Predigt: Zur Kirchweih wird sich rausgeputzt (Matthäus 22, 2-14) 17. August 2014, Kirchweih in Wilhelmsdorf

Zrausgeputztu dieser Kirchweih-Predigt gab es eine Aktion. Die Gemeindeglieder waren aufgerufen worden, sich zum Kirchweihgottesdienst „herauszuputzen“ entweder besonders elegant, oder auch auch provokant leger (bis zum Schlafanzug). Vor der Kirche wurden dann alle Besucher durch die Kerwa-Buschen und Kerwa-Madli empfangen und einer optischen Prüfung unterzogen. Immer mit dem gleichen Ergebnis: „Eine Kleinigkeit fehlt noch!“ SO wurden sie ausgestattet mit einer Auswahl verschiedener schmückender Accessoires. Was das alles soll? Das erklärt erst die Predigt.

Liebe Wilhelmsdorfer Gemeinde,

zur Kirchweih wird sich rausgeputzt. Eigentlich, könnte man denken, ist es doch heutzutage völlig egal, was einer anhat. Ob Blümchenkleid, Dirndl, Hochzeitsanzug, Jeans, Arbeits-Overall oder Schlafanzug. Es ist doch nur etwas öberflächlich-äußeres, was wir da auf der Haut tragen … könnte man denken.

Kleidung wirkt mehr, als du denkst
Aber die meisten von uns erleben das anders. Was ich anziehe, entfaltet irgendwie eine Wirkung auf mich selbst.
Auch wenn der Pfarrer 5 mal sagt: „Ihr könnt heute zum Gottesdienst auch im Schlafanzug kommen” – ich fühle mich unwohl, weil´s für mich nicht so passt. (Von daher allen Respekt an diejenigen, die sich heute tatsächlich in sehr legerer Kleidung zur Kirchweih getraut haben. Das hat ihnen wahrscheinlich einiges an Überwindung gekostet.)
Und umgekehrt fühle ich mich natürlich im Designeranzug auch nicht wohl in meiner Haut, wenn beim gemeinsamen Grillen alle anderen in lockeren und abgeschmierten Outdoor-Klamotten herumlaufen.
Was wir anhaben, sagt manchmal unheimlich viel über uns aus. Und darum werden wir auch dann, wenn wir uns „rausputzen” darauf achten, dass es eben weiterhin zu uns passt. Dass innen und außen irgendwie harmonieren – und dass es zur jerweiligen Situation passt.

In der Bibel finden wir ein Gleichnis, in dem Jesus genau so eine Szene beschreibt, in der es um das passende Outfit geht. Ich lese einmal vor, was im Matthäusevangelium zu finden ist:

Das Himmelreich gleicht einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. Und er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden; doch sie wollten nicht kommen.  Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit!  Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft.  Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie. Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an.
Dann sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren’s nicht wert. Darum geht hinaus auf die Straßen und ladet zur Hochzeit ein, wen ihr findet. Und die Knechte gingen auf die Straßen hinaus und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute; und die Tische wurden alle voll. Da ging der König hinein, sich die Gäste anzusehen, und sah da einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Gewand an, und sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches Gewand an? Er aber verstummte. Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm die Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus! Da wird Heulen und Zähneklappern sein. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.

Hab ich das passende an – oder fehlt etwas?

Liebe Festgäste,
das ist ein Alptraum: Da bist du auf einer richtig großen Festivität, hast dich drauf gefreut und je mehr Gäste eintrudeln, umso deutlicher merkst du: Ich hab mich völlig falsch angezogen. Das passt überhaupt nicht zu dieser Gesellschaft hier, und das kannst du nicht mal geschickt kaschieren, weil du ja von oben bis unten falsch angezogen bist.

„Das Himmelreich gleicht einen König … der eine Hochzeit ausrichtete” sagt Jesus. Es geht in seiner Erzählung nicht um irgendeine Feier. Jesus geht es um die Frage: Was brauchst du, um bei Gottes Feier dabeisein zu können – womit bist du vor Gott so ausgestattet, dass es „passt”.
Was ist das „hochzeitliche Gewand”, vom dem Jesus da spricht, das man unbedingt braucht?
Unbedingt! Ohne geht es bei Gott nicht; schließlich fragt der König ja diesen Gast: „Wie bist du denn da überhaupt ohne reingekommen?” Eigentlich hätten die an der Türe dich überhaupt nicht reinlassen dürfen. – Hat da keiner gemerkt, dass dir das eine absolut fehlt?

Merken Sie, wir sind heute morgen mitten in dieser biblischen Erzählung.
Sie sind eingeladen zu Gott – sind seine Gäste. Und jetzt sind Sie drin – die Einlasskontrolle haben Sie überwunden – und nun schauen sich um und hoffen, dass das alles gut geht. Und das betrifft weniger unseren Gottesdienst heute, als unser gesamtes Dasein vor Gott.
Wir hoffen, dass Gott das passt, wie wir gekommen sind. Mit unseren „Kleidern”, mit unserem Leben. – Oder müssen wir Angst haben, dass Gott dann doch sagt: Wie schaust denn du aus; was willst denn du hier?

Aber Moment!
Da war ja noch was! Sie sind ja jetzt nicht genau so da, wie Sie daheim aufgebrochen sind. Sie haben da ja an der Türe noch etwas mitbekommen. Ein Kreuz am Band, ein Anstecker, eine Blume.
Sie haben es geschenkt bekommen, sie mussten es nicht bezahlen, aber sie mussten sich entscheiden, es anzunehmen, und damit jetzt herumzulaufen. Und dann kamen Sie herein.

Die Türhüter bei der königlichen Hochzeitsfeier, von der Jesus erzählt, die haben ja auch die Leute aus allen Ecken hergeholt – die waren ja ursprünglich gar nicht geladen, die waren auch nicht schnell noch Kleiderkaufen. Die Leute an der Türe haben ihren Gäste wohl dann schon geholfen, angemessen angezogen zu sein, aber die Gäste mussten sich darauf einlassen, sonst wäre nichts draus geworden.
Das ist das Evangelium: Das was wir brauchen, das müssen wir nicht vorher irgendwo einkaufen, sondern wir müssen uns das einfach geben lassen!

Glaube – die grundlegende „Kleinigkeit”

Als Christen wissen wir: Das, was zählt, ist unser Glaube an Jesus Christus. Und der ist wiederum ein Geschenk – keine Leistung – nichts was man kaufen kann. Glaube, das ist das Vertrauen auf Jesus Christus, mehr nicht!
So ähnlich, wie das, was Sie da von den Kerwaburschen und -madli an der Türe bekommen haben. Das ist nicht spektakulär, das ist kein großes Tamtam – aber: Man muss sich entscheiden: Ich nehme das an, ich bin bereit sein, damit herumzulaufen   …  mein ganzes Leben lang.

Was wir brauchen, um vor Gott richtig rausgeputzt zu sein, ist diese ganz grundlegende „Kleinigkeit” – das Vertrauen auf Jesus.
Mein edles frommes Gewand, aus Gottesdienstbesuchen hilft nichts, wenn nicht der Glaube dabei ist.
Als kluger Mensch mit guter Bildung mag ich vielleicht wirklich Staat machen, aber der Herr wird fragen: Und …was macht dein Vertrauen auf Jesus? Oder wie bist du hier reingekommen?
Und wenn ich mit den dreckigen Fetzen eines Lebens, das an einigen Stellen mächtig in die Binsen gegangen ist, aufkreuze, wird dieser Herr großzügig drüber hinwegschauen: Mann, du schaust schon echt verboten aus … aber guck: du hast auch noch rechtzeitig gemerkt, dass Jesus für dich da ist -Na dann! Schön, dass du da bist!

Wir sind wir – alle unterschiedlich. Im Frack, in der Jogginghose oder im Schlafanzug. Das ist egal, der Glaube als „hochzeitliches Gewand” ist ein Kleidungsstil, der ist mit verschiedenen Klamotten kombinierbar.

Manchmal könnte man denken, Glaube müsste immer in ganz bestimmten Lebensstile oder Umgangformen „eingewebt” sein. Nein! – Entscheiden muss sich jeder selber, ob er sein Leben, wie auch immer er es führt, mit den Glauben an Jesus auszustatten. Dann ist er richtig rausgeputzt. Nicht nur zur Kirchweih, sondern fürs ganze Leben.

Soweit zu unsrem „Outfit” – aber auch unsere Kirche hat sich herausgeputzt – da gibts auch etwas dazu zu sagen – aber davor hören wir ein Stück unseres Posaunenchores

– Musik –

Liebe Wilhelmsdorfer,

natürlich putzt sich auch unsere Kirche zur Kirchweih heraus. Die roten Paramente werden aufgehängt, die Kirchenfahne baumelt im Wind – und beim Pfarrer kommt die festliche rote Stola zum Einsatz.
Diesmal haben wir zur Kirchweih auch die besondere Freude, eine neue Altardecke einzuweihen. Das Besondere ist dabei nicht die Decke als solche, sondern die Kleinigkeit der verzierenden Spitze außenherum. Also das, was man von vorne oder von der Seite sieht.spitze
Die ist nicht irgendwo von einer Maschine schnell mal hingewebt, sondern als Klöppelspitze Knoten für Knoten nach bestimmten Regeln zusammengearbeitet. Viele Abende hat das unserem Friedrich Strauß gekostet. Vor eineinhalb Jahren haben Sie angeboten, noch einmal so eine Spitze zu klöppeln, wir haben das miteinander besprochen und nun ist sie fertiggeworden. Ein Kunstwerk, das auch maschinell nicht herzustellen ist und handgemacht kaum bezahlbar wäre.

Liebe Gemeinde,
ich vermute einmal, dass die allerwenigsten von Ihnen überhaupt gemerkt hätten, dass wir hier eine neue Decke liegen haben. Schließlich schauen wir eher auf die großen Auffälligkeiten, übersehen sie kleinen Besonderheiten. Das Große bewundern wir, das kleine nehmen wir oft gar nicht wahr.

So aber passt es gerade gut zu unserer Hugenottenkirche: Zur Kirchweih ist sie nicht aufgebrezelt mit dem großen bunten Hingucker bei dem alle mit „ah” und „oh” staunend davorstehen, sondern herausgeputzt mit einem kleinen Kunstwerk, das mancher eher übersieht.
Erst vorgestern hat mir jemand von auswärts wieder gesagt, wie sehr ihm diese schlichte Hugenottenkirche gefällt – eben so ganz anders als die mit Gold prangenden Barockkirchen. Unsere Kirche erinnert uns immer wieder, auf das Unscheinbare und das Kleine zu sehen.
Den Wert dessen zu entdecken, was eben nicht von jedem gesehen wird.
Das Schärflein der Witwe.
Die Mitarbeit von den Menschen, die nicht immer im Vordergrund stehen.
Die kleinen Liebesbeweise, die man nicht in großen Geschenken, sondern im liebvollen Tonfall des Anderen erkennt.
Mein stilles Gebet, in dem ich mit wenigen Worten zusammenstoppsle, was mich bewegt.

Oft sind es die unscheinbaren Kleinigkeiten, die dann wirklich Bedeutung für uns haben und langfristig im Leben ihre Wirkung entfalten.
So ist er, unser Glaube, eben einer der uns lehrt, die Augen für das offenzuhalten, was man frühestens auf den zweiten Blick entdeckt.

Amen

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