Andachten auf Charivari 98,6 im Mai 2011

Montag: Sterbehilfe bei Piespsi
Dienstag: Ein Grab für Piepsi
Mittwoch: Von den Bauern lernen
Donnerstag: Mein gelber Engel Uli
Freitag: Wasserwechsel
Samstag: Don Camillos Gespräche

Sterbehilfe bei Pipsie

Guten Morgen, Piepsie haben sie es genannt – das winzige Vogelkind, das meine Töchter bei uns im Garten gefunden haben. Anscheinend ist er aus einem Nest gefallen, ein paar Federn hat er schon, aber zum Fliegen ist er noch viel zu klein. So hockt er piepsend auf dem Handteller der 6jährigen Maria. Mir ist klar: Der hat keine Überlebenschance – aber wie bringst du das den Kindern schonend bei?  Sie holen eine Schaufel und graben im Garten nach Würmern – Piepsi wird gefüttert – er frisst tatsächlich was. Sie setzen ihn in einen Eimer, den sie mit weichem Moos auspolstern. Irgendwann kommen sie selber drauf: Wir werden ihn wohl nicht die Vogelmama ersetzten können – gell, Papa, das kann sein, dass der Pipsie stirbt? – Ich nicke still – ich weiß auch nicht so recht, was ich dazu sagen soll.
Piepsi wird den ganzen Abend lang bemuttert und gestreichelt.  Und ich bin ein bisschen verwundert: Sie lassen sich von dem Gedanken, dass Pipsie sterben wird, nicht beeindrucken. Sie lassen ihn nicht allein, lassen sich alles mögliche einfallen, dass es ihm gut geht.
Sterbehilfe – das ist das, was sie tun:  Nicht abmurksen, dass es schnell vorbei ist, sondern den kleinen Vogel begleiten auf seinem letzten Weg. Da könnten wir Erwachsene wirklich was lernen.

Ich wünsche ihnen einen guten Tag – und morgen früh erzähle ich Ihnen davon, wie es mit Pipsie weitergegangen ist.

 

Ein Grab für Piepsie

Guten Morgen. Gestern früh habe ich von Piepsie erzählt, dem winzigen Vogel, der aus seinem Nest gefallen war. Unsere kleinen Töchter haben ihn gefunden und einen ganzen Tag lang gefüttert und bemuttert. Am Abend wurde er mit ins Haus genommen, damit ihn keine Katze erwischt. Aber: Am nächsten Morgen lag er tot in seinem Bett aus Moos. Wir haben eine Schaufel geholt und im Garten ein kleines Grab ausgehoben. „Pipsie, bis bald, im Himmel” sagt Maria, als wir langsam die Erde auf ihm herunterrieseln lassen.
Komisch, mit ihren 6 Jahren war Maria noch nie auf einer Beerdigung, aber genau da, wo der Pfarrer dann von der christlichen Hoffnung aus der Bibel vorliest, sagt Maria diesen Satz vom Himmel, der uns einmal erwartet.  Sie hat auch nicht geweint, denn er hats ja jetzt gut: Im Himmel ist einer, der sich viel besser um Piepsi kümmert, als wir das hinbekommen haben.   Es ist schon seltam: Meine ganze Angst vor diesem Vogel-Drama war unbegründet. Unsere kleinen Mädchen konnten damit umgehen, dass dem kleinen Vogel nicht zu helfen war, und die haben gespürt, dass sein Tod nicht das schwarze Loch sein muss, wenn man Hoffnung hat, dass es danach weitergeht.
Jesus hat einmal gesagt: Wir sollen glauben wie die Kinder – und an diesem Tag habe ich das mal so richtig verstanden.
Einen guten Tag wünsche ich ihnen.

 

Gelassen trotz aller Verluste

Guten Morgen, zur Zeit spielt das Wetter unseren Landwirten ganz schön übel mit. Viel zu trocken ist es, dass die Saat auf den Feldern nur mäßig gut aufgeht. Und dann auch noch dieser Nachtfrost Mitte des Monats, der hat ja bei den Winzern und Obstbauern eingeschlagen. An manchen Orten ist zu befürchten dass die Rotweinernte komplett ausfällt.
Je nach Situation des jeweiligen Hofes bedeutet das für die Bauern echte Einschnitte. Da wird am Jahresende einiges an Ertrag fehlen – schon jetzt müssen sie sich darauf einstellen, dass das Geld am Jahresende fehlen wird. Das ist nicht einfach, das wird stellenwiese finanziell wirklich dramatisch.
Was mich fasziniert: Trotz allem sehen diese Männer und Frauen die Welt nicht untergehen. Sie wissen, dass sie vom Wetter abhängig sind.  Es geht nicht immer nur aufwärts. Es gibt eben fette und magere Jahre. Das gehört zum Leben dazu. Nicht nur in den Landwirtschaft. Viele von uns machen diese Erfahrung nicht mehr, tun sich schwer mit dem Auf und   vor allem dem Ab des Lebens umzugehen.  Da könnten wir war von unseren Bauern lernen
– von ihrer Lebenerfahrung
– von ihrer Lebenskunst, sie auch mit Tiefschlägen fertig zu werden.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

 

Mein gelber Engel Uli

Guten Morgen! Unser Postbote Uli ist ein Phänomen. Seit 10 Jahren hat der Mann immer gute Laune. Wenn er klingelt, weil er ein Paket oder sonstwas abgeben muss, ist immer ein kurzer Plausch, ein lockerer Spruch, ein freundliches Gesicht mit dabei. So ein richtig sonniger Kerl, da passt es ja, dass er so ein leuchtend-gelbes Postauto fährt.
Ich freu mich direkt auf ihn – unseren gelben Post-Engel.
Da denk ich mir: Bei mir im Dorf gibts auch viele einsame Leute, bei denen kommt manchmal den ganzen Tag über keine Menschenseele vorbei. Da ist unser Postbote vielleicht der einzige Kontakt mit einem anderen Menschen. Da muss Uli tatsächlich so was wie ein Engel sein, wenn er mit seiner fröhlichen Art für zwei Minuten bei einer alten einsamen Rentnerin vorbeischaut. Da freut die sich vielleicht schon den ganzen Morgen drauf. Menschen wie Uli sind Gold wert.
Manchmal denke ich: Solche Menschen sind ein Geschenk Gottes – ein Zeichen dafür, dass Gott sich immer wieder etwas einfallen lässt, um uns etwas Gutes zu tun. Ich freu mich dran, und bin dankbar, dass es solche Leute gibt. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen

 

Wasserwechsel

Guten Morgen, es ist Freitag, und heute abend wartet auf unsere Familie ein typisches Freitagabend-Ritual: Wasserwechsel! Nein, ich meine nicht die Kinder in der Badewanne, es geht um unsere Fische im Aquarium. Da muss man ja regelmäßig ein Teil des Aquarienwassers austauschen. So schleppe ich 60 Liter Wasser durch die Wohnung, damit sie sich die Neons, Guppies uns Antennenwelse wieder wohlfühlen. Wenn man das nicht macht, wird das Wasser sonst immer grüner, die Schadstoffwerte steigen und irgendwann merkt man auch, dass es den Fischen nicht mehr gut geht, in ihrer eigenen Brühe. Bevors brenzlig wird, muss altes Wasser raus und neues rein.

Bei uns Menschen gibts das ja auch: Dass wir nur in den eigenen Gedanken herumschwimmen, nur in den eigene Sorgen baden,  nur um uns selber kreisen – und dann wundern wir uns, dass es uns nicht gut geht dabei. Da wäre auch ein Wasserwechsel sinnvoll. Manche fahren dazu mal ein Wochenende weg um mal was anderes zu sehen. Ein Meditationsseminar in einem kirchlichen Einkehrhaus hat schon vielen gutgetan.

Ja und manchmal hats schon gereicht, mal mit einem Pfarrer eine Stunde lang über seine Gedanken und Sorgen zu reden.  Wie man wechselt ist egal, aber wir brauchen ihn – unseren Wasserwechsel.

 

Camillos Gespräche

Guten Morgen, Don Camillo und Peppone, viele von uns kennen diese alten italienischen Filme mit dem engagierten und schlitzohrigen katholischen Pfarrer, der mit dem kommunistischen Bürgermeister Peppone im Dauerstreit liegt. Als Kind habe ich die oft gesehen. Besonders beeindruckt hat da eine Szene: Da stürmt der Pfarrer Don Camillo aufgewühlt, wütend durch seine Kirche, überlegt sich, wie er dem Bürgermeister wieder eins auswischen kann. Und da redet ihn plötzlich Jesus an: Vom großen Kreuz am Altar herunter scallt seine weiche Stimme „Halt,  Don Camillo, bist du dir sicher, dass das der richtige Weg ist? Hat du schon mal an dies und jenes gedacht”. Und dann fangen die beiden zu diskutieren an. Ich sage ihnen:

Das gibts, das kann man selber ausprobieren.  Sich in die leere Kirche zu setzen, mit all den Gedanken und Gefühlen, die man mit sich herumträgt. Und mit diesem Jesus am Kreuz als Gegenüber zu reden. Zu schauen welche Gedanken da kommen.  Vielleicht tut sich da wirklich was, und sie entdecken eine neue Idee, eine bisher unbekannte Perspektive. Eigentlich braucht man dazu keine Kirche. Aber der Raum, die Stille, dieser Jesus am Kreuz als sichtbares Gegenüber – ich hab das Gefühl, das ist einfach nochmal was anderes. Vielleicht  haben sie ja mal Gelegenheit das zu versuchen.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

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