Radionandachten im März 2019 auf Charivari 98,6

Die unbewegliche Leiter

In Jerusalem steht am einem Kirchenfenster  der Grabeskirche eine Leiter. So, als hätte sie ein Handwerker eben mal stehen lassen, weil er etwas repariert hat.

Aber in Wirklichkeit lehnt sie da schon seit über 250 Jahren. Und keiner räumt sie auf. Denn diese Kirche teilen sich sechs verschiedene christliche Konfessionen: Katholische Kirche, griechisch-orthodoxe, Syrisch-orthodoxe und einige andere. Die sind dich untereinander eher selten einig. Immer wieder gibt es Streit – seit Jahrhunderten ist das so. Sie ahnen es: In der Frage, wem die Leiter gehört, und was man damit macht, wurde man sich nie einig – also steht sie immer noch da. Seit 250 Jahren!

Ich weiß nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll. Vor allem, wenn ich daran denke, dass es das ja auch mitten unter uns gibt. Wo in Familien nichts mehr vorwärts und rückwärts geht – weil die Situation so verfahren ist, und keiner sein Gesicht verlieren will.

Da möchte ich sagen: Kommt … fasst euch ein Herz! Springt mal über euren Schatten, über euren Stolz oder über euer Gekränktsein. Und sucht nach Lösungen. Ihr habt keine 250 Jahre Zeit, um das auszusitzen. Euer Leben ist zu kurz und zu wertvoll, um es mit sturem Stillstand zu vergeuden.

Palmkätzchen

Guten Morgen
Letzte Woche habe ich beim Sonntagsspaziergang tatsächlich die ersten Palmkätzchen entdeckt. Direkt an der Straße haben mir entgegen geglänzt: Silbern, mit ihrer flauschigen Oberfläche. Palmkätzchen, die allerersten Frühlingsboten, die mir sagen: So, der Winter ist jetzt bald rum, es geht wieder nauswärts.

Palmkätzchen haben schon ihren besonderen Reiz – und so mancher nimmt sich da auch gerne ein paar mit nach Hause und stellt sie in eine Vase. Aber das soll man ja nicht machen! Denn die Pollen des Palmkätzchens sind das erste und wichtigste Futter für Bienen nach der Winterruhe. Die brauchen das dringend, sonst kommen die nicht in die Gänge!

Und ich weiß schon, wie viele dann sagen: Ach, die paar Ästchen, die ich mir nehme …. Und da kriege ich einen Zorn: Unterschriften für „rettet die Bienen“ das kriegen wir alle super hin. Da tut ja auch nicht weh! Man fordert ja, dass die anderen was für die Bienen tun sollen.
Aber selber mal was machen! Das rettet die Bienen! Wer für die Bienen schreit, der muss jetzt die Palmkätzchen draußen lassen und in seinem Garten dafür sorgen, dass etwas blüht – statt nur Golfrasen und Steine zu pflegen.

Alles andere wäre scheinheilig

Einen guten Tag wünsche ich Ihnen

Aschermittwoch

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei!” Das alte Karnevalslied kennen wohl auch die größten Faschingsmuffel.

 „Alles vorbei! Das klingt ja fast nach Weltuntergang. Wie gut, wenn man am Faschingsdienstag noch mal gescheit das Leben genossen hat.
Naja, vielleicht schlagen ja deshalb einiger völlig über die Stränge.

Aber eigentlich geht’s am Aschermittwoch erst richtig los! Nämlich die 7 Wochen vor Ostern fangen da an.  Diese „Fastenzeit” – wo manche versuchen auf Alkohol oder Schokolade zu verzichten – die hat ihr  Vorbild darin, dass Jesus auch einmal 40 Tage lang in der Wüste gefastet hat: Da hat er sich darauf vorbereitet, anschließend sein Leben als Prediger und Heiler zu führen .

Am Aschermittwoch muss nichts vorbei sein – da könnte eher etwas anfangen: Nämlich das Nachdenken darüber, was mir im Leben wirklich wichtig ist, und was ich dringend machen oder ändern will.

In Ruhe nachdenken, was mir wichtig ist – um dann entschlossen seinen Weg zu gehen.

Dafür wünsche ich ihnen alles Gute.

Gerne arbeiten

Guten morgen

Frieda, mitte Siebzig wird im Krankenhaus aufgenommen. Sie ist gestürzt, und hat sich den Arm gebrochen. Den Krankenschwestern erzählt sie, wie das blöd ist, weil jetzt auf der Arbeit grade so viel zu tun wäre. Und es ist ja so schwierig Leute zu finden, die ihren Job kurzfristig übernehmen könnten.

Die Schwestern schauen sich an: Mitte Siebzig … und sie redet davon, dass sie bald wieder auf Arbeit müsste? … Ob man da mal einen Demenz-Test machen sollte?

Die Story ist tatsächlich passiert. Frieda ist Messnerin in ihrer Kirchengemeinde. Putzt das Gotteshaus, richtet die Blumen und sorgt dafür, dass vor dem Gottesdienst alles perfekt vorbereitet ist. Und das schon seit Jahrzehnten.

Das ist ihre Arbeit – Arbeit, die Frieda glücklich macht. Ein Aufgabe, die sie auch mit Mitte siebzig noch gerne tut. Weil es ihr soviel gibt – für die Menschen  und deren Kirche da zu sein.

Wir haben viele solche Friedas in unserem Land. Nur nehmen wir sie oft erst wahr, wenn sie sich den Arm gebochen haben.
Ach … sollten Sie Ihre Frieda mal treffen – sagen sie ihm doch mal danke für das, was sie tut.

Ohne Schwindeln

Für die beginnende Fastenzeit hat die Evangelischen Kirche in diesem Jahr ein etwas ungewöhnliches Motto ausgegeben: 7 Wochen ohne Lügen!

Da hab ich erst mal gestutzt: Hey, ich bin doch kein notorischen Lügner. Auf der anderen Seite kenne ich natürlich die Versuchung, nicht immer ganz ehrlich zu sein. Im Restaurant fragt die Bedienung, „hats denn geschmeckt?“, oder eine Freundin strahlt mich an “Na, wie findest du meine neue Brille?”

Da erlebe ich, dass es nicht immer einfach ist, Wahrheit und Freundlichkeit zusammen zu bringen. Und schon bin ich mittendrin im Dilemma: Mit kleinen Lügen und etwas zurechtgebogener (Un-)Wahrheit mache ich mir das Leben oft leichter und gehe Konflikten aus dem Weg.

Ich weiß nicht, ob mit knallharter Ehrlichkeit immer allen gedienst ist. Aber in den kommenden Fastenzeit könnte man ja mal öfter nachdenken: Ob ich vielleicht zu häufig den bequemen Weg gehe, statt einmal Tacheles zu reden.

Mal sehen, ob ich es schaffe.

Einen guten Tag wünsche ich Ihnen

Haar in der Suppe

„Herr Ober, da ist ein Haar in meiner Suppe.“ – so fängt ein Dutzend Witze an. Was aber meistens auf so einem Satz folgt, ist ja gar nicht lustig, sondern ein Drama –wenn nämlich der Gast wegen dieses Härchens über dem Koch zu Gericht sitzt.

Da frage ich mich schon, ob da in der Suppe außer dem Haar wirklich gar nichts drin war? Keine Nudeln, kein Markklöschen, weder Schnittlauch noch Selleriewürfel? – Kann ich mir echt nicht vorstellen.

Aber es gibt sie wirklich – die „Haar-in-der-Suppe-Finder“! Ich suche in meiner Suppe lieber Leberklößle, oder kleine Broccoli-Stückchen, oder Rindfleischwürfel. Da freue ich mich dann.

Eigentlich muss jeder selber wissen, wonach er in seiner Lebenssuppe sucht.
Denn das bestimmt dann seinen Blick aufs Leben.

Ein Haar in der Suppe wird es immer geben – manchmal ist es sogar ärgerlich dick und lang. Aber es ist immer  noch meine Entscheidung, ob ich an einem Haar verzeifle, oder ob ich munter und dankbar all die anderen guten Zutaten meiner Lebenssuppe genieße.

Einen guten Tag wünsche ich Ihnen

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