Predigt: Geist oder Natur? (Galater 5, 16ff) 21. Juni 2015

druidenhainIn Galater 5 spricht Paulus davon, dass in uns der Geist Gottes und die Bestrebungen der menschlichen Natur immer wieder im Widerstreit liegen.  So versucht diese Predigt die „Früchte des Geistes“ und die der menschlichen Natur ohne Schwarzweißmalerei zu beleuchten.

 

Predigttext:
Lasst den Geist Gottes euer Verhalten bestimmen, dann werdet ihr nicht mehr den Begierden eurer eigenen Natur nachgeben. Denn die menschliche Natur richtet sich mit ihrem Begehren gegen den Geist Gottes, und der Geist Gottes richtet sich mit seinem Begehren gegen die menschliche Natur. Die beiden liegen im Streit miteinander, und jede Seite will verhindern, dass ihr das tut, wozu die andere Seite euch drängt. (…)
Die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. (…)
Da wir also durch Gottes Geist ein neues Leben haben, wollen wir uns jetzt auch auf Schritt und Tritt von diesem Geist bestimmen lassen.
(Gal 5, 16b-17. 22-25)

Liebe Gemeinde,
es passiert ja immer wieder, dass sich zwei treffen, die aus völlig unterschiedlichen Welten kommen. Aus unterschiedlichen Kulturen, Sprachen oder Interessen. Franken und Bayern, Europäer und Afrikaner, Clubfan und Greuther-Anhänger. Wenn man zwei, die so unterschiedlich sind, auf engem Raum zusammenpfercht, zum Beispiel in einen Wohncontainer, und dann sagt: „Tschüß, ich sperre jetzt ab und komme einer Woche wieder! Essen ist im Kühlschrank, viel Spaß miteinander“, dann kann dass ziemlich spannend werden.

Zwei sehr gegensätzliche Bewohner in mir

Von so einem Experiment spricht auch Paulus. Er spricht von der menschlichen Natur und dem Geist Gottes. Und beide sind zusammengespannt in einer Wohnung, die wir Christ nennen. Als Christenmensch, sozusagen als Vermieter, muss ich damit umgehen, dass ich zwei sehr unterschiedliche Gäste in mir beherberge.
Zwei Gäste: Der Geist Gottes und die menschliche Natur.
Oft will der eine genau das Gegenteil von anderen.
und manchmal sagen sie, dass sie das gleiche wollen, aber dann merkt man doch, dass sie jeweils etwas ganz Unterschiedliches meinen.

Geist Gottes, und menschliche Natur, das sind diese beiden Gäste, um die es gehen soll. Paulus hat in seinem Brief an die Galater im Griechischen andere Begriffe verwendet: „Fleisch und Geist“ hat er geschrieben.
Die möchte ich heute vermeiden, weil diese Begriffe über die Jahrhunderte eine bestimmte Bedeutung bekommen haben, die uns das Verstehen erschwert: Denn wenn ich mit Paulus von fleischlichen Bedürfnissen spreche, klingt das entweder nach Sexualität oder nach Grillen – und beides trifft nicht das, was eigentlich gemeint ist.

Diese Bewohner lassen uns Menschen unterschiedlich ticken

Darum habe ich heute für den Predigttext  eine Bibelübersetzung verwendet, die für „Fleisch“ eine sehr passende Übersetzung gefunden hat: Nämlich die „menschliche Natur“. Das ist also der eine Bewohner.
Menschlich ist er … oft genug auch in problematischer Hinsicht … weil er darauf aus ist, mich als Menschen hier auf dem Planeten über die Runden zu bringen. Mein Überleben zu sichern, möglichst sicher und komfortabel , auch darauf zu schauen, dass ich mich vermehre. Das steckt in der menschlichen Natur, ist da schon irgendwie immer in mir drin .
Was so gut klingt, hat aber auch seine Schattenseiten: Dieses Naturprogramm ist auf mich programmiert – und nur auf mich; die anderen zählen nicht!

Egoismus, Rücksichtslosigkeit, die nur auf die eigenen Bedürfnisse aus sind.
Manchmal merkt man diesen Egoismus erst auf den zweiten Blick: Da ist der Andere total lieb und nett …  aber nur solange ich für ihn nützlich bin. Ich bin für ihn nur Mittel zum Zweck! Wenn ich erkennen muss: bei der Liebe des Anderen ging es nicht um mich, sondern um ihn.
Menschliche Natur, das ist kein soziales Programm.

Menschliche Natur – unser inneres jahrtausendealtes Überlebens-Programm hat seine gewaltigen Schattenseiten, und die verschweigt auch Paulus nicht. Er ist kein Fan davon, dass dieser Bewohner „menschliche Natur“ uns dominiert. Und er verweist uns Christen auf den zweiten Bewohner, der in uns steckt: Der Geist Gottes!  Gottes Kraft, die wir von ihm verliehen bekommen.

Paulus sagt: Wenn wir uns von dieser Kraft lenken lassen, dann entsteht ganz Neues:
Liebe, die den anderen meint.
Es geht wirklich um das Glück des anderen.
Da ist man bereit, sich selber zurückzunehmen, sich selbst nicht so wichtig zu sehen.
Da ist noch mehr: Nämlich auch das Bewusstsein, dass ich kein Einzelkämpfer bin. Weil Gott auf meiner Seite ist, mich trägt und begleitet. Weil ich mich auf die Gemeinschaft derer verlassen kann, de auch vom Geist angetrieben sind. Ich kann mich in die Arme einer Gruppe fallen lassen, bei denen ich weiß: Die eint der gleiche Geist. Die fangen mich auf und halten mich fest – einfach weil ich ihnen wichtig bin – und nicht, weil ich ihnen nützlich sein könnte.
Leben aus diesem Geist – das eröffnet andere Dimensionen.

Aber: Wir haben beide Bewohner in uns! Geist und menschliche Natur, sie ticken völlig unterschiedlich, und jeder zieht mich in eine andere Richtung – und weil ja beide ein Teil von mir sind, ist es nun wirklich nicht einfach, da die Orientierung zu behalten.

„Freude“: Wenn beide das Gleiche sagen – aber unterschiedliches meinen

Die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. So schwärmt Paulus von den Früchten, die im Leben eines Menschen entstehen, wenn dieser Geist Gottes in uns wirksam ist.
Das klingt wunderbar. Und wie ist das mit der menschlichen Natur? Hat die vielleicht auch ihre speziellen Früchte?
Ich könnte jetzt eine Liste hervorzaubern, die Paulus auch verfasst hat und von Streit, Eifersucht, Rechthaberei,  Neid, Trunkenheit und vielem mehr sprechen. Aber das ist nur die ganz dunkle Seite. Denn auch wenn unsere menschliche Natur am Ruder ist, haben wir manchmal auch ganz ansehnliche Früchte. Sie haben große Ähnlichkeit zu denen des Geistes – sie sehen auf den ersten Blick gleich aus, haben oft genug einen ganz anderen Geschmack.

Ein Beispiel: Freude!
Freuen will sich doch jeder, das ist ja nicht das Privileg der Christen. Und freuen kann man sich an ziemlich vielen Dingen.
Wenn ich etwas Wunderbares erlebe, vom farbenprächtigen Sonnenuntergang bis zum tollen Erlebnis mit Familie oder Freunden – da freue ich mich.
Wenn mich jemand freundlich anlächelt.
Ja, überhaupt, wenn es mir gut geht, dann ist Freude angesagt – ganz einfach, ganz schön, ganz menschlich.
Freude als Frucht der menschlichen Natur. Da gehört sicher auch die Fähigkeit, dazu, sich mit Anderen zu freuen, über deren Glück fröhlich zu sein. Ich will da gar nicht schwarzweiß malen.

Aber wie ist es, wenn ich in Mathe die 5 rauskriege, und mein Freund die 1?
Wenn sich mein Nachbar nach zwei Jahren schon wieder einen neuen BMW vor die Türe stellt, während ich nicht weiß, wie ich die anstehende Reparatur meiner eigenen Klapperkiste finanzieren soll?
Wenn die Frau für die ich schwärme, immer nur Augen für meinen Freund, und die dann irgendwann ein Paar sind?

Da ist die Freude doch schnell auch am Ende. Sich mit Anderen über deren Glück zu freuen, obwohl man grade nichts zu lachen hat? Da kommt unsere Natur an ihre Grenzen. Das geht bei manchen erst nach drei Bier.
Paulus spricht bei der Freude als Frucht des Geistes von einer Freude, die eine andere Basis hat. Eben dieser Geist, der mein Leben grundsätzlicher mit Freude, mit Liebe und vielem mehr anfüllt – unabhängig von dem, was mir gerade im Leben widerfährt.
Freude, die mehr ist als Spaß.
Freunde, die ich als geliebtes Gotteskind so als Grundausstattung ins Herz gepflanzt bekomme.
Dann kann ich mich auch mit dem zusammen freuen, den es besser geht als mir. Ohne Neid, ohne, dass ich nur eine gute Mine dazu mache. Eben weil da etwas in mir ist, was nicht an äußeren Faktoren hängt.
Vertrauen ins Leben, unabhängig davon, wie abgesichert mein Leben ist.
Liebe, die ich weitergeben kann, auch denn der Andere gerade alles andere als liebenswert erscheint.

Das gehört zu den Dingen, die unseres menschliche Natur einfach überfordern, manches geht eben nur durch diesen Geist Gottes, diese Kraft Gottes, die in uns wirkt.

Wenn zwei sich streiten, kommt der Dritte ins Rudern

Die beiden liegen im Streit miteinander, und jede Seite will verhindern, dass ihr das tut, wozu die andere Seite euch drängt – das ist Paulus´ Erfahrung. Die zwei Gäste in mir, die menschliche Natur und der Geist Gottes ziehen gerne in ganz unterschiedliche Richtungen, und ich erlebe mich als zerrissen zwischen deren Bestrebungen. Ich bin ja selber beides! Mensch mit ganz menschlichen Bedürfnissen und getaufter Christ, der durch seinen Glauben eine ganz andere Sicht auf die Dinge dieser Welt hat und spürt, wohin Gott uns bewegen will. Ich stehe zwischen den Stühlen und komme ins Rudern.

Paulus sagt einen sehr einfachen Satz: Lasst den Geist Gottes euer Verhalten bestimmen, dann werdet ihr nicht mehr den Begierden eurer eigenen Natur nachgeben.
Klingt einfach – ist es aber nicht. Oft genug muss man da sich selber genau auf die Schliche kommen, was da in einem selber gespielt wird.
Was steckt da hinter meinen Wünschen.
Warum plane ich gerade das, was ich gerade vorhabe? Auf welchen Boden ist diese Frucht gerade gewachsen?
Ist es ein Ergebnis nachvollziehbarer aber vielleicht problematischer natürlicher Sehnsüchte? Geht es mir vielleicht doch nur um mich? Manchmal schaffen wir Christen es ja auch, dem eigenen Egoismus ein schönes frommes Mäntelchen umzuhängen.

Oder entdecke ich, dass das wohl doch seinen Grund in der Kraft Gottes in mir hat? Da muss man manchmal ziemlich genau hinschauen, und da Kriterien zu finden ist manchmal gar nicht so einfach.

Oft genug werden wir es erst  dann erkennen, wenn wir sehen, was draus geworden ist.
Ob die karitative Aktion wirklich geholfen hat, oder doch nur mein Gewissen beruhigt hat.
Ob ich Frieden gestiftet habe, oder doch nur die anderen übertrumpft und niedergebügelt habe.
Ob meine Liebe wirklich dem anderen gegolten hat, oder es nur ein Tauschgeschäft auf Gegenseitigkeit war.

Jesus hat gesagt; an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen! Und genauso kann ich an den Früchten meines Handelns erkennen, ob bei mir diesmal der Geist Gottes oder doch die menschliche Natur die Oberhand behalten hat.
Amen

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