Predigt: Von Opfern und Spenden (Hebräer 13, 15-16) Erntedankfest am 6. Oktober 2002

Liebe Gemeinde,

Zum Erntedankfest werden landauf landab die Kirchen richtig schön voll: Nicht nur mit Gottesdienstbesuchern, sondern auch mit vielen vielen verschiedenen Erntegaben. Viel können wir da entdecken: Kartoffeln, Zuckerrüben, Tomaten und Äpfel, Getreide und die großen Kürbisse. Das alles haben Sie, die Gollhöfer Gemeindeglieder, hier hergebracht, in die Kirche als ein Dankeschön Gott gegenüber.
Unser Predigttext von heute ist nur ganz kurz, zwei kleine Verse aus dem Ende des Hebräerbriefs. Darin ist die Rede von anderen Dingen, die wir eigentlich auch am Erntedankfest zu Gott bringen könnten:

15 So laßt uns nun durch ihn (Jesus Christus) Gott allezeit  das Lobopfer darbringen, das ist die  Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.
16 Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergeßt nicht; denn solche Opfer gefallen Gott. (Hebr 13, 15f)

Von einem Lobopfer, guten Taten und dem miteinander Teilen, als Opfern, die Gott gefallen, ist hier die Rede. Über diese drei Dinge möchte ich heute zum Erntedankfest sprechen.

Das Opfer

Aber ich merke, dass mich die Rede vom Opfer hier ein wenig irritiert.
Opfer – irgendwie hat dieses Wort einen unangenehmen Klang. Vielleicht kommt es davon, dass ich es tagtäglich im einen ganz anderen Zusammenhang höre: In den Nachrichten ist die Rede von Unfallopfern und Verbrechensopfern. Und im religiösen Zusammenhang fällt mein Blick auch auf blutige Opferrituale in fernen Ländern oder in lange vergangenen Zeiten. Opfer – das klingt erst einmal gar nicht positiv.

Da ist es dann für manche Menschen auch schwierig, wenn wir Pfarrer in der Kirche am Sonntag davon reden, dass das Dankopfer heute für die Weltmission bestimmt ist und die Konfirmanden und Präparanden herumgehen und das Notopfer einsammeln.
Wie viel einfacher wäre es, wenn wir das Wort „Opefer“ aus unserem Sprachgebrauch streichen und durch „Spenden“ ersetzen würden! Am Ausgang stehen die Spendenbüchsen und unsere Jugendlichen sammeln demnächst die Oktober-Spenden.

Aber es gibt einen gewichtigen Grund, der mich zur Vorsicht mahnt: Opfer und Spende sind nämlich nicht unbedingt das gleiche:
Die Opfer, die Noah und Abraham für Gott auf steinernen Altären dargebracht haben waren Opfer – aber keine Spenden.
In Opfer gebe ich etwas von dem, was ich von Gott geschenkt bekommen habe, als Dankeschön an Gott zurück.
In der Spende gebe ich anderen Menschen etwas, weil die es brauchen.

Natürlich kann auch beides zusammenkommen: Wenn ich aus Dankbarkeit Gott gegenüber anderen Menschen materiell unter die Arme greife; dann ist das für mich ein Opfer vor Gott und zugleich natürlich eine Spende von Mensch zu Mensch.

Vielleicht unterscheidet das uns als Kirche von anderen – karitativen oder auch politischen – Unternehmen, die ebenfalls mit Spendengeldern umgehen: Wir versuchen es in uns bewusst zu halten, dass das Geld, welches uns anvertraut wird oft mehr als eine finanzielle Unterstützung ist ; nämlich oft ein Ausdruck des Dankes Gott gegenüber – eben ein Dankopfer.

Das Lobopfer

Von diesen Gedanken her kann ich unsern Predigttext schon ein bisschen besser verstehen: Dort ist im ersten Vers die Rede von einem Lobopfer. Dieses Lobopfer ist die Frucht unserer Lippen.
Es gibt also mehr Möglichkeiten, Gott „danke“ zu sagen für das, was man erhalten hat. Nicht nur das materielle Opfer; die Früchte des Bodens auf dem Feld oder im Garten, sondern auch das Lob aus unserem Mund kann ein Opfer, ein würdiges Dankeschön, für Gott sein.
In einem schönen sprachlichen Bild steht es da: Das Lobopfer, das sind die Früchte unserer Lippen, die Gott bekennen.

„Gott bekennen“ – das hat viel mit einem Glaubensbekenntnis zu tun. Mit einem innerlichen Bekenntnis dazu, dass das, was wir als Menschen haben, aus Gottes Hand kommt.

Manchmal gehört zu diesem Bekenntnis auch Mut.
Der Mut, zu seinem Glauben zu stehen. Auch entgegen der Meinung der anderen. Auch mit dem Risiko, als Frommer abgestempelt zu werden.
Auch der Mut, als „ziemlich seltsam“ angesehen zu werden, wenn man es offen ausspricht, dass der Erfolg im Beruf, das Wachstum und der Ertrag auf dem Feld und im Stall Gottes Geschenke sind.

Und vielleicht braucht man die allergrößte Portion Mut, wenn man sich selber einzugestehen traut: Das, was ich erreicht habe in diesem Jahr, das Gute in der Arbeit, das Glück in der Familie, meine Gesundheit die ich noch habe: das alles habe ich nicht mir selber zu verdanken; das alles habe ich nicht selber vollbringen können, sondern ich habe Gottes Hilfe und seinen Segen gebraucht.
Ich kann das nicht selber „machen“! – Das zu sich selbst zu sagen, die eigenen Grenzen einzugestehen, dazu braucht man Mut!

Ich glaube, aus so einer inneren Erkenntnis wächst dann auch das Bekenntnis zu unserem Gott und Schöpfer – unser Dankeschön, unser Lobopfer. Sei es leise im Herzen gesprochen, laut gebetet, oder in einen Danklied verpackt.

Die gute Tat

Unser Predigttext spricht noch von zwei anderen Arten des Opfers, des Dankeschöns an Gott.
Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergeßt nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.
“ Vergesst das nicht“ schreibt der Verfasser des Hebräerbriefs. Anscheinend gibt es da ein Defizit. Hat die Gemeinde damals vor 1900 Jahren etwa vor lauter Lobpreis und Halleluja-singen vergessen, denen zu helfen die es nötig haben? Ich weiß es nicht.

Auf jeden Fall sollten wir es uns wirklich immer wieder in Erinnerung rufen: Auch indem wir unserem Nächsten helfen, können wir unsere Dankbarkeit Gott gegenüber ausdrücken. Dann kommt das Geld oder die Arbeitskraft oder meine Zeit, die Gott mir geschenkt hat, meinem Nächsten zugute.

Es gehört von jeher zu den Grundsätzen unseres christlichen Glaubens, dass man seinem Nächsten liebt, und darum auch hilft. Und der Nächste ist eben nicht nur der Nachbar, der im nächsten Haus wohnt, sondern genau derjenige, der mir gerade unter die Augen kommt und meine Hilfe benötigt.

Ich freue mich immer wieder, wenn ich erzählt bekomme, dass die Gollhöfer eben gut zusammenhalten. Dass einer dem andern hilft wenn er Unterstützung auf dem Hof benötigt, wenn es darum geht, beim Dach-Decken zu helfen oder dem andern die Stallarbeit abzunehmen, weil er an einem Wochenende einer Hochzeit will.
Ich habe aber auch gehört, dass dieser Zusammenhalt in der Gefahr steht, brüchiger zu werden. – Vielleicht ist es doch kein Zufall, dass unser Predigttext sagt: “ vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen“.

Mit anderen teilen

Ach ja, das Teilen steht ja  auch noch in diesem Vers. Das fällt manchen von uns gar nicht so leicht. Es ist nicht immer einfach, von seinen sauer verdienten Euros etwas herzugeben. Denn für das Geld könnte man sich selber ja auch was schönes leisten.
Von daher ist es ganz logisch, wenn man das mit dem Teilen des eigenen Besitzes skeptisch sieht.
Erst, wenn ich am Erntedank-Tag darüber nachdenke, dass letztlich alles, was ich habe ein Geschenk Gottes ist, kann es mir leichter fallen, von dem Geschenkten etwas weiter zu schenken.

Beim Begriff „teilen“ muss ich an das Sprichwort denken: „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.“
Das erinnert mich daran, dass es auch Freude machen kann, anderen zu helfen, sie zu unterstützen mit meinem Geld, oder auch mit meiner Zeit.
Und es stößt mich auch auf die Idee, dass es manchmal nötig ist, dass ich das Leid des anderen auch teile. Das heißt, dass ich nicht geschickt das Thema wechsele, wenn der andere beginnt vor mir seinen Kummer auszubreiten ; dass ich ein offenes Ohr habe, wenn er mir sein Leid klagt, ihn ernst nehme und seinen Jammer nicht versuchte kleinzureden.

Wer miteinander auch schweres geteilt hat, kann sich auch leichter miteinander über das Gute freuen, das ihm widerfährt.

15 So laßt uns nun durch ihn (Jesus Christus) Gott allezeit  das Lobopfer darbringen, das ist die  Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.
16 Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergeßt nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.

AMEN

Hinweis: Eine weitere Predigt zum selben Bibeltext finden sie hier: Wenn das Leben ein bekenntnis wird (5. Oktober 2014)

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Ein Kommentar

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