Predigt: Nie ohne Hirte! (Hebr 13, 20f.) 4. Mai 2014

schaf_heb2014Am Ende des Hebräerbriefs geht es um Jesus als den “großen Hirten”. Ist der Hirte so etwas wie ein Chef? Oder steckt da viel mehr dahinter?

Predigttext: Hebräer 13, 20-21

[20] Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, [21] der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Liebe Gemeinde,
wenn man mal einen richtig langen Brief geschrieben hat, einen, bei dem alle möglichen Themen, die mal zu bereden waren, auf den Tisch gekommen sind, dann muss man sich überlegen, wie man denn nun den Brief schließt.
„Ich muss jetzt Schluss machen” – das ist kein schöner Abschluss. Eher ist es sinnvoll, nochmal auf das zurückzukommen, was das zentrale Anliegen ist, was uns verbindet, und dem Leser alles Gute zu wünschen. Unser Predigttext macht genau das. Denn wir haben es hier mit den letzten Zeilen des Briefes an die Hebräer zu tun.
Er ist wohl der geheimnisvollste Brief unserer Bibel. Denn wir wissen nicht, wer ihn verfasst hat, genauso wenig wissen wir, für wen er geschrieben wurde. Alles was wir haben, ist die Tatsache, dass dieser Brief für viele christliche Gemeinden so wichtig war, dass sie ihn aufgehoben und immer wieder öffentlich vorgelesen, abgeschrieben und verbreitet haben. – So dass er schließlich Teil unserer Bibel wurde.

Jesus als der große Hirte

Von Jesus als dem großen Hirten ist da die Rede.
Der Hirte ist der Chef der Schafherde. Wobei beim Begriff „Chef” natürlich allerlei Gedanken kommen. Denn mit Chefs haben wir ja durchaus zwiespältige Erfahrungen. Es gibt Chefs, die sind kompetent, menschlich, fordern und fördern – aber wir erleben auch, dass Chefs eher die Karikatur einer Führungspersönlichkeit sind. Da kommen sie frisch von der Universität mit ihrem Betriebswirtschaftsabschluss, und sollen der Abteilung der Firma sagen, wo es lang geht. Aber: Sie haben eigentlich keine Ahnung von dem, was hier eigentlich los ist. Die waren nie an der Werkbank gestanden und haben gespürt, wie es ist, körperlich an seine Grenzen zu kommen. Die haben sich noch nie mit einer Kollegin herumgestritten, die es immer schafft, ihre Arbeit anderen aufzuhalsen, elegant ihre Fehler anderen in die Schuhe zu schieben und dann, wenns hoch her geht, frühmorgens anzurufen und sich krankzumelden. Natürlich mit Attest. Die Kolleginnen sind sauer und hilflos- aber der neue Chef belehrt die Teamleiterin: „Sie müssen ihr Team besser in Griff bekommen, sie müssen gemeinsam Ziele definieren … bla bla bla” – der hat doch von nichts eine Ahnung – aber nennt sich Chef.

Nein – so einen Chef, so einen Hirten, der nur salbungsvolle Worte von sich gibt, aber nicht weiß, was es heißt, da „unten” tagtäglich seinen Mann oder seine Frau zu stehen, so einen kann keiner gebrauchen.

Jesus, der große Hirte, er kam auch von oben – und zugleich kam er auch von unten. Geboren in einem Stall, aufgewachsen als Kind einer armen Handwerkerfamilie. Er hat 40 Tage in der Wüste ohne Essen durchgestanden. Er weiß, wie es ist, hunderte von Menschen mit seinen Reden zu begeistern – und er weiß auch, wie es ist, wenn die gleichen Leute eine Woche später schreien „kreuzige ihn”. Er hat es sich angetan, aus 12 ungebildeten Handwerkern unterschiedlichster Herkunft eine Mannschaft zu formen, hat dort Verrat und Versagen erlebt. Er kennt Vertrauen und Todesangst, geboren werden und Sterben.
Das macht ihn zu einem Hirten, der das Leben seiner Schafe kennt wie kein anderer; der weiß wovon er redet, und der versteht, wovon wir reden, wenn wir mit unseren kleinen und großen Sorgen zu ihm kommen. – Das macht den großen Hirten aus.

Bin ich Schaf?

Zurück zu unserem Bibeltext: Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus.

Liebe Gemeinde,
dieser Hirte hat einen Auftrag. Durch diesen Hirten Jesus Christus will Gott uns fähig machen, Gutes zu tun und Gottes Willen zu erfüllen. Um noch ein bisschen im Bild des Chefs zu bleiben: Es gibt Arbeitsaufträge, um die ist man nicht zu beneiden. Uns Menschen dazu zu bringen, das Gute zu tun, so zu handeln, wie Gott es richtig findet. Wie soll denn das gehen?  Das hat doch noch nie geklappt. Da fehlt mir eigentlich wirklich eine bahnbrechende Idee.

Aber Moment: Das ist ja auch nicht mein Job! Ich bin Schaf, nicht der große Hirte. Das sollte man nicht verwechseln. Ich als Schaf bin oft genug überfordert mit mir selber! Weiß oft, was wohl das Richtige und Gute ist, aber so ganz bekomme ich es dann doch nicht hin. Scheitere oft nicht nur an den äußeren Umständen, sondern auch an mir selber. Kämpfe mit den eigenen Schwächen und Fehlern, spüre, dass ich Sünder bin. – Und bin mir entsprechend selber manchmal fremd und ein Rätsel.

Und dann lese ich hier: Überlasse es dem Chef! Du hast doch einen Hirten. Der ist es gewohnt, mit Schafen umzugehen, die zwar meistens schön bei der Herde bleiben, aber dann zwischendurch plötzlich unvermutet durchbrennen. Und dann zieht er los, lässt die anderen neunundneunzig auf der Albachwiese stehen und sucht genau das eine, das ihm abhanden gekommen ist.

Er ist es gewohnt – unsere Buntheit – die weißen und die schwarzen Schafe. Er versteht, wie wir Schafe ticken. Mit seinem Heiligen Geist ist er in uns selber wirksam. Bewegt uns hin zu ihm, bewirkt Veränderung. Und unsere Aufgabe ist es eigentlich nur, diesem Hirten zu folgen, und vieles andere entsteht beim Nachfolgen dieses Hirten von ganz alleine.

Der große Hirte Jesus Christus – das ist viel mehr als nur ein kompetenter Chef.
Da merke ich, dass wir das alte Bild des Hirten nicht einfach mit einem modernen Symbol wie „Chef” ersetzen können. Der Hirte und seine Schafe – die gehören zusammen; die kann man nicht auseinander dividieren. Wie sonst kann man sich sonst vorstellen, dass dieser Hirte sogar sein Leben für seine Schafe einsetzt.

Die Freiheit der Schafe

Liebe Gemeinde,
oft genug haben wir ja hier um Wilhelmsdorf und Brunn herum Schafherden auf den Wiesen oder an den Hängen stehen. Und immer wieder ist mir das einen Blick wert. Irgendwie fasziniert dieses beschauliche Bild. In aller Ruhe da sein – grasen – sich umsehen – gut behütet – es sind ja der Hirte und sein Schäferhund in der Nähe.
Behütet sein. Das Wort kommt nicht ohne Grund vom Bild des hütenden Schafhirten.
Behütet lebt es sich gut. Und ich bin froh, mich als Kind Gottes behütet zu fühlen.
Was das wert ist, spüre ich dann, wenn ich mal wieder einen Krimi schaue – oder „Aktenzeichen xy”. Da zeigen sie noch, dass der Familienpapa vergessen hat, die Kellertüre zuzuschließen. Und jetzt am späten Abend geht er die dunkle Treppe in den Keller runter, um noch etwas zum Trinken zu holen. „mach doch das Licht an!” möchte ich ihm zurufen, denn ich ahne ja schon, dass da unten Gefahr lauert. Oder wenn im Krimi die Kassiererin mit den Tageseinnahmen die düstere Gasse zu Bank läuft – da sitze auch dann angespannt auf dem Sofa, innerlich darauf eingerichtet, dass im nächsten Moment der Täter aus einer Nische springt.

Stellen Sie sich vor, sie würden so leben! Immer auf dem Sprung, jeder Schritt wird geprüft, überall lauert die Gefahr! Jeden Moment könnte etwas passieren. Ein Auto Sie anfahren, ein Blumentopf Ihnen auf den Kopf fallen, eine tödliche Krankheit von Ihrem Körper Besitz ergreifen. Wenn wir uns diese abstrakten, theoretischen Gefahren laufend bewusst machen, würde unser Leben unerträglich. Wir kämen nicht mehr zu leben, vor lauter Sorge und Angst.

Und dann schaue ich zu den Schafen: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Auch wenn ich weiß, dass mir immer etwas zustoßen kann – habe ich doch Vertrauen zu meinem Hirten, in mein Leben. Er als Hirte hat mein Leben in der Hand, ihm will ich vertrauen, dass nichts geschieht, wovon er nichts weiß.

Dieser Hirte hat einmal gesagt:
Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet. Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat. (Mt 6, 25.26.35)

Liebe Gemeinde,
auch wenn unser Predigttext vorhin etwas kompliziert geklungen hat. Der unbekannte Verfasser hat seinen Brieflesern eigentlich eine sehr einfache Botschaft mitgegeben: Vertraut euch diesem Hirten Jesus an, folgt ihm nach – etwas besseres kann euch nämlich nicht passieren.

Amen

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