Symbolpredigt: Die Kerzenflamme aus Bethlehem – 25. Dezember 2022

person holding lighted candle

Die Kerzenflamme

Kerzen gehören zum Weihnachtsfest dazu. Die Predigt blickt auf die Kerze, die sich selbst verzehrt, auf ihr Potential große Feuer zu entzünden, und die Zerbrechlichkeit einer „candle in the wind“.


Liebe Gemeinde,
Weihnachten ohne Kerzen … das kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Überall brennen und leuchten sie in diesen Tagen, verbreiten ihr angenehm warmes Licht, flackern, malen im Dunkel unentwegt ihre Lichtfiguren an Wand und Decke. Kerzenschein löst ganz viel in uns aus. Auch wenn LED-Lämpchen auf dem Vormarsch sind: Eine Kerze können sie nicht ersetzen.

Auch wenn zur Zeit von Jesu Geburt Kerzen eine Seltenheit waren, sondern man in Israel meist Öl-Lampen verwendet hat: Kerzen und Weihnachten gehören für uns zusammen – vielleicht, weil sie Kerze und ihre Flamme so viele Botschaften mitbringt, die man auf den ersten Blick oft übersieht. Darum möchte ich mit Ihnen heute morgen ein bisschen genauer hinschauen – auf Kerze und Flamme.

Die Flamme, die sich selbst verzehrt

Meine erste Beobachtung kennen wir alle: Eine brennende Kerze wird mit der Zeit immer kürzer. Um zu brennen verzehrt sie das Wachs, aus dem sie geschaffen wurde. Sie kann nicht brennen, ohne gleichzeitig sich selber, das was sie ist, herzugeben. Nur, wenn sie nicht brennt, bleibt sie erhalten.
Wer seine Kerzen ewig behalten will, darf sie nicht anzünden – aber dann fragt man sich, wozu die Kerze denn eigentlich da ist.

Anderen Licht zu bringen – um den Preis, dass man sich selbst dafür aufgeben muss. Sie merken, wie schnell wir da bei Jesus Christus sind. Der sein Leben für uns gegeben hat. In der Krippe hat dieses Licht begonnen zu leuchten, war für die Menschen da … hat sich selber nicht geschont, hat keine Rücksicht auf sich selbst genommen, bis zum Ende.

Jesus als Gottes Kerze, die sich für die Menschen selbst verzehrt hat. Dazu war er bereit. Nur so konnte er das Licht zu den Menschen bringen, Licht für diese Welt sein.

Er hätte auch entscheiden können: Ich gebe meine Göttlichkeit nicht auf, ich riskiere es nicht, auf dieser Welt verheizt zu werden. Dann hätte sich nichts geändert, dann hätte es kein Weihnachten gegeben, kein Ostern  – kein Licht.

Manchmal erleben wir auch an uns selbst, dass es uns wie einer Kerze geht. Wo wir für etwas brennen und uns dabei auch verbrauchen. Unsere Kraft, unsere Liebe, unsere Lebenszeit. Wir haben nur dieses eine Leben, und da ist die Frage: Wofür will ich mich verzehren? Was ist es mir wert?

Eltern kennen es, dass wir uns für unsere Kinder verschleißen. Bereit sind körperlich und psychisch über unsere Grenzen zu gehen. Es fällt vielen auch nicht leicht, hier Grenzen zu ziehen.
Nicht nur in der Kirche erleben wir, wie Ehrenamtliche in vielen Bereichen brennen: Mit Leidenschaft sich engagieren, sich von fehlender Wertschätzung und den Widrigkeiten des Alltags nicht entmutigen lassen. Menschen, die Lebenszeit und Kraft opfern.

Und sicher gibt es Momente, wo du dich dann fragst: „Warum mache ich das eigentlich? Lohnt sich das? Wofür arbeite ich mich da auf?“

Und dann denkst du: was wäre die Alternative? Wie eine unangebrannte Kerze in der Schublade liegen? Mich aufsparen für … ja wofür denn? Das Leben ist ja eh recht kurz. Wenn ich schon eine Kerze sein kann, will ich auch brennen, etwas weitergeben. Licht sein. Wärme verbreiten für diese Welt.

Ein Funke kaum zu sehn, entfacht doch helle Flammen

Liebe Gemeinde, Ein Funke kaum zu sehn, entfacht doch helle Flammen, und die im Dunkel stehn, die ruft der Schein zusammen. So singen wir manchmal im Lied „Ins Wasser fällt ein Stein“.

Ja, mit einer kleinen Flamme kann ich viel auslösen. Dieses kleine Flämmchen kann ich nutzen, um ein Lagerfeuer anzuzünden, an dem wir fröhlich mit einem Glühwein zusammenstehen. Oder sie kann einen trockenen Christbaum entflammen und eine Katastrophe auslösen.

Die kleine Flamme hat ein riesiges Potential. In jede Richtung! Jesus hat einmal gesagt: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen; was wollte ich lieber, als dass es schon brennte!“ (Lukas 12,49)

Ein Satz, der uns Angst macht? Mit zweitausend Jahren Kirchengeschichte haben wir genügend Beispiele, wo entfesselter religiöser Fanatismus Menschen ins Unglück gestürzt hat. Von den Kreuzzügen, über Hexenwahn bis zu Kirchen, die meinen, die Verbrechen ihrer Amtsträger vertuschen zu müssen.

Das ist aber nicht das, was Jesus gemeint hat. Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen. Wie wäre es mit einem Flächenbrand an Glaube, Liebe und Hoffnung? Dass unser Glaube eben nicht nur Privatsache in den eigenen vier Wänden ist. Sondern dass wir nicht hinterm Berg halten mit unserem Glauben? Unsere Welt braucht ihn eigentlich mehr denn je!

Hoffnung statt der Vorstellung, dass alles immer schlimmer wird und den Bach runtergeht.

Liebe … ja Nächstenliebe, die den anderen verstehen und akzeptieren will, statt jeden abzulehnen, der mir nicht passt. Liebe statt Hass und Hetze.

Glaube … diese innere Gewissheit: Wir haben einen Gott, der es gut mit uns meint. Der uns nicht alleine lässt, auch wenn wir ihn nicht immer verstehen.

Klingt das ein bisschen zu groß? Überfordernd? Ein Funke kaum zu sehn, entfacht doch helle Flammen, und die im Dunkenl stehn, die ruft der Schein zusammen. Im meinem kleinen Flämmchen steht genügend Potential. Um um mich herum Menschen mit dem anzustecken, was gut und wichtig ist.

Candle in the Wind

Liebe Gemeinde, ich habe noch ein anderes Kerzen-Lied: „Candle in the Wind“ von Elton John. 1973 hat er es komponiert, und Jahre später zur Beerdigung von Lady Diana überarbeitet – so wurde ein unvergessliches Lied daraus. Mit diesem Refrain: „And it seems to me you lived your life like a candle in the wind“: Ich habe den Eindruck, du hat dein Leben gelebt wie eine Kerze im Wind.

Ja, die Kerze im Wind hat es nicht leicht. Das kennen wir alle. So schnell ist sie ausgeblasen. Da braucht es gar nicht viel. So zerbrechlich ist unser menschliches Leben.

Da bin ich ganz schnell beim Kind in der Krippe. Das war ja von Anfang an den Stürmen der Welt ausgesetzt. Unter schwierigen Bedingungen in einem Stall kommt es zur Welt, Herodes trachtet ihm nach dem Leben. Und auch als Erwachsener muss Jesus mit der Ablehnung einflussreicher Personengruppen leben. Dass man ihn offen anfeindet. Mordpläne geschmiedet.

Ist es nicht seltsam: Zum einen steckt in der kleinen Flamme so gigantisches Potential, und zugleich ist sie auch immer bedroht, und ein kräftiger Hauch kann sie ausblasen.

Es erscheint so widersprüchlich in sich selbst.
Dass das Große so klein ist.
Der Mächtige so schwach.
Der Ewige su zerbrechlich wird.

Das ist das Geheimnis von Weihnachten. Dieser Widerspruch, an dem wir uns immer wieder abarbeiten können. Und den Kopf zermartern … oder wir setzen und im Dunkel vor eine Kerze. Lassen dieses besondere Licht auf uns wirken. Spüren, was diese Atmosphäre in uns auslöst. Erleben die Geborgenheit im Halbdunkel.

Achja… manchmal erwischt ein böser kalter Windzug meine Kerze, und dann ist es scheinbar aus. Und eine schmale weiße Rauchsäule steigt auf und sagt mir: Das wars wohl…

Aber manchmal nur scheinbar. Viele kennen es: wenn ich mit einer Flamme den weißen Rauch berühre, kann es sein, dass die Kerze wieder neu aufflammt.

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus.  Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen, bis er auf Erden das Recht aufrichte“ (Jesaja 42, 3-4) Diese Worte des Propheten Jesaja hat Jesus auf sich selbst bezogen. Er wusste, das er eine Flamme im Wind war, aber er wusste auch, dass Gott ihn nicht alleine lassen wird.  Dass nach Karfreitag Ostern kommen würde.

Damit die Flamme weiter brennen wird, und hinausgetragen wird in alle Welt. Die Flamme, die da in Bethlehem zu leuchten begonnen hat.

Amen

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Ein Kommentar

  1. schönes Leitmotiv…. und das Licht erschien in der Dunkelheit, die göttliche Dimension des Lebens…, auch als Kerze/n!

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