Predigt: Alles hängt an einer Frage (Joh 21, 9-19) 14. April 2013

Johannes 21, 9-19

Dreimal fragt der auferstandene Jesus seinen Jünger Petrus: “Hast du mich lieb?”. Dreimal – so oft, wie Petrus ihn zuvor verleugnet hatte.

Liebe Gemeinde,
unser heutiger Predigttext steht im letzten Kapitel des Johannesevangeliums. Dort begegnet der auferstandene Jesus seinen Jüngern am See Tiberias. Dabei kommt es auch zu einem Gespräch zwischen Jesus und dem Jünger Petrus, den er hier mit seinem „zweiten” Namen Simon anspricht:

Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!


16 Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
17 Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
18 Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst.
19 Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach! (Johannes 21, 9-19)

Petrus und die drei Fragen

Liebe Gemeinde,
es gibt Begegnungen, um die beneidet man Niemanden. Dieses Zusammentreffen zwischen Jesus und Petrus gehört wohl dazu. Ich denke, dass Simon Petrus genauso wie alle anderen Jünger glücklich, erleichtert und aufgewühlt war, als sie erfuhren, dass Jesus auferstanden war. Aber bei ihm war da noch etwas Anderes: Die Erinnerung an Jesu Gefangennahme am Gründonnerstag und an sein eigenes Versagen am Lagerfeuer im Hof des Hohepriesters: Drei Mal hat Petrus geleugnet, dass er Jesus kennt. Drei mal hat er den, dem er kurz zuvor noch Treue bis in den Tod geschworen hat, verraten. Bis der Hahn krähte.

Er ist sich bewusst: Wenn er sich in diesem Moment zu Jesus bekannt hätte, hätte es nichts am Lauf der Dinge geändert. Aber er erkennt das eigene Versagen in diesem dramatischen Moment – die Kapitulation des Glaubens gegenüber der nackten Angst. Das hat sein Selbstbewusstsein nahezu völlig aufgefressen. Der große Petrus, der bedeutende Jünger Jesus war nur noch ein Schatten seiner selbst.

Ob die anderen Jünger davon wussten? Hat Petrus ihnen von seinem Scheitern erzählt – vielleicht um von ihnen getröstet zu werden? Oder hat er diese Szene für sich behalten – voller Scham über das, was da passiert ist? Jetzt, nach Ostern, mischt sich in alle Freude bei Simon Petrus diese Erinnerung an jenen finsteren Moment.
Und genau da fragt Jesus sehr konkret nach: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?
Eine ganz einfache Frage. Ja oder nein?
Da ist kein Platz für ein ausweichendes Drumherumgerede.
Eine klare Frage will eine klare Antwort.

Und das ganze geschieht drei mal. So wie Petrus am Lagerfeuer auch drei mal Jesus verleugnet hat. – So fordert Jesus drei mal ein klares Bekenntnis: „Hast du mich lieb?” So beklemmend das auch erscheint: Es ist für Petrus der Weg, den er braucht:  Jesus fordert von Petrus keine Erklärung oder Entschuldigung für sein Versagen am Gründonnerstag. Er macht ihm keine Vorwürfe über das, was war; sondern er blickt nach vorn:
Liebst du mich? – Ja! – Dann weide meine Schafe.
Der Auferstandene führt Petrus aus seinem Selbstzweifel und Schuldgefühlen heraus zu einem Blick in die Zukunft, und gibt ihm eine verantwortungsvolle Aufgabe.
Der, der versagt hat, empfängt Vergebung und einen neuen Anfang in Form einer verantwortungsvollen Aufgabe.

Entschlossenheit – auch mit einer Prise Knieschlottern

Liebe Gemeinde,
einmal hat Petrus mit großen Worten Treue versprochen, und ist gescheitert. Und nun hat er im zweiten Anlauf nur eines klären müssen: „Liebst du Jesus?” – und damit war alles gesagt: Petrus macht sich auf den Weg als Apostel, der mit seinem Leben und Predigen Großes bewegen wird, sogar im damaligen Weltzentrum Rom wirken wird und bereit ist, für seinen Glauben zu sterben.

Entschlossenheit ist keine Frage der großen Worte und Versprechen. Es geht darum, zu wissen, was man will, was einem wichtig ist, wen man lieb hat. Gerade erst haben wir hier Konfirmation gefeiert. Ein gro ßes Fest mit viel Drumherum. Aber letztlich geht es darum, eine einzige Frage, klar zu beantworten: „Willst du ein Leben als Christ führen?” – „Ja, mit Gottes Hilfe”.

In unserer volkskirchlichen Situation ist unser Glaube zu einem großen Teil etwas, in das wir hineinwachsen: Werden getauft, erfahren von Eltern, im Kindergarten und in der Schule einiges über den Glauben und erleben auch, wie christliches Leben aussieht. Aber letztlich kann dir niemand die Entscheidung abnehmen, zu sagen: Ja, ich will als Christ leben. – So wie Petrus sich entscheiden musste „Ja, ich habe dich lieb” – und auch bereit war, diese Entscheidung mit Leben zu füllen. Damit diesen klaren Worten auch Taten folgen.
Wobei ich damit gerade uns alle meine. Und bewusst nicht darüber klagen will, dass Konfirmanden nach ihrer Konfirmation eher selten in unseren Gottesdiensten zu sehen sind. Denn erstens geht es im Glauben um mehr als lediglich den Gottesdienst. Und zum zweiten müssen wir uns als Kirche heute die Frage gefallen lassen, wie wir unsere Gottesdienste so gestalten könnten, dass Menschen unter 30 sie als „ihre” Gottesdienste wahrnehmen.
Aber das ist ein anderes Thema – ich wollte nur sicherstellen, dass nicht als Predigtthema hängenbleibt: Der Pfarrer schimpft über die fehlenden Ex-Konfirmanden.

Weide(t) meine Schafe!

Es geht um uns, die wir hier sitzen! Wir stehen in der Nachfolge der Jünger; und auch in der Nachfolge dieses Petrus.
Als Menschen, die wahrscheinlich auch die Erfahrung gemacht haben, dass sie nicht immer den selbstgesetzten Ma ßstäben gerecht geworden sind. Und doch hat Jesus ja genau diesem Petrus gesagt: Weide meine Schafe! Du sollst Hirte sein, du sollst anderen den Weg des Glaubens zeigen; ihnen weiterhelfen, wenn sie die Orientierung verloren haben, sie trösten, wenn es ihnen schlecht geht.

Hirte sein. Das sollen wir alle einander sein. Das ist ein wichtiger Grundgedanke des Christentums.
Als Mutter oder Vater Hirte sein für die eigenen Kinder oder sein Patenkind. Ebenso als Oma oder Opa.
Im Kindergarten für die anvertrauten Kleinen.
Als Mitarbeiterin im Kindergottesdienst ist man Hirtin für die, die da kommen.
Zuletzt sind wir als Pfarrer, Bischof oder Papst auch als Hirten in größeren Zusammenhängen tätig.
Hirte sein – von Jesus begleitet werden, und für andere da sein.
Das ist die Aufgabe für uns als Christen.

Schon Jesus hat mit Petrus und den anderen Jüngern sehr unterschiedliche Menschen ausgesucht. Nicht nur die besten und perfekten. Ja er hat auch mit Petrus einen gewählt, der erst kurz zuvor böse auf die Nase gefallen war und sich damit eigentlich für so eine verantwortungsvolle Aufgabe disqualifiziert hatte.

An ihm wird sichtbar: Zentral ist die eine Frage, die Jesus stellt: „hast du mich lieb”.  – An dieser Frage hängt alles!

Amen

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