Predigt: Ein Prophet will kündigen (1. Könige 19, 1-8 ) 10. Februar 2002

Liebe Gemeinde,

versetzen wir uns im Gedanken nach Samaria, in die Königsstadt im Norden Israels; 100 Jahre nach dem Tod König Davids. Auf dem Thron sitzt Ahab, zusammen mit seiner Frau Isebel. Die beiden sind ein sehr fortschrittliches Königspaar. Sie kennen zwar die Überlieferung, das der Gott Israels das Volk aus Ägypten geführt hat. Sie kennen das erste Gebot: „du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ , aber sie sagen sich: Das sind olle Kamellen, damit kann man keine Politik mehr machen. Wir müssen uns den anderen Religionen öffnen: Ab sofort werden wir auch den Gott Baal anbeten. Dieser Fruchtbarkeitsgott hat ja im Land Kanaan Tradition, da gehen wir auf Nummer sicher. Doppelt gemoppelt hält besser.

Da kommt der Prophet Elia ins Spiel: Elia wird von Gott beauftragt, dem König ins Gewissen zu reden: „Es gibt nur einen Gott für Israel“ – das ist seine Botschaft. Wie so oft: Der König hört nicht auf den Propheten. Immer wieder versucht es der Prophet, aber er blitzt immer wieder ab.
Eine Dürre und Hungersnot sucht kurz darauf das Land heim. Die Bibel erzählt von Wundern, die dem Propheten damals das Leben gerettet haben. Auch erzählt sie die Begebenheit, die sich auf dem Berg Karmel zugetragen hat.
Eine Art Wettbewerb: Auf spektakuläre Weise wollen die Priester des Baal den Götzen um Regen bitten. Königin Isebel verspricht sich daraus den Sieg der Baals-Religion über den rückständigen Glauben Israels.
Der Schuss geht nach hinten los: Die Baals-Priester und die Königin blamieren sich bis auf die Knochen. Elia zeigt eindrucksvoll, dass allein der Gott-Israels Wunder tun kann.
Was dann passiert ist für uns nicht so leicht zu verstehen: Elia vollzieht ein Gericht an den Baalspriestern – sie werden alle hingerichtet.
Isebel und Ahab sinnen auf Rache: Elia soll umgebracht werden.  Er flüchtet in die Wüste.

Was sich dort abspielt, setht in unserem Predigttext
1. Kön 19, 1-8
Und Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem Schwert umgebracht hatte.
2 Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast!
3 Da fürchtete er sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort.
4 Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug,  so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.
5 Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iß!
6 Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.
7 Und der Engel des HERRN kam zum zweitenmal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iß! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.
8 Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.

Elia ist in die Wüste geflüchtet, da beginnt für ihn die Krise. „Immer wieder habe ich den König ermahnt, immer wieder ihn aufgerufen, nur einen Gott anzubeten. Aber nichts hat geholfen. So ein stures, verbohrtes Königshaus. Alles war umsonst.“
Vergessen hat Elia die Wunder, in denen Gott ihn bewahrt hat. Vergessen, seine eigenen flammenden Worte für den Herrn. In diesem Moment ist Elia einfach am Ende. „Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr“.
Die Wüste, in die er geflüchtet ist, tut ihr Übriges: Elia wird depressiv, will nicht mehr leben. Er legt sich unter einen Wachholderbusch und wartet einfach darauf, dass er stirbt.
„Gott, du hast mir einen Auftrag gegeben, aber ich habe es nicht geschafft. Ich bin gescheitert.“ – Und vielleicht hat in diesem Moment der große Elia auch an Gottes Güte gezweifelt. – Wir wissen es nicht.

Nun liegt er da, der Prophet, hat quasi bei Gott seinen Arbeitsauftrag gekündigt. Adé du furchtbare Welt.
Aber es kommt anders: Elia bekommt Besuch. Ein Engel, ein Bote Gottes weckt den schlafenden Elia, reicht ihm zu Essen. Eine Stärkung für den saft- und kraftlosen Elia. Was ihm da gereicht wird, ist mehr als Brot und Wasser. In diesem Moment der Verzweiflung sagt ihm Gott: „Elia, auch wenn du dich aufgegeben hast. Ich denke immer noch an Dich. Du bist mir nicht egal. Ich gehe Dir auch in die Wüste nach.“
Vielleicht kennen Sie das aus eigener Erfahrung: Es kann gut tun, wenn sich jemand um mich kümmert, wenn es mir schlecht geht. Manchmal tut es gut, dass einfach einer da ist, der braucht dann auch gar nicht viel tun. Da ist jemand, der hat mich nicht aufgegeben. Ich bin diesem Menschen wertvoll.

Es kann sein, dass sie auch die andere Seite kennen: Wenn Sie der „Engel“ für Andere sein wollen; wenn Sie  Kranke, Verzweifelte besuchen. Da kommt man da eher selten mit Brot und Wasser, eher mit Blumen und Pralinen, oder einem guten Buch. Was man da erlebt, wenn man einem Verzweifelten nahe sein will, ist nicht immer so wie in den Abendserien im Fernsehen. Da werden Kranke besucht und nach wenigen freundlichen Worten sind die glücklich und werden rechtzeitig von der nächsten Werbepause geheilt entlassen.
Das kann auch ganz anders laufen: Wer bis in sein Innerstes verzweifelt ist, wer sich von Gott und Menschen verlassen fühlt, der freut sich wohl schon über einen Freund, der ihm zur Seite stehen will. Aber die Welt ist damit noch lange nicht wieder in Ordnung. Und so mancher Besucher, der es gut gemeint hat, wird von dem, dem es schlecht geht, auch noch angeknurrt: „Du weißt ja gar nicht, wie schlecht es mir geht. Was willst du hier überhaupt. Ich kann, ich will jetzt nicht aufgemuntert werden. Ich muss mich in meiner verzweifelten Situation auch erst einmal zurechtfinden, bevor ich weiß, wie ich da wieder herauskomme.“

Elia läßt den Engel wieder abziehen. Er kann sich noch nicht aufraffen. „Noch einmal die Auseinandersetzung mit König Ahab und Isebel aufnehmen? – Nein. Dann würde es wieder neu losgehen: Meine erfolglosen Versuche, dem König von seinen falschen Weg abzubringen. Die Verfolgungen durch seine Frau Isebel. Nein, dass packe ich nicht mehr.
So deute ich es, das Elia sich wieder hinlegt. Zu tief war seine Verzweiflung, zu aussichtslos schätzte er seine Lage ein.

Das ist schon ein starkes Stück: Elia streikt. Gott will ihm durch diesen Engel Mut machen, will ihn stärken, wieder aufbauen. Aber der Prophet außer Dienst sagt „nein“. Er sagt das ja nicht zu einem menschlichen Auftraggeber, er sagt es zu Gott.

Darf man das? Gott gegenüber sagen: „Es geht nicht mehr, ich bin am Ende. Gott, du hättest doch schon eher helfen können, damit es mir gar nicht erst so miserabel gehen würde wie jetzt. Gott, ich bin fix und fertig. , ich kann nicht mehr, lass mich in Ruh!“ – Muss man sich vor Gott nicht eher zusammenreißen und sagen: „Klar Gott, es geht schon irgendwie…“
Sie wissen es: Wir dürfen vor Gott klagen und jammern, wir sollten es sogar. Denn Gott ist nicht da, um mich für meinen Heldenmut zu loben, sondern um mir gerade in den schwachen Stunden zu helfen. Er ist ein gnädiger Gott, der die Abgründe meines Herzens kennt, einer dem ich nichts vormachen muss.

Dieser liebevolle Gott geht dem Elia nach. Er gibt ihn nicht auf. Er setzt Elia nicht auf die Liste der verlorenen Schäfchen sondern versucht es erneut: Wieder kommt ein Engel mit Brot und Wasser, weckt den Propheten und sagt ihm: „Steh auf und iss, du hast einen weiten Weg vor dir.“
Der zweite Anlauf gelingt: Elia isst und trinkt und steht auf. Vielleicht war es der Gott, der ihm nachgeht, der dem Elia neuen Mut gemacht hat.

Liebe Gemeinde,
Elia macht sich auf den Weg. 40 Tage marschiert er durch bis zum Berg Horeb, dort will er mit Gott reden, hören, was er als nächstes tun soll.
Elia hat sich aufgerafft, er hat sich von Gottes Geduld mit ihm anstecken lassen; noch einmal loszuziehen und dem König Ahab Gottes Willen mitzuteilen. Er nimmt sie wieder auf, seine Karriere als Prophet. Er geht gestärkt aus dieser Erfahrung hervor: Sein Marsch zum Berg Horeb spricht Bände über seine Motivation.

Erfahrungen des Scheiterns, der Verzweiflung können ein Menschenleben zerbrechen lassen. So, dass gebrochene Menschen zurückbleiben, die nicht mehr ins Leben zurückfinden.

Elia hat in der Tiefe seines Lebens nicht einmal mehr Gott gesucht. Gott hat ihn gesucht, und Elia hat sich dann auch finden lassen. Das hat ihn wieder aufgerichtet.
Was er erlebt hat, das hat ein späterer Kollege von ihm, der Prophet Jesaja in sehr plastische Worte gefasst: (Jes 40, 29+31)
Er gibt den Müden Kraft
und Stärke genug den Unvermögenden.
Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft,
dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler,
dass sie laufen und nicht matt werden,
dass sie wandeln und nicht müde werden.

Amen

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