Predigt: Der Himmel reißt auf! (Bild-Predigt) 25. Dezember .2001, 1. Weihnachtstag:

Liebebpred42 Gemeinde,

ein Bild möchte ich mit ihnen heute gemeinsam betrachten.Ich hoffe dass jeder und jede von ihnen ein Exemplar vor sich hat. Schauen Sie es sich in Ruhe an.

– – Menschen im Dunkel – – Bild vom Beate Heinen. (Hrsg.: Gottesdienstinstitut Nürnberg)

Viele Menschen kann ich auf dieser Karte erkennen: sie scheinen alle in die gleiche Richtung zugehen: von links nach rechts. Aber ich kann die Menschen nicht genauer kennen. Als anonyme Masse streben sie durch das Bild. Das alles erscheint recht trist.

Unaufhaltsam laufen sie oder marschieren; leicht gebückt.

Diese Menschen haben eigentlich gar keine Farbe. Jedenfalls hat nicht jeder eine eigene: Irgendwie spiegelt jeder das farbliche Mischmasch seiner Umgebung wieder. Da kann ich keinen erkennen. Sie sind kaum zu unterscheiden.

Vielleicht sind das auch überhaupt keine Menschen, sondern bloß leere Hüllen. Wer weiß?

Die kommen von irgendwoher und gehen irgendwohin. Wohin? – das weiß man nicht. Ihr kommen und gehen scheint belanglos; ihr werden und vergehen interessiert nicht, ist irgendwie egal.

 

Das erinnert mich an Bilder von Flüchtlingsströmen. Ich denke an die aktuelle Berichterstattung aus Afghanistan oder an alte Bilder von Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. Da sind Massen von Menschen unterwegs, in denen der einzelne belanglos ist. In der Masse zählt das Einzelschicksal kaum mehr. Der einzelne geht unter in der Masse.

 

– – Das Paar mit dem Kind – –

Mitten in dieser Masse stechen dann doch einige Personen heraus. Sie gehen nicht unter in farbigen Mischmasch der vorbeiziehenden. Die Künstlerin hat sie mit warmen Farben gemalt und ihnen einen Goldton verliehen. Und: sie haben Gesichter – man kann sie als Menschen erkennen. Sie kann ich von den anderen unterscheiden. Dieses Paar ist kein anonymes Schicksal auf der Weltkugel mehr.

Und wir können Sie ja auch tatsächlich identifizieren: Es sind Maria mit dem Jesuskind und Joseph.

 

Sie sind ganz anders gemalt aber zugleich gehören sie zu den Menschen in dieser Menge dazu. So, wie es gemalt worden ist, wird deutlich: Eigentlich gehören die drei mit zu dieser entlangziehenden Menge. Und nur dort, wo quasi ein Riss durch diesen Vorhang der Trübsal senkrecht durchs Bild geht, dort kann man erst die Gesichter der drei erkennen.

 

Joseph Maria und das Kind sind eben nicht von einer anderen Welt, sondern sie gehören zu den ganz normalen sterblichen Menschen, sind eigentlich doch ein Teil dieser Masse, in der Einzelne gar kein Gesicht mehr hat.

Und dennoch: Dadurch, dass da es was „anders“ ist, fallen sie aus dem beängstigenden, trostlosen Einerlei heraus.

– – der Riss: Oh Heiland reiß die Himmel auf – –

Die Malerin Beate Heinen hat diesem Bild den Titel gegeben „Oh Heiland reiss die Himmel auf“. Und man kann es auf dem Bild ja buchstäblich sehen: Diesen Riss!

Hier hat Gott den Himmel aufgerissen, und Gottes Licht scheint auf die Erde und der Strahl trifft diese Menschen: Josef und Maria stehen plötzlich im Licht Gottes.

Gottes Lichtstrahl scheint auf die beiden und es wird ein Kind geboren, das diese Welt verändern wird.

 

Auf dieser Erdkugel, über die trostlos Menschen ohne Gesicht laufen, dort berührt der Lichtschein von Gottes Herrlichkeit den Erdboden – in Bethlehem zum ersten Mal. Und dort geschieht ein Wunder, erscheinen Engel, werden Sterne zu Wegweisern in Israel.

Und dieses Kind, das dort geboren wurde wird später von sich sagen können: “ ich bin das Licht der Welt „.

– – Menschen in Gottes Schein – –

Liebe Gemeinde,

Gott hat den Himmel geöffnet, damit sein Licht auf die Erde scheint. Josef und Maria mit dem Kind hat dieser goldene Schein getroffen und hat ihr Leben geprägt. Sie haben ein Gesicht bekommen, warme Farben zeichnen sie aus.

Der Himmel, von dem dieses Licht ausgeht, das Menschen zu Menschen macht, ist immer noch offen. Immer noch strahlt dieser Schein von Gott zu den Menschen.

Ich sehe mir noch einmal diese dunklen, dahinziehenden Gestalten auf der Karte an. Was für Gesichter kämen da zum Vorschein, wenn das himmlische Licht sie treffen würde? Ganz verschiedene Personen würden wir da zu sehen bekommen. Lauter individuelle Menschen, mit eigenen Farben, die man bisher nicht sieht, weil Gottes Licht nicht auf sie scheint. Geschöpfe Gottes würden wieder aufblühen zu dem, was sie sind:

~ Gottes Gegenüber mit einem Gesicht.

~ Mit Augen, die Gottes Schöpfung bewundern,

~ mit einer Nase, die vielleicht sogar Schnee riechen kann,

~ mit einer Haut die Wind spüren kann

~ und einem Mund, der Gott loben kann.

Oh Heiland, reiß die Himmel auf“! Das ist ja nicht nur der Titel dieses Bildes, sondern auch ein Lied, in dem der Komponist Friedrich Spree seine Bitte an Gott richtet: „o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein“.

 

Weihnachten ist einer der Zeitpunkte,  an denen  wir uns wieder einmal neu orientieren können. Wo wir uns bewusst machen sollten, von wem wir das Licht erwarten können, das unser Leben hell macht.

Lichter, Sterne und Sternchen gibt es viele. Aber das Licht vom Himmel kommt auch nur aus dem Himmel, von Gottes Sohn.

„Glaube“ – das ist die Haltung, in der man das Licht von Gott erwartet.

Haben sie schon einmal genau der Maria auf diesem Bild ins Gesicht gesehen?

Ich glaube die schaut Sie direkt an. Mit so einem fragenden, vielleicht sogar skeptischen Blick. Ich habe mir überlegt was sie mich fragen könnte.

 

Ich sage es ihnen nicht.

Ich lade sie dafür ein, eine Minute lang dieser Maria ins Gesicht zu schauen. Und für sich selber im Herzen zu formulieren was sie ihnen sagt oder was sie sie fragt.

 

Amen

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