Liebe Gemeinde
„Wo hast denn des g´lernt?“ – Sie kennen den Satz?
„Wo hast denn des g´lernt?“ Das fragt die Mutter ihren Sohnemann, wenn er mal wieder irgendein neues Schimpfwort daherbringt.
„Wo hast denn des g´lernt?“ Das fragt der Meister seinen neuen Gesellen, der in der Backstube den Teig ganz anders zusammenrührt, als er das bisher gekannt hat.
„Wo hast denn des g´lernt?“, fragt der Englischlehrer den bisher miserablen Schüler, als er ihm die erste Probe nach den Ferien mit einer „eins“ zurückgibt.
„Wo hast denn des g´lernt?“ – Das frage ich mich immer wieder dann, wenn jemand etwas anderes sagt, oder anderes tut, als ich es eigentlich erwartet hätte. Das kann mich interessieren, oder auch mal ins Schleudern bringen. Auf jeden Fall frage ich mich: Wie kommt er oder sie da drauf? Wo hat sie das her?
Diese Frage haben sich offensichtlich auch die Zeitgenossen um Jesus gestellt:
Jesus aus Nazareth war ja in vielen Dingen anders. Kam mit neuen Gedanken daher. Stellte so manches, was man schon ewig so gemacht hatte, in Frage.
Wie kommt er da drauf? Woher nimmt er sich das Recht so ungewohntes zu behaupten? Bei welchem Rabbi ist er in die Schule gegangen? Oder hat er sich das alles selber zusammenphantasiert?
So gehen manche in Jerusalem auf ihn zu: „Jesus, wo hast denn des g´lernt?“
(Der Predigttext)
Unser Predigtext gehört zur Antwort Jesu auf diese Frage.
Ich lese aus dem 8. Kapitel im Johannesevangelium:
Der mich gesandt hat, ist wahrhaftig,
und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt.
Sie verstanden aber nicht, daß er zu ihnen vom Vater sprach.
Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin und nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich.
Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Er läßt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt.
Als er das sagte, glaubten viele an ihn.
(Jesus als Botschafter Gottes)
„Wo hast denn des g´lernt? Wo kommt das her, was du da sagst?“ Das hat man ihn gefragt. – Jesus antwortet: Von dem, der mich gesandt hat – Von Gott selbst. — Und seine Gesprächspartner, die können damit erst mal nichts anfangen: Das ist für sie auch völlig abwegig: Dass einer kommt und behauptet: „Was ich euch sage, das kommt genau so direkt von Gott“.
Nein, das können sie sich nicht vorstellen. Dass da einer ihnen als direkter Botschafter Gottes Willen sagt. Sie wissen, dass wir Menschen immer nur annäherungsweise ahnen können, was Gott wirklich will. Sie haben die alten Schriften, die Propheten, aber trotzdem, im Alltagsgeschäft tun sie sich immer wieder schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Natürlich gab es immer wieder Lehrer, die aufgetreten sind und behauptet haben, ganz genau zu wissen, was Gott will. Aber oft waren es nur Besserwisser, die in Wirklichkeit genauso wie alle anderen auch nur im Trüben fischten.
So ein direkter, heißer Draht zu Gott, das wäre wunderbar. Jesus behauptet das von sich: Ich verkünde euch genau und authentisch wie Gott ist, und was er will. Mit Brief und Siegel bis aufs letzte I-Tüpfelchen.
Und das macht Jesus auch. Und wo er das tut, erscheint der Wille Gottes in einem für die Menschen ganz ungewohnten Licht:
~ Die Meute, die eine Ehebrecherin mit Hinweis auf Gottes Gesetz steinigen will, weist er zurück: Erinnert sie daran, dass sie alle Schuld vor Gott haben. Und er vergibt ihr.
~ Von Gott erzählt er in Gleichnissen. Spricht davon, dass Gottes Herrlichkeit im Kommen ist … verborgen, wie Samenkörner in der Erde..
~ Und jenen, die den Sabbat eisern halten bis zur Selbstaufgabe, sagt er: Gott hat den Sabbat für euch gemacht, um euch etwas Gutes zu tun, nicht um euch zu knechten.
Das, was Jesus hier von Gott erzählt ist für viele ganz ganz ungewohnt. Und darum muss er sich kritische Fragen gefallen lassen: „Wo hast denn des g´lernt?“ – Jesus, wo ist der Beweis, dass es Gottes Worte sind, die du hier redest?
(Verstehen … erst ab Ostern)
Liebe Gemeinde,
Jesus muss vorerst den handfesten Beweis schuldig bleiben, dass er der Gesandte Gottes ist. Aber er kündigt bereits an:
Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin und nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich.
Jesus nennt schon einen Zeitpunkt, an dem es erkennbar werden wird, dass er hier zu recht von Gott redet. – Wenn er erhöht wird; sagt Jesus.
Mit „Erhöhung“ meint Jesus aber keine Jubelfeier, keine Thronbesteigung, keine spektakuläre Himmelfahrt: Er meint seine Kreuzigung; wo er an das Holz hochgehängt wird – darum erhöht wird. – Und die Auferstehung Jesu gehört auch dazu – von ihr können wir die Kreuzigung nicht ablösen.
An Kreuz und Auferstehung, so kündigt Jesus es an, sollen die Menschen erkennen, dass Gott zu Jesu Worten steht. Denn der Schöpfer der Welt hat diesen Mann aus Nazareth nicht im Grab gelassen, wie so manche besserwisserische Wanderprediger vor ihm. Er hat ihn von den Toten auferweckt; und damit den, der von den Menschen verworfen wurde, wieder ins Recht gesetzt.
Die Auferstehung als bestätigende Unterschrift Gottes unter Leben und Sterben Jesu.
Auch für die Jünger, die Jesus dann als Auferstandenen gesehen haben, war wohl erst nach Ostern klar, wer Jesus wirklich ist. Eben mehr als ein begabter Prediger.
(Jesus = „Gott unter den Menschen“ )
Und auch mehr, als ein Sprachrohr oder Botschafter Gottes!
Jesus sagt im Predigttext: Der mich gesandt hat, ist mit mir. Er läßt mich nicht allein;
Ich gebe zu: Dieser Satz kommt recht harmlos daher: Er klingt so ähnlich wie „Gott mit dir du Land der Bayern“. Aber da steckt buchstäblich mehr dahinter.
Gott ist mit Jesus – mit Jesus ist Gott unterwegs. Durch Galiläa und Judäa ist Gott selbst dabei. Das nennen wir „Gottes Sohn“:
In diesem Jesus wird Gott als Kind geboren.
In diesem Jesus erzählt Gott selber von sich.
In diesem Jesus streitet Gott darum, dass Menschen seinen Willen verstehen.
Und: In diesem Jesus zuckt Gott auch nicht zurück, als am Karfreitag die Römer mit Holzkreuz, Hammer und Nägeln kommen.
In Jesus war Gott dabei, auch am Kreuz.
Das ist auch eine Botschaft Gottes:
– Ich war und bin mitten unter euch. Nicht nur in den heiligen Hallen von Jerusalem, Rom oder Gollhofen. Sondern auch bei euch daheim. Im Haus, im Hof, in der Schule, auf der Arbeit.
– In Jesus habe ich das ganze menschliche Leben durchlebt: Von der Geburt bis zum unmenschlichen Tod am Kreuz. Ich weiß es, wie es ist, wenn an fröhlich auf einer Hochzeit feiert. Und ich weiß, wie es ist, wenn man Angst hat, wenn die besten Freunde versagen, wenn man sie am nötigsten hat.
(Abschluss „Vertrauen fassen“)
Der Predigttext schließt mit einer trockenen Feststellung: Als er das sagte, glaubten viele an ihn.
„Sie glaubten an ihn“ – Das bedeutet mehr als nur „ja ja, wirst schon recht haben“ sagen. „Glauben“ heißt in der Bibel, dass man sein Vertrauen auf jemanden setzt; dass man sich auf jemanden verlässt.
Auf diesen Gott, der mit Jesus Christus zu uns Menschen kam, auf den kann man sich verlassen. Weil er uns liebt, weil wir ihm wichtig sind.
– So wichtig, dass er in Jesus Christus uns von sich selbst erzählt hat.
– So wichtig, dass er es auf sich genommen hat, in seinem Sohn unser menschliches Leben zu teilen – mit allem Frohen und Leidvollen.
Er kennt unser Leben, freut sich, wenn wir ihm vertrauen. Und wenn wir ihm sagen, was uns bewegt, hört er uns zu wie ein Vater, der das Leben eben kennt.
AMEN