Wie frei sind wir Menschen eigentlich? Auch Paulus bezeichnet uns als „Sklaven“. Die Frage ist nur, wessen Sklave wird sind und wieviel an echter Freiheit daraus erwächst.
Irgendwie ist dieses Leben wie ein Marktplatz: Alles mögliche wird da getauscht und gekauft. Selten geht dabei Bares über den Tisch.
Da wird die Hoffnung auf eine Traumkarriere als Vertreter gegen die solide Existenz im Büro eingetauscht. Die gute Note in Quali gibt´s nur um den Preis vieler Nachmittage an den Schulbüchern. Ein anderer berauscht sich am Erfolg seiner kleinen Firma und merkt erst Jahre später, dass seine Familie den größten Teil des Preises gezahlt hat. Eine junge Frau verwirklicht sich den Wunsch, in Asien als Architektin bahnbrechend Neues umzusetzen, und verzichtet darum gerne darauf, eine eigene Familie zu gründen.
Auf diesem Markt des Lebens ist vieles, sehr vieles im Angebot. Für jeden Geschmack, für jedes Bedürfnis ist etwas dabei. Und je länger ich den Menschen dabei zusehe, desto klarer erkenne ich, wie oft man sich entscheiden muss: Ich kann nicht alles haben; oft schließt das eine das andere aus. Es ist ein enges Netz von Abhängigkeiten und Zwangsläufigem.
Wie viel Freiheit habe ich da eigentlich noch? Wenn so vieles im Leben fest miteinander verknüpft ist? Was ich gemeinhin Freiheit nenne, ist eher eine Wahl von verschiedenen Möglichkeiten, die dann jeweils mit bestimmten Voraussetzungen oder Folgen verbunden sind. Es ist wie ein Spiel mit einem hochkomplexem Regelwerk. Nur, dass dieses Regelwerk nirgends nachzulesen ist; vielmehr entdecken wir diese Regeln, die Abhängigkeiten, oft erst im Vollzug des Spiels auf dem Marktplatz des Lebens.
Wenn das tatsächlich so sein sollte, dann ist absolute Freiheit eine Illusion. Und jeder, der meint, es könnte ohne Folgen jederzeit tun und lassen, was er sollte, hat nur noch nicht den Punkt erreicht, an dem der Preis für seine Entscheidung eingefordert wird.
Vielleicht macht ein Blick auf unsere Naturkreisläufe das anschaulicher. Da sind wir ja immer wieder dabei, zu entdecken, welchen Preis wir für bestimmte Eingriffe in unsere Schöpfung zahlen. Da waren vor Jahrzehnten die gerodeten Berghänge als Phänomen lukrativer Holzvermarktung, bis man erkannte, welchen Preis man dafür zahlen musste: Lawinen und Muren verschütteten Dörfern an den von Bäumen ungeschützten Steilhängen.
Der Ausstoß von Schadstoffen der Fabriken sah man nie als ernstes Problem, an, bis man im Fichtelgebirge keine Nadeln mehr an den Bäumen hatte und die Kinder mit Pseudo-Krupp im Bett röchelten.
Liebe Gemeinde,
unser Handeln und Entscheiden hat immer Voraussetzungen und Folgen. Und davon können wir uns nicht lösen. Was wir Freiheit nennen, geschieht im Rahmen dieses unsichtbaren Regelwerks.
Die Frage, ob es eine gute Idee ist, als Christ zu leben, kann man auch in dieser Perspektive betrachten. Zumindest hat das Paulus schon in seinem Brief an die Gemeinde in Rom getan. Anscheinend stand die Überlegung im Raum: „Warum soll ich Christ werden, und damit alle möglichen Einschränkungen meiner Freiheit in Kauf nehmen? Ich liebe doch meine Freiheit!“
Ich lese vor, wie der Apostel Paulus diese Frage beantwortet:
Predigttext:
Weil ihr das so schwer verstehen könnt, will ich es euch an einem bekannten Beispiel deutlich machen, dem Sklavendienst: Früher habt ihr der Zügellosigkeit und dem Unrecht wie Sklaven gedient. Jetzt aber sollt ihr uneingeschränkt Gott dienen; lebt so, wie es ihm gefällt, denn ihr gehört zu ihm!
20 Als Sklaven der Sünde wart ihr zwar frei, allerdings nur vom Guten.
21 Und was kam dabei heraus? Bei dem Gedanken daran könnt ihr euch heute nur schämen, denn ihr hattet dafür nichts anderes als den Tod verdient.
22 Aber jetzt seid ihr frei von der Sünde und dient Gott als seine Knechte. Ihr gehört zu ihm und tut, was ihm gefällt, und schließlich schenkt er euch das ewige Leben.
23 Denn die Sünde wird mit dem Tod bezahlt. Gott aber schenkt uns in der Gemeinschaft mit Jesus Christus, unserem Herrn, ewiges Leben.
Römer 6, 19-23, Übersetzung: Hoffnung für alle
Wir sind Sklaven, sagt Paulus. So oder so. Als Christ genauso wie als Nichtchrist. Freiheit ist auch für ihn eine Illusion. Irgendeiner hat uns immer am Wickel.
Er sagt: Wer meint, ohne Begrenzungen jederzeit seinen Bedürfnisse, seinen Sehnsüchten frei nachzugehen zu können, der belügt sich selbst. Denn der ist dann schon längst ein Sklave seines Lustprinzips, und gar nicht mehr frei. Das leuchtet mir ein:
Wenn ich mich nicht mehr ruhig daheim hinsetzen kann, weil ich meine, ich verpasse da draußen auf der Piste irgendetwas Cooles.
Wenn ich mein Smartphone keine 2 Stunden in der Tasche lassen kann, weil ich Angst habe, irgend eine Nachricht auf WhatsApp zu verpassen.
Wenn ich jede Frau anmachen muss, allein um mir zu beweisen, dass ich noch so attraktiv und toll bin.
Wenn ich als Manager Millionen verdiene, und dann anfange krumme Dinger zu drehen, um noch mehr Millionen zu verdienen, die ich sowieso nie im Leben ausgeben kann.
Dann . dann habe ich echt ein Problem. Dann bin ich nicht mehr frei. Dann bin ich Sklave!
Und als zweiten Aspekt bringt Paulus den Preis des ganzen ins Spiel: „Was zahlst du für dieses Leben?“ Und macht eine nüchterne Bilanz auf: „Letztlich kostet´s dir das Leben. An Ende ist Schluss. Mehr ist nicht drin – du bezahlst für dieses Leben mit dem Leben, weil du ohne Jesus Christus keine Aussicht auf ein Leben jenseits deines Todes hast“.
Dann wechselt Paulus die Perspektive: Und wie sieht das für dich als Christen aus? Bist du da Sklave oder ein freier Mensch?
Er sagt: Zum einen bin ich nicht frei – schließlich gehöre ich zu Gott, binde mich an ihn, auch an bestimmte Gebote, die natürlich meine Freiheit einschränken.
Ich bin irgendwie ein Sklave Gottes. Warum soll man das nicht so formulieren. Es ist ja immer die Frage, wie der Herr mit seinem Sklaven umgeht!
Ein Herr kann seinen Sklaven unterjochen und misshandeln – aber er kann auch sagen: Was bin ich froh, dass du zu mir gehörst, mach dir keine Sorgen, bei mir hast du´s gut, und ich werde darauf achten, dass keine anderen Sklaventreiber kommen und dich sich unter´n Nagel reißen.
Das schafft Freiheit! Frei bin ich als Christ von vielem:
Ich muss mich nicht um meine Zukunft sorgen, weil Gott für mich da ist.
Ich muss nicht laufend beweisen, das ich gut, perfekt, schön und leistungsfähig bin – weil mir einer sagt: Ich habe dich lieb, so wie du bist.
Ich muss nicht alles geschafft und genossen haben. Ich muss nicht jeder verpassten Chance nachtrauern – denn ich weiß, es gibt nach dem Tod eine großartige Zukunft.
Liebe Gemeinde,
Es ist eine Entscheidung, welche Form der Freiheit – besser gesagt „der Nicht-Freiheit“ jeder einzelne vorzieht.
Der Christ ist nicht weniger frei als jemand, der unserem Glauben aus dem Weg geht.
Aber ich bin der Überzeugung: Auf dem Markt der Entscheidungen des Lebens, ist die Entscheidung für den Glauben an Jesus Christus, eine, bei der man nur gewinnen kann.
Amen