Anspiel: Wenn Viola Fiesel Foult
Personen:
Agathe – die Gefoulte
Viola – hat Agathe gefoult (?)
Kathrin – Freundin
Sabine – Trainerin
Klaus – Agathes Ehemann
Szene 1: Agathe sitzt auf der Couch, das dick verbundene Bein hochgelegt. Ein Telefon liegt auf dem Couchtisch. Evtl. Blumen, ähnlicher Nippes.
A: (jammert etwas wehleidig, als sie ihr Bein etwas auf ihrem Hocker bewegt) Autscherla! Mensch tut des weh! Eieieiei… K: (Freundin Kathrin kommt herein, Sorgenfalten auf der Stirn)
Grüß Dich, Agathe. Dein Mann hat mich grad reingelassen. Stör´ ich?
A: Nein. Komm nur rein.
K: Ja Wahnsinn, da has´t ja jetzt ein Bein beieinander. Ich sags ja: Sport ist Mord!
A: Gschmarri! Wenn die Viola net so draufgedroschen hätt, wär ja auch nix passiert. Haut die mir derart die Notbremse rein, daß es mich durch den halben Strafraum zwirbelt.
K: Jaja, das war schon ein böses Foul. Und grad bei einem Freundschaftsspiel von euch zwei Oberreichenbacher Damen-Fußballmannschaften. Noch dazu jetzt bei der Sportlerkerwa. Wie ist das jetzt nochmal genau passiert?
A: Naja, ich hab zwei Gegenerinnen schwindlig gespielt und war dann unterwegs zum Tor. Bloß die Viola, die Verteidigerin, war mir noch im Weg. Und die hat mich voll umgesägt. Und dann lag ich halt da, mit dem verstauchten Fuß. 14 Tage bin ich krankgeschrieben! So ein fieses Foul! So eine hinterlistige Schlange. Diese Viola, ich hasse sie.
K: Beruhige dich nur wieder. Die Viola hat das doch nicht mit Absicht gemacht. Das war halt im Eifer des Gefechts. Die hat dir doch auch gleich de Hand gereicht…
A: Aber ich ihr nicht! Erst mich krankenhausreif foulen und dann recht freundlich tun. So ein falsches Weib!
K: Jetzt mach mal halblang: Schau, du liegst ja nicht auf der Intensivstation, sondern in deinem gemütlichen Wohnzimmer. Und dein Mann, der Klaus kümmert sich doch auch rührend um dich.
A: (ärgelich) Arch…
K: Na, ich geh jetzt wieder. Ich wünsche dir noch gute Besserung, gell.
A: Jaja, dankeschön
K: Tschüß … (geht ab)
Szene 2: Viola kommt reuemütig
A: (ruft nach ihren Mann, den man nicht sieht)
Klaus, bringst du mir mal bitte was zum trinken??
K: Ja gleich, es hat bloß grad an der Tür geschellt. Ich mach da nur mal auf…
V: (kommt herein, hat einen Blumenstrauß dabei)
A: Viola, DU???
V: Hallo Agathe, ich wollte mal vorbeischauen und fragen wie es dir so geht. (hält ihr die Blumen hin)
A: (wütend, ironisch; nimmt Blumen nicht)
Na wunderbar, erst mich foulen, und dann herkommen und mich bedauern. Das hättest du dir vorher überlegen sollen.
V: Aber, das war doch keine Absicht. Mir tut ja auch furchtbar leid, was passiert ist. Ich wollte dich wirklich nicht verletzen.
A: Ja toll, das hab ich ja gespürt. 14 Tage bin ich hier zum dasitzen verdonnert! Kann nicht auf die Sportlerkerwa, kann keinen Haushalt machen, nix. Bloß weil du dich beim Fußballspielen so blöd anstellst. – Wer weiß, wielleicht was das sogar Absicht?
V: Agathe, du bist gemein! Ich wollte mich doch nur bei dir entschuldigen ..
A: Da gibts nix zu entschuldigen. Die Blumen kannst wieder mitnehmen. Da hab ich selber genug.
V: Naja, wenn du nicht willst. Also, ehrlich, mit tuts wirklich unendlich leid..
A: Ach komm hau doch ab….
V: (kleinlaut)
Ja, dann geh ich halt wieder. Ich wünsch dir noch eine gute Besserung. (geht ab)
Szene 3: Sabine kommt mit Videokamera.
S: (hat Videokamera und Pralinenschachtel dabei)
Hallo, du Star-Stürmerin! Wie gehts unserer Invaliden.
A: (Plötzlich wieder guter Laune)
Hey, Trainerin! Schön, daß du mal vorbeischaust.
S: Du, ich hab auch eure Videokamera wieder dabei. Mit der hab ich doch unser Spiel aufgenommen. Ich habs mir jetzt auf eine normale Kassette überspielt. Da können wir mal später nach einem Training ein paar Spielzüge anschauen. Spieltaktik und so! Der FC Bayern macht das auch immer so.
A: Klaus? – Nimmst du der Sabine mal unsere Videokamera ab? Die hat sie nämlich mitgebracht….
K: (Kommt herein, begrüßt Sabine)
Und? Hat alles mit der Aufnahme geklappt?
S: Jaja, kinderleicht. Die Kassette mit dem Spiel ist übrigens noch drin. Also schönen Dank fürs Ausleihen.
K: Jaja, kein Problem. (geht mit Kamera ab)
S: Und wie gehts deinem Bein? Tuts noch weh?
A: Schon noch. Du siehst ja den Mords-Verband.Alles bloß wegen dieser blöden Kuh!
S: Viola Fiesel?
A: Viola Fiesling müßte sie eigentlich heißen. Das Weib. Schau, wie sie mich zugerichtet hat. Grob unsportlich war das! So eine falsche Schlange.
S: Aber das war doch keine Absicht. Die Viola spielt doch sonst auch gut und fair. Und ihr habt doch auch oft zusammen in einer Mannschaft gespielt; und euch sogar oft toll ergänzt.
A: Das war einmal. Mir der gehe ich nicht mehr zusammen in eine Mannschaft. Trainerin, das kannste vergessen. Viola und ich sind geschiedene Leute. Wer mir sowas antut, mit dem kann ich nicht mehr zusammen spielen. (verschränkt die Arme vor der Brust)
S: Ach Agathe, überlegs dir, sei doch nicht so unversöhnlich. – Du ich muß aber gleich weiter. Ich wünsche dir noch gute Besserung, und demnächst besuche ich dich nochmal, aber ich bin grade auf dem Sprung..
A: OK. Machs gut, schön, daß du da warst.
S: Servus, bis bald. (geht ab)
Szene 4: Überraschung: Agathe wie gehabt auf ihrem Sofa.
K: (noch nicht auf der Bühne, man hört ihn nur)
Nein, das gibts ja nicht. Ich kanns kaum glauben. Nein. ich glaub ich spinne…
A: Klaus? Was ist? Komm doch mal!
K: (kommt herein mit Videokassette in der Hand; schaut vorwurfsvoll)
K: Schatz! Ich hab mir mal das Foul angeschaut, das ist auch auf dem Video deiner Trainerin drauf. (Agathe schweigt) Weißt du, was sich da gesehen habe? (Agathe schweigt) Die Viola hat dich überhaupt nicht gefoult – die hat dich ja nicht mal berührt! Du hast eine Schwalbe markiert, um einen Elfmeter rauszuschinden. Du hast dich einfach fallenlassen und schreist dann Foul???
A: Ja, du hast recht, so war´s.
K: Und was ist mit deinem Fuß? Mit der Verletzung?
A: Ich hab mich ganz blöd fallenlassen und hab mir dabei den Fuß verstaucht….
(Vergräbt ihr Gesicht in den Händen)
K: (entsetzt bis erschüttert)
Ich pack´s nicht. Spielst die gefoulte, obwohl du selber Schuld an deinem verstauchten Bein bist, und machts dann noch die Viola zur Sau. Nein- Das gibts net. Ich muß mal raus, an die frische Luft. (geht raus)
A: (greift sich das Telefon, das auf dem Couchtisch liegt, wählt)
Hallo, …Viola,….. ich bins, die Agathe.
Predigt
Liebe Gemeinde,
unsere Agathe, das ist schon ein Früchtchen: Da hat sie doch glatt ein Foul vorgetäuscht, um einen Elfmeter zu schinden, und sich dabei ihren Fuß verstaucht. Und anstatt sich für diese Dummheit zu schämen, beschuldigt sie die Viola: „Die hat mich gefoult. Die wars!“ Allerhand: Da hat sie mächtig was auf dem Kerbholz und beschuldigt die Viola. Da kann man nur den Kopf schütteln.
In der Lesung (Lk 6, 23-42) haben wir gehört, wie Jesus, von den Leuten spricht, die zu anderen Menschen sagen: „He, du hast einen Splitter im Auge! – Bei Dir paßt etwas nicht“ – Und selber haben sie einen Balken im Auge.- Bei denen stimmts selber vorne und hinten nicht.
Offenbar passiert das bei uns Menschen häufiger:Ich rege mich furchtbar über die kleinen Fehler und Schwächen des Anderen auf, obwohl ich selber nicht perfekt bin. Da hat mich ein Bekannter durch einen dummen Spruch geärgert, vieleicht sogar verletzt – es hat weh getan – und ich bin sauer. „Mit dem Kerl bin ich fertig. Der braucht mir nimmer angewackelt kommen.“ – Aber ich vergesse, daß ich schon genauso oft unbedacht was gesagt habe, andere Leute verärgert habe.
Ja vielleicht hängt das sogar zusammen? Meine eigenen Fehler, und die der anderen? Je mehr ich weiß, daß bei mir was nicht stimmt, umso größer ist die Versuchung, bei den Anderen auch Fehler zu finden, festzustellen: Die sind eigentlich auch nicht besser.
Die Agathe zum Beispiel: Die war mit sich selber nicht mehr im Reinen: Durch eigene Schusseligkeit sich den Fuß verstauchen – da hat sie sich über sich selbst geärgert. Aber statt in sich zu gehen, geht sie auf die Viola los, und macht die zur Schnecke. – Je chaotischer es in meinem eigenen Herzen ist, unso schneller prügle ich auf die anderen ein. Wenn ich mir weismache: „die anderen sind auch ganz schlechte Menschen“, dann fühle ich mich gleich ein bißchen besser. Es ist verrückt!
Liebe Oberreichenbacher, liebe Gäste, So zu handeln, das ist mörderisch – das ist ein Beziehungskiller. Schauen wir uns die Agathe an: Zur Viola hat sie selber die Brücken abgebrochen: „Ach hau doch ab“ – Das hat schon alles gesagt. Wenn ich dem Anderen seine Schuld nicht verzeihe, dann tut sich zwischen uns ein Graben auf. Und je länger dieser Graben da ist, umso breiter wird er, umso schwerer wird es, diesen Graben zu überwinden.
In unserem Theaterstück hat Agathe am Schluß zum Telefon gegriffen, hat die Viola angerufen. Wie wird Viola auf den reuemütigen Anruf der Agathe reagieren? Wird sich das einfach so wieder kitten lassen? Versöhnung am telefon? Oder dreht die Viola den Spieß um: „Mit dieser Simulantin will ich nichts mehr zu tun haben? – Und tschüß!“
Wer nie verzeiht, wer die Schuld der andern immer aufrechnet, der verliert Freunde. Der hat schließlich nur noch Geschäftspartner mit denen er sich gegenseitig Fehler und Vorwürfe hin- und herschiebt.
Seid nun barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Das hat Jesus Christus gesagt: Er erinnert uns daran: Gott ist mit uns barmherzig. Der himmlische Vater ist keiner, der uns unsere Fehler vorrechnen will. Aber er könnte es, wenn er wollte. Er könnte uns vieles vorwerfen: „He, ihr Menschen: Was macht ihr da? Tagtäglich mißachtet ihr meinen Willen.
– Ich habe euch ins Leben gerufen, und ihr wollt nichts von mir wissen.
– Ich habe euch Luft, Wasser und Erde gegeben, damit ihr sie bebaut und zu essen habt; ihr aber vergiftet eure eigene Lebensgrundlage.
– Ich habe euch als Mann und Frau geschaffen, als Partner, die füreinander da sein sollen. Aber ihr seht den andern als Besitz an, von dem man sich schnell mal trennen kann, wenn was besseres, hübscheres daherkommt.
– Ich bin euer Gott, aber ihr meint, ihr kommt ohne mich zurecht. “
Ja, ich als Mensch bin Gott getrennt, und ich schaffe es nicht, den Weg zu gehen, den er für mich vorgesehen hat. Er hätte wirklich jeden Grund, zu mir zu sagen: „Ach, hau doch ab!“ Ich will mit dir Geschöpf nichts mehr zu tun haben. Reite dich doch nur weiter hinein, in dein selbstbereitetes Schlamassel.
! Aber das tut er eben nicht: Dieser Gott ist barmherzig: Er vergibt mir meine Schuld. Er kommt auf mich zu: Er reicht mir die Hand: In Jesus Christus sagt er: „Kommt her, ich will dir deine Sünde vergeben. Ich lasse dich nicht allein.“ – So ist Gott – der barmherzige Vater im Himmel.
Und wenn er mir meine Schuld, mein Versagen vergibt, dann habe ich allen Grund, meinen Mitmenschen auch ihre Fehler zu verzeihen. Wer selbst weiß: Gott macht mir das Geschenk der Vergebung, der kann dieses Geschenk auch weitergeben. Im Vaterunser sprechen wir das aus: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Wir können einander vergeben, uns die Hand reichen, wenn wir aneinander schuldig geworden sind.
Ich habe vorhin gesagt: Unversöhnlichkeit ist ein Beziehungskiller. Die Umkehrung ist natürlich auch richtig: Versöhnung, Verzeihen, kann Beziehungen wieder herstellen. Manchmal ist es ein harter Weg, gerade, wenn Menschen sich schon lange nichts mehr zu sagen hatten. Aber Versöhnung ist der einzige Weg, der zu einem Miteinander führen kann: Verzeihen, neu anfangen, – ohne gegenseitig aufzurechnen: wer hat mehr Schuld.
Sich verzeihen, einander vergeben ist ein fröhliches Geschäft. Wenn ich weiß: Bei Gott kann ich meine Last und mein Versagen loswerden, dann kann ich auch denen, die mir unrecht getan haben, zur Versöhnung die Hand reichen – wenns auch nicht immer ganz leicht ist.
Ein Lied bringt das zum Ausdruck, ich möchte ihnen zum Abschluß einige Zeilen daraus vorlesen:
Wie ein Fest nach langer Trauer
wie ein Feuer in der Nacht
ein offnes Tor in einer Mauer, für die Sonne aufgemacht,
wie in Brief nach langem Schweigen,
wie ein unverhoffter Gruß
wie ein Blatt an toten Zweigen,
ein „ich mag dich trotzdem“-Kuß
so ist Versöhnung, so muß der wahre Friede sein
so ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeihn.
Wie ein Regen in der Wüste,
frischer Tau auf dürrem Land
Heimatklänge für vermißte
alte Feinde Hand in Hand
wie ein Schlüssel im Gefängnis
wie in Seenot „Land in Sicht“
wie ein Weg aus der Bedrängnis
wie ein strahlendes Gesicht.
so ist Versöhnung, so muß der wahre Friede sein
so ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeihn.