Predigt: Auf den Rahmen kommt es an! (Epheser 5, 1-8) 14. März 2004

Der wunderbare Rahmen
Es war das erste warme Wochenende im März. Petra und Martin hatten sich in den Frühjahrsputz gestürzt. Im Garten, im Abstellraum und auf dem Dachboden wurde geräumt, gegruschelt, weggeworfen, aufgehoben und geputzt. So manches Interessante kam dabei zum Vorschein. Die Sensation des Tages war dabei ein alter Bilderrahmen. Er musste noch von der schon lange verstorbenen Oma sein.

Beim Kaffeetrinken betrachteten die beiden ihren Fund ganz genau: Ein wunderschöner, großer Jugendstil-Rahmen. Mit schlichter Eleganz, nicht zu viel Schnörkeln, einigen vergoldeten Ecken …. Er hatte eine ganz besondere Ausstrahlung. Das Bild, dass er einst umrahmte, fehlte.

Petra hatte sich sofort in diesen Rahmen verliebt. Versonnen fuhr sie mit den Fingern den verspielten Formen entlang. „Martin, dieser Rahmen ist ein Traum! Den müssen wir irgendwo aufhängen … in die Essecke … da hängt ja sowieso nichts Vernünftiges an der Wand. Ja?“
Martin sah seine Frau skeptisch an: „Schön, aber das ist ja nur ein Rahmen, du hast da ja kein Bild drin! Da muss doch noch was rein!“
Aber da erntete er nur verständnislose Blicke: „Ach, da finden wir schon etwas Passendes. Schau dir einfach diesen Rahmen an – das ist doch das Wunderbare“.

Liebe Gemeinde,
auf den Rahmen kommt es an! Manchmal lohnt der Blick auf den Rahmen, nicht nur dann, wenn ein billiger Kunstdruck in einem wertvollen Holzrahmen hängt.

Auch unser Predigttext spricht – ohne diese Worte zu verwenden – vom Rahmen unseres Lebens und von dem was sich in diesem Rahmen abspielt.
Ich lese aus dem Brief des Paulus an die Epheser, den Beginn des 5. Kapitels:

So  folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder
2 und lebt in der Liebe,  wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.
3 Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört.
4 Auch  schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung.
5 Denn das sollt ihr wissen, daß kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger – das sind Götzendiener – ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes.
6 Laßt euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn  um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams.
7 Darum seid nicht ihre Mitgenossen.
8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.

Soweit die Worte des Heiligen Schrift.

Sie haben Sätze gehört, die nicht so glatt ins Ohr gehen, die so Manchem beim Verstehen oder oder in seinen Gefühlen Probleme bereiten.

Ich denke es ist hilfreich, wenn wir uns folgendes vorstellen:
Unser Leben hat einen Rahmen; der ist schon mal fest da. Und dann gibts die Leinwand, auf der sich vieles von uns gestalten lässt.

Der Rahmen der Gotteskindschaft

Schauen wir mal auf den Rahmen.
Der ist sogar in unserem Predigttext „außenherum“ nämlich vorn und hinten angeordnet: Da steht vorne:
So  folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder und lebt in der Liebe,  wie auch Christus uns geliebt hat.
und am Schluss:
Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.

Wenn das kein traumhafter Rahmen ist! Das wird ihnen als getauften Christen auf den Kopf zu gesagt: Du gehörst zu Gott, er schenkt dir seine Liebe. Er ist in dieser Liebe sogar soweit gegangen, dass Jesus Christus für dich gestorben ist. Und das stellt dich in sein Licht und verleiht deinem Leben eine neue helle Perspektive, sogar über den Tod hinaus.

Die Ambivalenz dessen, was im Leben gemalt wird.

Soweit der Rahmen des Lebens. Nun ist die Frage: Wie fülle ich ihn  aus; was male ich auf die leere Leinwand meiner Existenz?
Und dazu hat der Apostel im Epheserbrief einiges zu sagen:

Die Liebe soll ein wichtiger Farbton sein. Der passt sehr gut zu diesem Rahmen. Denn da kommt diese Farbe ja auch schon vor. – Das höre ich gern und das kann ich mir gut vorstellen.

Aber dann kommen diese harten Worte. Eigentlich sind es Verbote, die da ausgesprochen werden:
Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört.
Auch  schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung.
Denn das sollt ihr wissen, daß kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger – das sind Götzendiener – ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes.

Wenn ich diese Worte lese oder höre, fühle ich mich auf irgendeine Weise wie auf frischer Tat ertappt. Auch dann, wenn ich eigentlich nicht sagen kann, dass ich unzüchtig, unrein und habgierig wäre.
Aber ich merke: ich stehe da nicht drüber!

Unzüchtig ?
Auch wenn ich noch nie meinen Ehepartner betrogen habe, und nicht zu der eine Million Männer gehöre, die laut Statistik regelmäßig zu einer Prostituierten gehen. Bin ich deshalb schon einer von den Heiligen?
Oder bricht mir letztlich schon der neugierige Blick auf die nackte Frau in der Duschgel-Werbung geistlich das Rückgrat?

Unrein mit schandbaren Reden?
Klar, ich bin kein Zoten-reißenden Stammtischbruder, auch kein durchs Dorf ziehendes lästerndes und Gerüchte verbreitendes Wesen. Aber reicht das?
Aber wie gehe ich damit um, dass mir auch mache Lieblosigkeit herausrutscht, dass ich den lieben langen Tag auch viel überflüssigen Unsinn rede?

Habgierig?
Ich würde mich gar nicht trauen, bei der Steuer zu betrügen. Und wenn einer finanziell übern Tisch gezogen wird, bin ich eher Opfer als Täter. Gibts dafür schon einen Freispruch?
Ich weiß selbst am Besten, wie sehr ich an meinem Hab und Gut hänge, wie groß die Angst ist, den eigenen Lebensstandard mit reduzierter Rente nicht halten zu können. Hänge ich da vielleicht doch am Geld, wie der reiche Kornbauer im Gleichnis Jesu?

Wenn ich jetzt Bilanz ziehe – was kommt dabei raus?
Habe ich das Erbteil am Reich Gottes vielleicht schon verspielt?
Gibts noch Aufschub – oder Gnade?
(Pause)

Es geht um eine Grund-Entscheidung

Liebe Gemeinde,

ich möchte sie bitten: Stellen sie sich doch einmal so einen Rahmen mit weißer Leinwand vor.
Außen ein schön verzierter Holzrahmen. Und wir wissen ja, wofür er steht:
– Das ist zum einen die Liebe Gottes, die uns fest zugesagt ist.
– Dazu gehört auch, seine Bereitschaft, uns zu vergeben.
– Außerdem die Aufgabe an uns, diese Liebe weiterzugeben.

So …. und jetzt fangen sie zum Malen an.
Sie malen, indem sie leben. Jeder Weg, jedes Wort, jede Tat hinterlässt ihre Formen und Farben.
Als Christ kennen sie Gottes guten Willen für das Leben der Menschen. Sie kennen seine Gebote und wissen auch, welche Farben Jesus einst verwendet hat.
Und so versuchen sie, so zu malen, dass es zum Rahmen passt. Dass es dem, Stil und der Bedeutung des Rahmens angemessen ist.

Ist ihnen zwischendurch ein Fehler passiert? Ist ein Strich daneben gegangen? – Nicht so schlimm, malen sie einfach drüber, versuchen sie es nochmal! – Gott vergibt ihnen auch!
Schon wieder ein Klecks; vielelicht eine ganze Partie des Bildes verhunzt? Nicht verzweifeln, Gott kennt sie gut genug, er hat schon geahnt, dass sie genau da Probleme bekommen. Er wird ihnen helfen, es beim nächsten Mal besser hinzubekommen.

Sieht das so bei ihnen aus? – Sie kennen dieses Ringen um das passende Bild? Dann bewegt sich bei ihnen – buchstäblich – alles im Rahmen. Paulus würde sie froh in den Arm nehmen.

Es ist etwas ganz Anderes, vor dem er richtig Angst hat. Er schreibt:
Laßt euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn  um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams
Seine Angst ist, dass da einer kommt und ihnen Worte ins Ohr säuselt, die Paulus genauso kennt wie wir alle:

Mensch, du bist doch dumm! Was hältst du dich da kindisch an diesen alten Rahmen …. mit den paar Farben. Uralte Regeln.
Jetzt mach mal den blöden Rahmen weg! Der stört doch bloß deine Malerei.
Lass dich doch nicht bevormunden. Es geht doch auch ohne.
Du weißt ja gar nicht, was da alles möglich ist. Formen und Farben, von denen wagst du nicht mal zu träumen.
Probiers mal aus! Erfahrungen wirst du machen, da erlebst du was …. ein Traum.
Wer fragt denn noch nach Gott …
Und die Anderen? Es muss jeder selber schauen, wie er zu was kommt.

Liebe Glaubensgeschwister,
es ist eine Frage der grundsätzlichen Entscheidung:
Mit oder ohne    Rahmen, den Gott uns abietet
Mit oder ohne     dem Bewusstsein: Ich bin ein Kind Gottes, er ist für mich da
Mit oder ohne     seiner Vergebungsbereitschaft
Mit oder ohne      Anteil an seinem Reich.

Wer im Rahmen bleibt, der hat dort seine Heimat – seine vier Wände-  und seine Zukunft.
Wer diesen Rahmen verwirft, wird sich was anderes suchen müssen. Wird zum Heimatlosen trotz Eigentumswohnung. Oft, ohne dass es ihm bewusst ist.

Auch wenn so jemand ablehnt, was uns wichtig ist: Wir sollten so einen Menschen nicht verwerfen, sondern mit der Liebe begegnen, die uns geboten ist.
Dann kann auch das Wunder geschehen, dass es ihm eines Tages ergeht, wie dem Ehepaar Petra und Martin vom Beginn der Predigt:

Von heute auf morgen haben sie entdeckt: Da gibt es etwas, das erscheint alt und verstaubt, irgendwie von gestern und längst abgelegt.
Aber je länger es sie es betrachten, umso mehr gewinnen sie eine Gewissheit:
Was sie gebraucht haben war nicht das achte exzentrische Gemälde, sondern die Ruhe dieses einen Rahmens.
Amen

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