Predigt: Moses Anleitung zur Dankbarkeit (5. Mose 8, 7-18) Erntedank 2022

Dtn 8, 7-18

Lücken in den Regalen und explodierende Preise: Kann man da Erntedank feiern? Moses Rede an der Grenze zum gelobten Land ist eine wunderbare Anleitung zur Dankbarkeit.

Liebe Gemeinde,

wir alle kennen die Geschichte vom Auszug aus Ägypten. Das Volk Israel flieht unter der Führung des Mose aus der Unterdrückung in Ägypten nach Osten in das Land Kanaan. Das wunderbare Land, „wo Milch und Honig fließt“, so wird es ihnen verheißen. Auf dem Weg dorthin durchqueren sie das Schilfmeer, das sich vor ihnen teilt. Am Gottesberg auf dem Sinai spüren sie die Nähe des unsichtbaren Gottes. Er schließt mit diesem Volk einen Bund – verspricht ihnen seine Treue. Zehn Gebote werden ihnen verkündet, dazu noch zahlreiche andere Gebote und Verbote, die das Leben im neuen Land regeln sollen. Bis sie ans Ziel kommen, haben  sie noch eine lange und entbehrungsreiche Reise vor sich. Immer wieder geraten sie in schier aussichtslose Situationen – aber sie erleben Gottes wunderbare Hilfe. Ein auf und ab. Anstrengend, manchmal auch zermürbend. Aber sie sind sich bewusst: Ohne Gottes Führung und Hilfe hätten wird das niemals geschafft.

Jenseits des Jordans wird es anders
Schließlich stehen sie am Jordan, dem Grenzfluss zum Land ihrer Träume. Ein paar Schritte sind es noch. Dann wird alles gut!

Aber wird wirklich alles gut, sobald der Wohlstand in ihr Leben einzieht?
Was wird das mit ihnen machen, wenn sie nicht mehr von der Hand in den Mund leben müssen? Wenn sie nicht nicht mehr eine dünne Zelthaut, sondern ein festes Dach über den Kopf haben?

Es wird anders werden! Darauf sollten sie sich einstellen, das Volk, das aus der Wüste kam. Und so finde ich im 5. Buch Mose eine Sammlung von mahnenden Worten  –die buchstäblich schon den Blick auf das andere Ufer des verheißenen Landes werfen. Ich lese aus dem 8. Kapitel:

Predigttext

Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen fließen, 8 ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, 9 ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust.

10 Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 11 So hüte dich nun davor, den HERRN, deinen Gott, zu vergessen, sodass du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst. 12 Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst 13 und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, 14 dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft, 15 und dich geleitet hat durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre und kein Wasser war, und ließ dir Wasser aus dem harten Felsen hervorgehen 16 und speiste dich mit Manna in der Wüste, von dem deine Väter nichts gewusst haben, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit er dir hernach wohltäte.

17 Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen. 18 Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf dass er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.

Vergiss nicht, wer es dir geschenkt hat

Liebe Gemeinde,

diese Worte lassen den Blick der Israeliten über das schweifen, was da an Gutem auf sie zukommt: Ein Land mit genügend Wasser. Es wachsen Weizen, Feigen, Oliven, Weintrauben. Bodenschätze sind vorhanden. Häuser sprießen wie Pilze aus dem Boden. Die Rinder- und Schafherden werden immer größer. Handel bringt Wohlstand.
Wie bei einem Erntedank-Altar finden wir da ausgebreitet, was es da so alles geben wird. Fast schon ein Lobgesang auf die goldene Zukunft.

Und das alles wird verbunden mit einem Ratschlag – oder soll ich es als Warnung verstehen?

„Hüte dich davor, deinen Gott zu vergessen, der dir das alles ermöglicht hat. Pass auf, dass du nicht irgendwann auf die Idee kommst, das alles hättest du allein aus eigener Kraft geschafft.“

Wobei: Was die Israeliten sich da aufbauen, haben sie  durchaus mit ihren eigenen Händen aufgebaut. Aber Mose erinnert: Wer ist es denn, der dir deine Kraft gibt? Wer ist es, der dich davor behütet hat, dass nicht alles durch irendwelche Umstände wieder den Bach runtergeht?

Die Zeilen, die ich da vorgelesen habe, sind eine Warnung ohne Drohung. Das ist ungewöhnlich.  Meistens ist es ja so, dass eine Warnung oder ein Verbot auch mit Konsequenzen verbunden ist: „Wenn du dich nicht daran hältst, dann wird das und das passieren“.

Nichts ist selbstverständlich

Warum droht diese Rede am Ufer des Jordanflusses nicht mit Sanktionen?

Vielleicht, weil die Wirklichkeit schon Drohung genug ist? Die Israeliten haben jahrelange Erfahrung mit Entbehrung, Hunger und Durst. Sie kennen noch das Gefühl, wie es ist, wenn eine fremde Nomandengruppe angreift und man nicht weiß, ob man den Kampf überlebt.
Es war noch in allen Herzen und Köpfen drin: Es ist nichts selbstverständlich. Absolut nichts! Eigentlich ist es schon ein Geschenk, dass du am nächsten Tag wieder gesund aufwachst.

Eigentlich wäre zu erwarten, dass jeder von ihnen bis zum Ende seines Lebens sich dessen bewusst ist, das das alles ein Geschenk ist – ein Zeichen der Treue und Fürsorge Gottes. „Nie, niemals werde ich vergessen, woher wir kommen, und wie das früher gewesen ist.“ So höre ich die Israeliten in meiner Phantasie rufen.

Aber wir wissen auch, wie vergesslich wir Menschen sind. Wie schnell alles zur Gewohnheit und Selbstverständlichkeit wird.

Auch für uns. Wir feiern Erntedank – und das wohl auch bewusst und mit Dankbarkeit. Sonst wären wir nicht hier. Sonst hätten wir nicht so einen schönen und prächtig geschmückten Altar.

Aber das Bewusstsein dafür, dass das eben nicht selbstverständlich ist, das ist oft nur theoretischer Natur – das ist jedenfalls meine Erfahrung. Und sicher hat das etwas damit zu tun, dass ich zu einer Generation gehöre, die echten existentiellen Mangel an Gütern nicht kennt.

Abends ohne Hunger ins Bett gehen. Den Lichtschalter betätigen und der Strom ist da. Keine Angst haben, dass irgendwelche Vorräte zur Neige gehen. Und wenn wir nichts zu essen haben, bestellen wir uns halt eine Pizza.

Wir wissen: Mit dieser Situation gehören wir zu einem kleinen privilegierten Teil der Weltbevölkerung. Den meisten Menschen auf dem Globus haben es da viel viel schwerer. Für die ist das alles nicht selbstverständlich!

Ich sage uns da gerade nichts Neues. Das wissen wir ja alle. Aber momentan erleben wir eine Situation, wie sie für Milliarden andere Menschen tragischerweise Alltag ist:

Wir fangen an, uns um Krieg und Frieden Gedanken machen müssen. Gas- und Benzinpreise machen uns Sorgen. Wir leben mit leeren Regalen beim Sonnenblumenöl und stotternde Lieferketten. Wegen der langen Trockenheit sind die Kartoffeln so winzig wie lange nicht mehr. Für viele Menschen wird die finanzielle Situation so richtig schwierig.

Erntedank fröhlich feiern

Erntedank feiern ja nicht nur wir. Das feiern auch Menschen in anderen Regionen unserer Erde, denen es schlechter geht als uns, die weniger haben als wir. Manche behaupten: Diese Menschen feiern Erntedank leidenschaftlicher, froher und lauter als wir. Vielleicht weil sie aufgrund ihrer Erfahrung mit dem alltäglichen Mangel viel mehr das wertschätzen, was sie haben, was ihnen geschenkt worden ist.Sie blicken auf das was sie haben – nicht auf das, was gerade fehlt.

Liebe Gemeinde, was Mose an der Grenze zum verheißenen Land gesagt hat bleibt eine Mahnung und eine Anleitung zur Dankbarkeit:
Vergesst nie, wie gefährlich und entbehrungsreich diese vergangene Wegstrecke eures Lebens war. Diese Erinnerung wird euch lehren, jeden Apfel, jede Weinrebe und jede saftige Wiese als Geschenk Gottes dankbar zu feiern. Jedes neugeborene Kälbchen und jeder Regenbogen wird euch an die Treue Gottes erinnern – dass er bei euch bleiben wird – an sonnigen Tagen und in den dunklen Tälern des Lebens.

Amen

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2 Kommentare

  1. Huch. Soviel Werbung.
    Wirst du davon bezahlt?
    Oder was ist passiert??

    • Danke für die Rückmeldung. Kannst du genauer beschreiben, wo Werbung dich zuschüttet?
      Es ist knifflig, da optimale Einstellungen zu finden, damit die Seite sich selber finanziert und nicht penetrant mit Werbung zugekleistert wird.
      An sich habe ich bei Adsense die niedriste Werbedichte schon eingestellt.
      Ich habe jetzt mal die Anker-Werbung deaktiviert, die am Bildschirmrand auftaucht. Die nervt echt.

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