Predigt: Mutig der Wolkensäule folgen (2. Mose 13, 20-22) 31.12.2011, Altjahresabend

Exodus 13

An der Grenze zum neuen Jahr lesen wir von Mose und den Israeliten, die erleben dürfen, dass Gott sichtbar sie auf ihrem Weg begleitet. Und genau so eine sichtbare Wolkensäule, die Gottes Nähe zeigt, hätte ich auch gerne.

 

Predigttext: 2. Mose, 13:
So zogen sie aus von Sukkot und lagerten sich in Etam am Rande der Wüste. 21 Und der HERR zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten. 22 Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage noch die Feuersäule bei Nacht.

Der Exodus

Liebe Gemeinde,
wie wäre es, wenn man wirklich einmal ein Zeitreise dorthin machen könnte, wo das, was wir hier hören, sich ereignet hat – der Auszug Israels aus Ägypten. Eine große Gruppe unterdrückter Aramäer, ausgebeutet von der herrschenden Schicht in Ägypten. Sie bereiten darauf vor, Ägypten zu verlassen. Über Wochen laufen die Verhandlungen zwischen Mose und dem Pharao – ein ewiges hin-und her, letztlich ergebnislos. Eine Achterbahn der Gefühle.
Dann kommt die Nacht, in der sie alle ein besonderes Mahl in ihren Häusern feiern sollen. Die Regeln für dieses Mahl sind festgelegt – und alle haben gehört: Das wird euer letztes Essen in Gefangenschaft sein – morgen werdet ihr frei sein.
Tatsächlich: Am frühen Morgen haben sie die Erlaubnis aufzubrechen. Sie hinterlassen ein Ägypten, das gelähmt ist von einer unerklärlichen Todesserie in ihren Familien. Alle erstgeborenen Söhne der Ägypter sind in der Nacht gestorben.
Dort abgrundtiefes Entsetzen – hier unfassbare Freude über die Freiheit. Die Israeliten stolpern buchstäblich in die Wüste hinaus – ohne genau zu wissen, was die nächsten Tage und Wochen bringen sollen.
Aber doch: Wir sind frei, wir sind auf dem Weg in das gelobte Land. Die Menschen strömen zusammen zu einem Punkt an Rand der Wüste , bei Etam, dort erhebt sich eine weithin sichtbare Säule. Ehrfurcht gebietend überragt sie alles – geheimnisvoll. Und als die Sonne untergeht schimmert sie im feurigen rot. An ihr orientieren sich die Männer und Frauen – sie ahnen: Das ist das  Zeichen dafür, dass Gott mit uns ist.
Ist er in der Wolke? – Oder über Ihr? – Oder ist er selbst diese Wolke? Egal: Unser Gott ist da, wir haben eine Zukunft!
Eine Säule hätte ich auch gerne

So eine Säule hätte ich auch gerne. So ein sichtbares Zeichen dafür, dass Gott da ist und uns begleitet. Sie geht voran – gerade dann, wenn ich nicht genau weiß, wie und wohin es weitergehen soll, da folge ich einfach dieser Wolkensäule und weiß: Das ist der Weg in eine gute Zukunft.
Wenn es mal wieder nicht so gut läuft, wenn Selbstzweifel an mir nagen, wenn mich ein Schicksalsschlag aus der Bahn wirft: Ein Blick auf diese Säule … und ich merke: Du bist nicht allein. Gott geht dir voran. Und im Dunkel leuchtet sie, taucht die Finsternis in ein Licht, so dass du immer noch etwas erkennen kannst. Schau nur hoch zu dieser mächtigen Säule – es ist nicht schlimm, wenn du dich klein und schwach fühlst – die Macht, die dein Leben bestimmt, wohnt in diesem Gott; und er ist auf deiner Seite. Folge ihm nur nach, dann wirst du dein Ziel erreichen.

Liebe Gemeinde, wir müssen ohne Wolken- und Feuersäule auskommen. Aber sind wir deshalb alleingelassen oder gar gottverlassen? Sicher nicht! Denken wir an die Situation der Jünger kurz vor Jesu Abschied – da hat sich ja auch die Frage gestellt: Wie soll es weitergehen ? Ohne den Sohn Gottes in unserer Mitte? Jesus hat zu seinen Jüngern gesagt: (Joh 14): Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen. Ich werde euch meinen Geist schicken. Der wird bei euch bleiben und in euch sein.

Die Zeiten der Säule sind vorbei – wir leben in der Ära des Geistes. Der Kraft Gottes, die in uns wirkt und uns den richtigen Weg weist, Kraft gibt, motiviert, korrigiert und tröstet.  Die für jedermann unübersehbare Säule hat Platz gemacht einem Wirken Gottes, das viel unauffälliger, unspektakulärer und bei weitem nicht so unzweifelhaft ist, wie es einst beim Auszug aus Ägypten der Fall war.

Rückblick

Wenn wir am Jahreswechsel jetzt auf das vergangene Jahr zurückblicken, kann man ja mal überlegen: Wo waren sie, die Momente, in denen zwar keine Wolkensäule dastand, aber in denen wir gespürt haben:

Gott ist da.
Er wirkt, er bewirkt etwas in mir.
Er verändert eine Situation.
Er hat mich vor Bösem bewahrt – davor, dass mir Schlimmes zustößt  oder davor, dass ich Böses tue.
Ich spüre, dass er da ist, mich berührt.

Für manche gab es im Jahr 2011 wirklich Momente, die in dieser Hinsicht etwas ganz Besonderes waren. Weil ihnen die Hilfe und Nähe Gottes ganz greifbar schienen. Eine überstandene schwere Krankheit. Das Glück, einen Partner fürs Leben gefunden zu haben.

Viel häufiger fallen einem erst nach einigem Nachdenken wieder Situationen ein, die im Nachhinein als Geschenk Gottes, als Momente seiner Hilfe verstanden werden können. Das Kleingeld der Gegenwart Gottes. Eher unauffällige Dinge, wo man beim genauen Hinsehen dann doch einmal sagt: Ja, das war schon nicht selbstverständlich, dass das gelungen ist, vielleicht hat da doch Gott seine Hände im Spiel gehabt. … keine Feuersäule – auch nicht im übertragenen Sinn – eher ein kleiner Lichtstrahl Gottes. Aber er war da.

Das Jahresende ist sicher die passende Gelegenheit an diese Momente zurückzudenken, sie aus seien Erinnerungen herauszukramen und seinem Gott dafür „danke” zu sagen.

Der Säule folgen

Liebe Gemeinde,  so weit der Blick auf Gottes Wolkensäule (oder eben nicht-Wolkensäule), wie sie im vergangenen Jahr auf uns zugekommen ist und uns nahe war. Die Erzählung unseres Predigttextes legt ja auch noch eine zweite Perspektive nahe: Diese Säule war den Israeliten ja ein Signal zur Orientierung: Dort, wo die Säule war, da versammelten sie sich. Die Säule wies ihnen die Richtung, sie sagte ihnen, wo es lang geht. Diese Säule war eine Autorität.
So können wir auch rückblickend überlegen, wie wir mit Gottes mahnender und wegweisender Stimme umgegangen sind. Oder anders gefragt: Wie fällen wir grundsätzlich unsere Entscheidungen? Wann spielt der Glaube da eine Rolle?
Wo lassen wir uns von biblischen oder christlichen Maßstäben in unseren Entscheidungen, in unserem Reden und Handeln leiten?
Das ist nicht immer einfach. Weil wir ja oft mit den Argumenten der Logik, der Sachkunde, der Effizienz operieren und entscheiden. Faktoren wie Hoffnung, Vertrauen, Liebe, Verantwortung stehen häufig in unseren Überlegungen in der zweiten Reihe. Ja, so ist das mit der oft sehr leisen Stimme des Geistes Gottes in uns.

Wissen Sie, da würde ich mir manchmal so eine Feuersäule vor der Haustüre wünschen, die hereinleuchtet ins dunkle Zimmer wo ich am Grübeln, am Abwägen und am Entscheiden bin.
Wo dann ein Stimme aus der Feuersäule mir eine Richtung weist:
– Gib den anderen eine zweite Chance, auch entgegen aller Erfahrung, weil ich ein Gott der Nächstenliebe und der Vergebung bin.
– Habe den Mut, eine schwierige Entscheidung aus Gottvertrauen heraus zu fällen, weil du spürst, dass dies oder jenes einfach gemacht werden muss.
– Nimm dir die Freiheit, in einer Diskussion einmal offen eine Gegenmeinung zu vertreten – auch wenn du ahnst, dass man dich mit dem was du sagst  als fromme Seele abstempeln könnte.

Im Geist Gottes Entscheidungen zu treffen – das ist herausfordernd. Das kriegen wir als Kirche oft genug auch nicht so überzeugend hin. Umso mehr sollten wir uns an solche gelungenen Momente erinnern, in denen wir im Vertrauen auf Gott unseren Weg gegangen sind. Auch wenn es nur kleine Schritte waren.

Liebe Wilhelmsdorfer / Brunner / Hohholzer.
Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage noch die Feuersäule bei Nacht. – So steht es im Predigttext,
Siehe, ich bin bei euch alle Tage – So hat Jesus es seinen Jüngern versprochen.

So können wir dankbar für das vergangene Jahr, in die Silversternacht gehen, aber zugleich auch mutig, um auch im neuen Jahr Gottes Wolkensäule zu folgen.

Amen

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