Antwort haben. Ich schreibe sie deswegen an, weil sie zur Gruppe von Menschen gehören die genau diese Sache glauben.
So, ausgeheult 😉
gruss, nils b.