Predigt: Wie sollen Tote auferstehen? (1. Korinther 15, 50-59) 24. April 2000 – Ostermontag

Neben Altar steht ein Kleiderständer mit braun gestreiftem Hemd, brauner Lederweste und brauner Hose. – Außerdem liegt ein Koffer auf dem Boden.


Liebe Gemeinde,
an Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu. Er war tot und ist wieder lebendig geworden – auferstanden von den Toten. Paulus hat der Gemeinde in Korinth mehrere Briefe geschrieben. Zwei davon haben wir in der Bibel überliefert. In dem ersten der beiden erklärt er den Korinthern die Bedeutung der Auferstehung Jesu. Denn auch wenn die Leser seines Briefes sich als Christen verstehen: Sie sind sich nicht einig darüber, was es für sie bedeutet, wenn Jesus von den Toten auferstanden ist.
Der Apostel schreibt ihnen über die Auferstehung selbst, von den Zeugen, die Jesus mit eigenen Augen gesehen haben. Und er bekennt ganz dramatisch: Wenn Jesus nicht auferstanden wäre, dann wäre alles umsonst. Nur weil Jesus nicht im Grab geblieben ist, nimmt er – Paulus- die Ochsentour auf sich und reist als Missionar durch halb Europa. Wäre Jesus immer noch tot, könnte er sich das alles schenken.

Paulus schreibt weiter, von der Hoffnung auf unsere eigene Auferstehung aus dem Tod. Er scheint seine Korinther gut zu kennen: Er hat deren verwunderte Gesichter vor seinen Augen, die ihn fragen:
Wie sollen denn unsere verstorbenen Angehörigen, wie sollen denn wir selbst nach unserem Tod wieder lebendig werden? Da ist doch nach kurzer Zeit nichts mehr von uns übrig, außer einem Häufchen Staub?
Auf diese Frage scheint der Apostel in den folgenden Zeilen zu antworten, die unser heutiger Predigttext sind (1. Kor 15):
50 Das sage ich aber, liebe Brüder, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. 51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; 52 und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. 53 Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit. 54 Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlungen vom Sieg. 55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« 56 Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. 57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! 58 Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wißt, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.

Soweit die Worte der Heiligen Schrift.

Liebe Gemeinde,
wie wird es sein, wenn die Toten wieder auferstehen? Die Antwort von Paulus ist recht knapp: Sie werden anders aus den Gräbern auferstehen, als wir sie hineingelegt haben. Vergängliche Menschen haben wir beerdigt, aber unvergängliche werden auferstehen. Sie werden verwandelt, lesen wir hier. Und Paulus wird noch konkreter und greift zu einem Bild: Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit. Diese Verwandlung von uns Menschen auf dem Weg von Tod in ein neues Leben kann man anscheinend mit den Anziehen von Kleidung vergleichen. Darum habe ich hier diesen Kleiderständer aufgestellt. Ich möchte ihnen anhand dieses Beispiels verdeutlichen, was Paulus meint.
Wir Menschen sind alle ganz unterschiedlich, aber wir haben alle eine gemeinsame Eigenschaft: Wir sind vergänglich – sterblich. Diese braune Kleidung soll dafür stehen. Braun wie die Erde, zu der wir zerfallen. Ich lebe mein Leben … schön oder weniger schön. Irgendwann ist meine Zeit abgelaufen, ich sterbe, werde begraben, zerfalle zu Staub … und bin nicht mehr. Der Tod gehört zu meinem vergänglichen Leben dazu und ist zugleich sein größter Feind: Er löscht das Leben aus, er ist am Ende immer der Sieger. – Das kennen wir, das ist unsere Erfahrung.

Mit Ostern verändert sich das alles: „Tod, wo ist dein Sieg?“ fragt Paulus. Fast schon höhnisch zitiert es eine Weissagung des Propheten Jesaja: „Der Tod ist verschlungen vom Sieg.“ – Der Sieg Gottes hat den Tod gefressen!“ Der Tod ist tot – umgebracht in der Osternacht!
Der Tod ist tot. Das klingt schon paradox. – Aber diese Aussage hat es in sich: Indem Jesus am Kreuz gestorben ist, tot war, und von Gott auferweckt wurde, ist der Tod entmachtet. Er hat keine Herrschaft mehr über die Toten. Wer stirbt, der gehört nicht mehr dem Tod, er fällt in Gottes Hände.
Sie fragen sich vielleicht: Ja schön, aber was haben wir davon? Darum nun zurück zur Garderobe: Wir Menschen leben auch heute, nach Ostern, unser vergängliches Leben … die Latzhose bleibt. Aber wenn wir gestorben sind, dann – in Gottes Händen – geschieht etwas, was Paulus im Bild so beschreibt: Das Vergängliche muss anziehen die Unvergänglichkeit. (Pfarrer holt aus dem Koffer eine weiße Hose und ein weißes Hemd). Wir erhalten eine neue Eigenschaft: Wir lösen uns eben nicht ins „nichts“ auf, sondern unser Leben, das doch eigentlich am Ende schien, bekommt eine neue Qualität: Es wird unvergänglich – ewiges Leben in Gottes Hand.
Dieses neue, weiße Kleid soll für dieses neue, veränderte Leben stehen. Wenn wir von der Auferstehung der Toten sprechen, dann ist wohl das gemeint: Ein neues, verändertes Leben, in das ich hineinschlüpfe. Ich bin aber weiterhin ich. Ich werde nicht zu einem Engelchen, oder gar als irgendein Tier wiedergeboren. Ich bleibe, wer ich bin, als Mensch, Geschöpf Gottes, als unverwechelbares „ich“.

Wie wird es sein, dieses unvergängliche Leben? – Ich kann es ihnen nicht sagen. Ich denke, sie werden ihre eigenen Vorstellungen, eigene Bilder haben, wie es aussehen kann. Mir selbst reicht es schon, wenn ich mir nur vorstelle, wie es ist, wenn diese Kennzeichen der Vergänglichkeit mein Leben nicht mehr prägen. Krankheit, Scheitern, Verletzungen, Depressionen – sie haben ihre Wurzel in unserer Vergänglichkeit. Von denen fällt mit der Abschied nicht schwer…

Ostern – der Sieg Gottes über den Tod. Diese Hoffnung steht aber auch immer wieder auf dem Prüfststand. An jedem offenen Grab. Der Pfarrer spricht dort vom ewigen Leben, vor den Augen scheint doch der Tod gewonnen zu haben. Der Schmerz über den Abschied ist übergroß.
Aber gerade hier kann der Gedanke an Ostern ein großer Trost sein. Die Botschaft,
– dass unser Sterben nicht das Ende ist.
– dass es weitergeht mit uns.
– dass wir verwandelt werden, ein neues Leben anziehen.
– dass wir uns auch nach dem Tod wiedersehen werden.

Das ist meine Hoffnung, die an Ostern für uns errungen wurde.
Ich möchte ihnen zum Schluß meiner Gedanken eine Aussage des bekanten Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch vorlesen. Er hat Krebs und wurde von einem Nachrichtenmagazin letzte Woche zu der Bedeutung von Ostern gefragt:
Er sagte „Wenn Christus nicht auferstanden wäre, hätten wir nicht das ewige Leben. Aber er ist auferstanden und wir mit ihm. Das ist der große Sinn unseres Lebens, das wir uns wiedersehen in Christus, mit Christus. Und wenn er nicht auferstanden wäre, wäre sein Grab auch unser Grab. Ich glaube an die Auferstehung und lasse meinen Jesus nicht.“
Soweit Hanns Dieter Hüsch.

Amen

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