Wenn keiner widerspricht
Der erste Satz des seltsamen Kunden an der Kasse ließ schon Böses ahnen: Ach, verkauft ihr Laden jetzt auch schon so einem Mist? Dabei zeigte er auf ein Produkt, das sein Vordermann auf das Kassenband gelegt hatte.
Die Verkäuferin blickt ihn fragend an. Für ihn das Signal, erst richtig loszulegen: Wissen sie nicht, wie ungesund das ist? Und das ist eine Sauerei, dass man das überhaupt verkaufen darf und überhaupt: Ich kenne mich da nämlich aus….
Immer mehr steigert er sich hinein und belehrt alle Umstehenden mit seiner Weisheit, und weil er schon so schön in Schwung ist, wechselt er zur Bildungspolitik und stellt fest, dass Schüler und Lehrer auch immer dümmer werden.
Ich überlege mir, was er wohl selber nachher über seinen Auftritt gedacht haben mag? War er vielleicht sogar stolz auf sich – dass er schlauer ist als alle anderen? Schließlich hat ja auch keiner gewagt zu widersprechen. – Ich weiß es nicht.
Was ich aber weiß: Ich will in Zukunft noch vorsichtiger sein, wenn ich anderen meine Meinung sage, und keiner widerspricht: Es könnte sein, dass ich alle überzeugt habe. Aber vielleicht ist es ja auch so, dass sie unmerklich den Kopf schütteln, peinlich berührt schweigen, und denken: Lass ihn einfach reden – dann ist es am schnellsten vorbei.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen
Das Adam-und-Eva-Spiel
„Ich kann da gar nichts dafür!“ Ruft Adam laut. „Das war die Eva! Die hat mir den Apfel gegeben. Wenn ich gewusst hätte, dass der vom verbotenen Baum war….“
Adam und Eva im Paradies – wie ein altes Ehepaar, des sich drum streitet, wer von beiden Schuld daran hat, dass da irgendetwas schief gelaufen ist. Immer solls der andere gewesen sein.
Das hat damals im Paradies schon nichts geholfen, aber bis heute versuchen wir es immer wieder: Die eigene Schuld dadurch zu minimieren, indem man feststellt: Der Andere hat ja auch seinen Teil daran – und wenn der damals nicht dasunddas getan hätte, dann wäre alles gar nicht so schlimm gekommen.
Adam und Eva sind damals beide aus dem Paradies geflogen. Gott hatte ihr Spielchen durchschaut. Die Streiterei und die gegenseitigen Verletzungen hätten sie sich sparen können.
Aber Gott hat sie nicht aufgegeben: Er hat ihnen Höschen aus Feigenblättern gemacht, weil sie sich nackt gefühlt haben, und hat sich auch weiterhin um sie gekümmert. Wohl weil er verstanden hat, dass wir immer wieder Fehler machen.
Ob Gott allerdings versteht, warum wir dennoch immer wieder Andere für eigene Fehler verantwortlich machen, da bin ich mir nicht so sicher.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen
Worüber man sich ärgern kann
Guten Morgen.
Zur Zeit werde ich auf Facebook von Tierfotos genervt. Was da alles geteilt wird: Der Dackel, der eine Operation braucht. Der verschwundene Labrador. Die neugeborenen Meerschweinchen, eine tot aufgefundene Katze. Und traurig schauende Viecher aus Tierheimen, die ein neues Zuhause suchen.
Keine Ahnung, warum, facebook mich damit bombardiert – wollen die mich ärgern?
Aber wie war das vor knapp einem Jahr? Da war meine Timeline voll mit Hassbotschaften und schwachsinniger Propaganda. Alle Flüchtlinge waren da Vergewaltiger, Merkel eine Volksverräterin und die Presse von den Juden gesteuert. Mannomann – damals hätte ich mich über so eine harmlose „Bello sucht Herrchen“-Meldung gefreut.
Also eigentlich müsste ich mich dann ja über die ganzen Viecher in meiner facebook-Timeline freuen. Denn wo die bellen und maunzen, brüllt schon mal kein menschlicher Hassprediger.
Tja: Ärgern kann man sich immer über irgendwas. Aber
manchmal kann man froh sein, dass der Grund meines Ärgers eigentlich fast nicht
der Rede wert ist.
Alea iacta est: 10. Januar
Guten Morgen
Alea iacta est – der Würfel ist gefallen. Diese berühmten Worte hat Caesar heute vor 2068 Jahren gesprochen, als er nach Rom aufbrach, um dort um die Herrschaft zu kämpfen.
Der Würfel ist gefallen …. er kullert noch …. wer weiß, was am Ende dabei heraus kommt. Caesar hat gewagt und gewonnen. Aber es hätte auch schief gehen können.
Caesar wusste: Egal, wie gut ich alles plane – wie mein Vorhaben ausgeht, liegt dann doch nicht in meiner Hand, denn das Leben ist ein Spiel mit vielen Faktoren, die ich nicht beeinflussen kann. Alles war ich tun kann, ist: Den Würfel werfen, denn nur dann kann sich etwas verändern.
Aber warum die Würfel zu welchem Ergebnis kommen … dass wüsste ich manchmal schon gerne. Und ich merke: Es bleibt meist ein Geheimnis – gerade dann, wenn Dinge sich so ganz anders entwickeln, als man es erwartet hätte
Als Christ hoffe ich, dass da Gott oft genug seine
Finger mit im Spiel hat. Dass er es gut meint, mit meinen Lebenswürfeln – und
manches so lenkt, dass ich am Ende sagen kann: Gott sei Dank, dass das gut
ausgegangen ist“
Zwischen Glauben und Zweifeln
Guten Morgen
„Alles ist möglich, dem der glaubt“ – das ist doch mal ein Satz! Den hat Jesus gesagt. Nicht einfach so, als coolen Spruch für ein Motivations-Poster, sondern zu einem Vater, dessen Kind schwer krank war.
Ich kann gut verstehen, dass der Vater dadurch eher
noch verzweifelter war. Denn was ist, wenn mein Glaube zu schwach ist? Wenn ich
mehr Angst als Zuversicht habe? Sagt Gott dann: „Pech gehabt, zu hast zu wenig
geglaubt? Dein Kind bleibt krank!“ Und er hat Jesus angeschrien: Ich glaube ja,
und zugleich kämpfe ich mit dem Nichtglaubenkönnen in mir.
Was soll ich sagen? Er ist überliefert, dass das Kind gesund wurde.
Ich weiß, dass nicht jedes Kind gesund wird, nur weil die Eltern mehr oder weniger auf Gott vertrauen. Aber diejenigen, die diese Begebenheit damals aufgeschrieben haben, wollten uns wohl doch eine wichtige Erfahrung mitteilen:
Wenn dein Glaube etwas in deinem Leben verändern soll,
dann geht nicht darum, dass er frei ist von Zweifeln und offenen Fragen.
Sondern es ist wichtig, dass du überhaupt von deinem Gott etwas erwartest.
St. Knut – 13. Januar
Guten Morgen.
Haben Sie noch Ihren Weihnachtsbaum daheim stehen? Die Schweden zum Beispiel werfen ihn an diesem Wochenende aus dem Haus. Denn morgen ist der St. Knuts-Tag, und da ist traditionell die Weihnachtszeit in Schweden zu Ende. So soll das einst König Knut vor 1000 Jahren angeordnet haben.
Bei uns gibt es Leute, für die ist erst mit Lichtmess am 2. Februar Weihnachten vorbei. Und ich habe so manche Bäume gesehen, die tatsächlich bis dahin in den Wohnzimmern vor sich hin genadelt haben.
Eigentlich ist es egal, wann man den Weihnachtsbaum entsorgt. Ich würde mir halt wünschen, dass wir das Kind in der Krippe nicht gleich mit wegräumen. Dass dieser Jesus auch nach der Weihnachtszeit eine Bedeutung für uns hat. Dieser Mann, der uns aufruft, Freunde und Feine zu lieben. Der Ausgegrenzte akzeptiert und seinen eigenen Mördern vergeben hat.
Dieser Jesus mit seiner Botschaft ist für unsere Welt viel zu wichtig – als dass man ihn mit dem Weihnachtskrempel auf dem Dachboden einmottet.
Einen guten Tag wünsche ich ihnen.