Predigt zur Kirchweih: Aus Psalm 84 werden Kerwa-Lieder (Oktober 2022)

Psalm 84 als Kerwa-Lied

Kerwa-Liedli (Kirchweih-Lieder) sind kurz, prägnant und nehmen kein Blatt vor den Mund. In unserem Kirchweih-Gottesdienst haben wir Wallfahrtspsalm mit alten Gedanken einen neuen Klang verliehen.

Hinweis für Nicht-Franken:
Kerwa-Lieder sind 4-zeilige Lieder, die während der Kirchweih-Feste auf der Basis weniger unterschiedlicher Melodien gesungen werden. Manchmal ganz harmlos (Dieie Kerwa is kumma, die Kerwa is do, die Aldn, die brumma, die Junga sen froh.), oder häufig auch derb bis zum Anschlag ( Und wennst maanst du bisd schee, dann wass i fei net, du ghörst doch in Keller und net in mei Bett.).
Für den Gottesdienst sind in Zusammenarbeit mit den Ortsburchen und Madli von Brunn und Wilhelmsdorf die Kerwa-Liedli-Texte entstanden. Am Ande der Seite finden Sie noch einige Links zum Thema.

Liebe Gemeinde,
an der Kirchweih spielt Musik eine große Rolle. Schon am letzten Sonntag ging es im Festzelt mit einer Coverband rund. Klar, die Dürrnbucher Feuerwehrkapelln am Donnerstag. Und am Freitag: Timeskip! Brunn macht den Zeitsprung – aha – musikalisch gings bis in die 70er zurück. So etwas können eigentlich nur wir in der Kirche noch steigern: Musikalisch geht’s heute bis in das 17. Jahrhundert zurück. Ja, gesungen wurde schon immer!

Das hat schon einen Sinn, wenn wir Dinge singen, die man genausogut auch sagen könnte: Es ist etwas anderes, wenn man von der Liebe singt, oder seinen  Kummer rauslässt. Gesungen geht vieles tiefer unter die Haut, da ist man näher an seinen Emotionen.

Das fängt schon bei den Psalmen im Alten Testament an. Da haben die Menschen auch ihre Freude, ihre Sorgen, ihre Wut und ihre Dankbarkeit in singbare Verse gepackt.

Jetzt weiß ich ja: Zur Kirchweih singt man ja auch Kerwa-Liedli. Darum wollen wir heute mal Folgendes versuchen. Wir schauen mal so einen alten Psalm an. Zum Beispiel den Psalm 84 an, den der besingt das Gotteshaus. Das passt ja auch irgendwie zur Kirch-Weih. Natürlich ging es im Psalm um den damaligen Tempel von Jerusalem … gut, da werden wir mal schauen, wie das zu unserer Kirche St.Georg passt.

Dann werde ich darauf schauen, was für Themen da drin stecken. Und schließlich sind dann unsere Ortsburschen und Madli dran, dass als Kerwa-Lied hzinzubekommen. Ob das geht? Versuchen wir es!

Meine Kirche: Ein Ort um zu feiern und ein Ort, um zur Ruhe zu kommen

Ich lese einmal den ersten Teil des Psalmes:

Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth! Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen deine Altäre, HERR Zebaoth, mein König und mein Gott.

Ganz viel Sehnsucht und Wertschätzung für das Gotteshaus lese ich da heraus. Den Wunsch, da immer wieder hinzugehen, und da irgendwie auch selber „zu Hause“ zu sein.

On man sich in einer Kirche wohlfühlen kann, sie irgendwie auch als ein „Zuhause“ empfindet, das hängt wohl nicht nur von der Kirche ab, sondern auch von den eigenen Bedürfnissen.

Manche lieben ja die großen  Kathedralen in den Städten. Hoch ragen sie auf, spiegeln etwas wieder von der Größe Gottes. Transportieren Respekt und Ehrfurcht. Mancher fühlt sich in ihnen dem Himmel ein Stückchen näher – unter der Weite der großen Kuppel. Gerade dann, wenn dort himmlische Szenen gemalt sind – vielleicht so,wie in der berühmten Wieskirche.

Ich bin froh, dass wir keine so riesige Kirche haben. Eine, in der man nicht verloren in einer riesigen Halle sitzt. Grade mal 9 Reihen hat unsere Kirche. Selbet wenn man weit hinten sitzt, man ist immer noch „nah dran“. Nah dran am Altar, an den Menschen, die auch hier sitzen Und irgendwie auch Gott. Diese Kirche sagt mir: Gott ist ganz nah. Und ich kann mich hier rein setzen und mir vorstellen, dass Gott fast neben mir sitzt. So nah, dass ich ihm ohne langes Drumherum mein Herz ausschütten kann.

Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen – Diese Kirche als ein Nest, um mich niederzulassen und um mich geborgen zu fühlen. Gerade wenn diese Welt da draußen mich mal wieder fertig macht. Raus aus den Trubel – und hier mal wieder zur Ruhe kommen. In der besonderen Atmosphäre der eigenen Kirche.

Einfach so – unter der Woche – spontan mal reinsetzen. Offen ist sie ja. Oder am Sonntag, die Atmosphäre spüren, die eben ein bisschen anders ist als der Alltag. Mit den Liedern, den Texten, den brennenden Kerzen. Die Atmosphäre erleben … ja vielleicht ist da die Predigt gar nicht immer so wichtig, wie der Pfarrer das allgemein denkt. Kirche: Ein Raum der einfach anders ist.

Und jetzt hören wir mal, wie das klingt, wenn aus diesen Psalm-Gedanken Kerwalidli werden.

Die Kerch nebern Gmahaus steht ewig scho da
do sing mer die Liedli mit Halleluja

Sankt Georg, so hasst se bald dreihunnert Jahr
zur Kerwa sin mier da ja des ist scho klar

Drin in der Kirchbenk ach, is da schee still
da mach ich mei Augn zu und denk was ich will.

Vertrauen haben, auch wenn alles mal so richtig schief läuft

Zurück zum Psalm:
Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar. Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln!
Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.  Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion.

„Sag amol, was hab ich eigentlich groß davon, wenn ich in der Kirche bin?“ Dem, der so eine Frage stellt könnte man ja glatt diesen Teil des Psalms unter die Nase halten.
Denn das klingt fast wie eine Werbebroschüre für den Glauben. Und zwar eine, die ganz schön dick aufträgt: Wer Gott vertraut, der zieht auch durch dürre Täler und wie durch ein Wunder verwandeln sie sich in Oasen. Und er schreitet von einer Kraftquelle zur nächsten.

Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Nunja, derjenige der das geschrieben hat, hat anscheinend so eine Erfahrung gemacht.

Und da ist er nicht der Einzige. Es gibt Momente und Situationen, wo man merkt, jetzt wird’s kritisch. So sehr du vielleicht bisher alles gut im Leben hinbekommen hast: Jetzt kommst du an deine Grenzen – und da musst du jetzt durch.

Denn es gibt nicht für alle Krankheiten eine Medizin. Nicht für jede kriselnde Beziehung die rettende Strategie. Nicht für jeden Lebensweg einen perfekten Plan B.

Schwere Zeiten aushalten. Krisen überstehen. Manche Ungerechtigkeit auf dieser Welt zu sehen und nicht dabei verrückt werden. Das ist eine Kunst! Wir leben in einer Welt, die nie perfekt sein wird.

Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln! Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.
Das heißt längst nicht, dass dann alles in Butter ist. Aber Dürren zu überstehen und am Wegesrand eben doch mal eine kleine Kraftquelle entdecken. Zu erleben, wie es ist, wenn man am Ende ist – dann zu beten und zu erleben, dass einen das ein bisschen weiterträgt. Zumindest für den nächsten Tag. – Auch so kommt man weiter.

Wenn wir davon reden, dass Gott uns segnet, ist das nicht das Verprechen, dass es im Leben nur gut läuft und dass uns nichts passiert. Aber es ist die Zusage, dass Gott uns auch in schwierigen Momenten nicht vergisst.

Manchmal muss ich da an die Geschichte von Josef von Agypten denken. Dieser Sohn des Jakob, der verhätschelte Lieblingssohn, der von seinen neidischen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft wurde. Als er sich dort als Sklave doch ein bisschen hochgearbeitet hatte, wird er Opfer einer Intrige und wandert unschuldig ins Gefängnis. Lange muss er dort aushalten, bis sich sein Schicksal dann doch zum Besseren wendet.
So oft war er das Opfer. Aber am Ende ist es doch gut ausgegangen, und er war es, der letztlich später in seiner Position den Brüdern das Leben retten konnte. Aber auch nur, weil er genau diesen Weg durchgemacht hatte.

Und jetzt hören wir mal, wie das klingt, wenn daraus Kerwalidli werden.

Ich hab amol a Krisen g´habt do gings mer richtich dreckert
aff amol isses besser worn da hilft net es Meckern

A wenn ich manchmal greina tu schimpf wie a Bürschtenbinder
da fällt mir doch gleich wieder ei : Mir senn doch Gottes Kinder

I wollt i wär im Himmel drohm und tät mein´  Gott verstehng
er sochert mir: Ich hab dich gern und schenk dir etz mein Segn.

Meine Hoffnung: Dass unterm Strich die Guten nicht die Dummen sind.

Hören wir die letzten Zeilen des Psalms:

HERR, Gott Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, Gott Jakobs!
Gott, unser Schild, schaue doch; sieh an das Antlitz deines Gesalbten!
Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in den Zelten der Frevler.  Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; der HERR gibt Gnade und Ehre.  Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.  HERR Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

Eine Zeile ist es, die es mir angetan hat: „Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in den Zelten der Frevler.

Wie will ich leben?
Was ist mir wichtig?
Für welche Werte will ich einstehen?

Ich bin ja immer wieder damit konfrontiert, dass es Menschen gibt, die das, was mir wichtig ist mit Füßen treten. In der Wirtschaft, in der Politik, im eigenen Umfeld. Die denken nur an sich, und ihr eigenes Fortkommen. Solidarität, Freundschaft, Rücksicht, Nächstenliebe: Fremdworte.

Und es macht mich wahnsinnig, wenn ich erlebe, wie die dann scheinbar das bessere Leben haben. Mehr Geld, mehr Freizeit, und vielleicht auch noch genügend Dumme, die so ein Verhalten auch noch bewundern. Manchmal könnte man ja nur noch schreien!

Aber moment: Verantwortlich sind die für sich selbst. Und ich für mich! Ich darf und muss selbst entscheiden, wie ich leben will; was für ein Mensch in sein will.
Will ich mit den Frevlern in deren Luxus-Zelt wohnen, wohl wissend, dass für diesen Luxus viele andere Menschen des Preis gezahlt haben?
Oder doch lieber auf dem Klapstuhl vor der Kirchentüre hocken und etwas tun, wovon alle etwas haben?

Das ist eine Entscheidung, die muss jeder für sich selber treffen. Und jeder muss wissen, wie gut das dann noch klappt, dass man in den Spiegel schauen kann.

Damit löse ich nicht den Ärger über all diese Ungerechtigkeit. Aber ich schaffe es vielleicht, mich davor zu bewahren neidisch auf diese Menschen zu sein. Denn Neid hat uns noch nie weitergeholfen. Nicht umsonst haben wir gleich zwei von den 10 Geboten, die sich damit beschäftigen, dass es nicht gut ist, das zu begehren, was der Andere hat.

Ich kann nicht ändern, was andere für Mist machen. Aber ich habe mein Verhalten und auch meine Einstellung selbst in der Hand. Ich kann entscheiden, wie ich lebe, welche Werte ich habe und wie ich meinen Glauben lebe.

Sie ahnen es: Auch dazu gibt’s gleich 3 Kerwa-Liedli. Und die lassen uns den Ärger über den Frevler mal so richtig spüren.

In Nermberch wohnt a Riesendepp, der fährt a tei´re Schäsn
und wenn er kan´ bescheißen könnt dann wärs a goarnix gewesen.

Den hätt i gern mid Dreeg ogschmierd, und Federn ieberzung,
an Flederwisch in Oarsch neigschom,  scho ist des Berschla gflung.

Und so a Depp will ich net sei, da bin ich echt a schlauer
drum will ich a kann b´scheißen mehr, kann etz in´ Spiegel schaua.

Amen


Einige Links zum Thema:

Infos zur Kerwa in Franken

Datenbank: Kerwa-Lieder (aus Roßtal)

Kerwa-Lieder-Melodien von Gankino Circus (auf Youtube)

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Ein Kommentar

  1. Fränkisch derb.. einfach schee…

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