Predigt: Fest verwurzelt und auf dem Weg (Epheser 3, 14-21) 2. Juni 2019

Eph 3, 14-21

Fest in der Liebe Jesu verwurzelt sein, und sich zugleich auf dem Weg befinden. Darum geht es in dem Gebet in Eph 3.
Diese Predigt nutzt zum Verstehen drei unterschiedliche Bibelübersetzungen, die auch die Gottesdienstbesucher als Audrucke erhalten haben.

Liebe Gemeinde,
Unseren heutige Predigttext finden wir im Brief des Paulus an die Epheser. Diesen Brief hat Paulus aus der Gefangenschaft in Rom geschrieben. Dort wartete er auf seinen Prozess vor dem Kaiser. Es geht in dem Brief viel um christliche Lebensführung. Aber an einer Stelle -nämlich an der, die wir hier haben – findet sich etwas, was man als aufgeschriebenes Gebet verstehen kann.

Neun Verse ist es lang. Und diese Sätze verlangen uns einiges an Konzentration ab, um sie zu verstehen. Darum habe ich Ihnen den Text einmal ausgedruckt mitgebracht. Links sehen sie die Lutherübersetzung. Daneben sehen sie noch zwei weitere deutsche Übersetzungen. Aber dazu kommen wir später.

14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater,
15 von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden seinen Namen hat,
16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen,
17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.

Und ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet,
18 damit ihr mit allen Heiligen begreifen könnt, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist,
19 auch die Liebe Christi erkennen könnt, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet, bis ihr die ganze Fülle Gottes erlangt habt.
20 Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt,
21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Stark werden am inneren Menschen

Schauen wir einmal auf den ersten fett gedruckten Satz. Ja es ist ein einziger Satz!
„Ich beuge meine Knie” schreibt Paulus. So wichtig ist ihm das, worum er jetzt bittet. Aber es geht ihm gar nicht um seine gefährliche Situation im Gefängnis.

Für mich wäre das DAS Thema meiner Gebete, wenn ich im Gefängnis wäre. Ich hätte tausend Ideen, um was ich Gott bitten könnte: „Hilf mir, Gott, dass ich hier heil ‚rauskomme.“ Vielleicht würde ich es sogar mit einem Handel versuchen: „Wenn du mir hilfst, Gott, dann werde ich noch mehr Menschen von deinen Wundern erzählen! Dann werde ich noch mehr Menschen von dir überzeugen können!“
Priorität hätte bei mir: „Raus aus dem Gefängnis.”

Aber Paulus schreibt davon, dass Gott den Ephesern Kraft geben soll, damit sie gestärkt werden am inwendigen Menschen. – vielleicht ist das ein Schlüssel zu dem, was da passiert?
Dass ich Stärke in mir habe.
Eine Stärke, dass ich mich auch in schwierigen Situationen nicht beirren lasse.
Das ist schon eine attraktive Vorstellung:
jemand zu sein, der trotz Krankheit und Altersschwäche nicht verzweifelt.
Der in der Lage ist, Versuchungen zu wiederstehen,
der überzeugt ist von dem, was er glaubt, und unbeirrbar seinen Weg geht, aber dennoch offen Ohren behält fürs das, was Menschen und Gott ihm sagen.

Ich bewundere das und ahne, dass diese innere Stärke zum einen ein Gottesgeschenk ist. Zum anderen braucht es aber auch eine eigene Entscheidung, um einen Weg, den man als Mensch gehen muss, um innerlich stark zu werden.

Eins macht uns der Apostel ja schon vor: Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater..
Damit signalisiert er ja schon einmal, wem er sich anvertraut, dass er sich die Kraft von Gott erwartet und nicht aus eigener Macht und Stärke.

VORBILD JESUS

Ich möchte ein bisschen weiter lesen. Allerdings werde ich das nicht mit der Übersetzung von Martin Luther tun. Sondern mit der Übersetzung „Hoffnung für alle”. Eine Übersetzung die versucht, den Bibeltext in unsere heutige Sprache zu übertragen.

Mein Gebet ist, dass Christus durch den Glauben in euch lebt. In seiner Liebe sollt ihr fest verwurzelt sein; auf sie sollt ihr bauen.
18 Denn nur so könnt ihr mit allen anderen Christen das ganze Ausmaß seiner Liebe erfahren

Sich in der Liebe Jesu verwurzeln. Dass sie es ist, aus der wir unsere Kraft und unsere Stabilität gewinnen.
Nunja, das mit dem starken inwendigen Menschen ist ja durchaus eine zweischneidige Angelegenheit. Ich kenne schon so Menschen, die einen starken unbeugsamen Charakter haben. Die aber manchmal auch furchtbare Besserwisser sind, die auf Andere herunterschauen. Die sich dickköpfig immer durchsetzen wollen und denen die Anderen egal sind. Die sich weder durch gute Worte noch durch gute Argumente beeindrucken lassen.

Mein Gebet ist, dass Christus durch den Glauben in euch lebt. In seiner Liebe sollt ihr fest verwurzelt sein; auf sie sollt ihr bauen.

Paulus spricht von einer Stärke, die vom Glauben und von der Liebe her geprägt ist. Und wenn ich schaue, wie Jesus mit Widerständen und Gegnern umgegangen ist, da sehe ich: Er hat sie nicht plattgewalzt oder niedergeredet. Zuhören, den anderen lieben, verstehen, was ihn bewegt – und zugleich aufrichtig bei dem sein, wofür man steht. Das ist Jesu Weg!

In Jesu Liebe zu den Menschen verwurzelt sein.
Bei Jesus ging diese Liebe sogar soweit, dass er für uns gestorben ist. Er ist dem Leiden nicht aus dem Weg gegangen, und er hat es auch nicht mit Gewalt weggeräumt. Er ist den Weg des Leidens ans Kreuz gegangen.
Auch seine Jünger haben es in Kauf genommen haben, den Weg des Leidens zu gehen.

Wir sind ja auch immer wieder mit Situationen konfrontiert, die uns weh tun und leiden lassen. Oft auch solche, die wir – selbst wenn wir es wollten – nicht beiseite räumen können.

Manchmal können wir ja unsere Situation nicht ändern. Dann brauchen wir Wege, damit umzugehen. Müssen wohl auch versuchen, unsere innere Haltung zu dem, was uns belastet, zu verändern. Das ist manchmal harte Arbeit, sich mit einer schwierigen Situation zu arrangieren – aber manchmal gelingt es ja auch mit Gottes Hilfe.

Bei einigen Menschen bildet der Arbeitsplatz ja so ein schwieriges Feld. Dauernde Konflikte mit einem Kollegen oder Vorgesetzten – das kann jemanden zermürben; gerade, wenn man sieht, dass sich nichts daran ändern lässt.
Da muss eine Entscheidung her: Entweder man macht den klaren Schnitt und entscheidet sich den Arbeitsplatz zu wechseln. Oder man entscheidet sich bewusst, diese Bedingungen zu akzeptieren und sich innerlich dazu zu stellen und zu sagen: Das gehört da dazu, und ich habe mich dazu entschieden, das zu bewältigen, damit umzugehen, auch wenn es immer wieder schwer und schmerzhaft ist.

Das Ganze „verwurzelt in der Liebe Gottes”: Vielleicht mit dem Blick darauf, dass der Typ, der mir in der Arbeit immer auf die Nerven geht, ja auch jemand ist, den Gott von Herzen lieb hat.

Und irgendwann ist das Gefühl von Freiheit wieder da. Das qualvolle Warten auf den nächsten Ärger ist vorbei, der Blick weitet sich wieder. Ja, die Schwierigkeiten sind noch da. Aber sie sind nur ein Teil des Lebens, der nicht dazu führen darf, alles Gute im Leben zu vergessen.

WIR BLEIBEN AUF EINEM WEG

Liebe Gemeinde,
die letzten Zeilen des Gebets lese ich aus der sogenannten Volx-Bibel. Eine, Übersetzung von der jungen Generation für die junge Generation:

19 Unser Hirn wird das nie schaffen können, das wirklich ganz zu erfassen. Aber je mehr Gott uns erklärt, wie gigantisch groß die Liebe von Jesus Christus für uns ist, desto mehr kommt er mit seinen unvorstellbaren Möglichkeiten in unserm Leben zum Zug.
20 Gott kann durch diese powervolle Kraft, die in uns ist, sehr viel mehr tun als das, worum wir ihn bitten, ja sogar mehr, als wir uns überhaupt vorstellen können.
21 Dafür können wir alle in der Jesus-Gemeinschaft Gott immer wieder und ohne Ende loben. So ist das richtig, so sollte es sein [Amen].

Wir werden manches wirklich nie ganz verstehen. Wenn man mit Gott unterwegs ist, dann gibt es immer Erfahrungen, die man nicht ganz versteht.
Manchmal versteht man nicht, warum Gott einem nicht so hilft, wie man es sich erhofft.
Und manchmal ist man überrascht, was an Wunderbaren passiert, und kann sich nicht erklären, wie das nur zugegangen ist.

Wir sind mit unserem Verstehen und mit unserem Handeln immer auf dem Weg. Wir werden nie alles verstehen – und wir werden nie perfekte Christen werden.
Aber wir bleiben unterwegs.
Und wir bleiben dran: Wir hoffen und beten dass Gott uns jeden Tag dabei begleitet.

Amen

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