Predigt: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens (1. Tim 6,12) 21. Mai 2006, Goldene Konfirmation

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Goldene Konfirmation, Silberne Konfirmation

Unser Glaube ist nicht immer Spaziergang. Manchmal ist es auch ein Kampf: Gegen Zweifel, Versuchungen. Ein Ringen mit Gott, und mit sich selbst.

Liebe Gemeinde,

vor 50 Jahren hat Pfr. Himmler zur Konfirmation über einen Vers aus dem 1. Timotheusbrief gepredigt. Im 6. Kapitel formuliert Paulus für seinen Mitarbeiter Timotheus einen lebensumfassenden Ratschlag: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, wozu du berufen bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen.

Zur Konfirmation bietet sich solch eine Weisung füŕs ganze Leben an. Und jetzt nach 50 Jahren ist es möglicherweise auch ganz spannend, auf den Spruch und auf die eigenen vergangenen Lebensjahre zurückzuschauen.

Kampf als Thema

Vom Kampf des Glaubens ist hier die Rede, wie auch an anderen Stellen der Bibel verwendet der Apostel Paulus den sportlichen Wettkampf als Beispiel. In ihm liefert man sich mit seinem Gegner einen guten, einen fairen Kampf und hofft als Sieger daraus hervorzugehen.

Gerade im Sport merkt man diese Doppeldeutigkeit des Kämpfens: Manchmal kämpft man ja mit einem Gegner, beim Ringen oder Fußball. Und manchmal kämpft man vor allem gegen sich selber und den inneren Schweinehund – denken wir an einen Marathonläufer. Beides gehört dazu.

Liebe Goldene Konfirmanden,

ich kann nur vermuten, das Sie in den letzten 50 Jahren auch manchmal zum kämpfen hatten – in ganz unterschiedlichen Bereichen des Lebens.

Heute möchte ich mal darauf blicken, wo Sie in Glaubensfragen zu kämpfen hatten. Dabei hoffe ich, dass wir dabei zwei wichtige Rahmenbedingungen des Wettkampfes nicht aus den Augen verlieren:

Erstens das Ziel des Wettkampfes – unser Bibelvers nennt hier das ewige Leben.

Zweitens die Regeln; das Bekenntnis zum christlichen Glauben, das sie vor 50 Jahren mit ihrem “Ja” hier am Taufstein ausgedrückt haben.

Kampf mit dem Zweifel

Schauen wir auf einen ersten Bereich in Glaubensfragen, mit denen man oft zu tun hat: Der Kampf mit dem Zweifel.

In der Zeit vor der Konfirmation haben sie viel gelernt – nicht nur Liedverse und Psalmen, sondern auch Glaubensinhalte. Und als Kinder haben sie dem Pfarrer möglicherweise so ziemlich alles auch geglaubt. Aber mit den Jahren sind sie älter, gescheiter und auch kritischer geworden. Haben mehr und mehr von dieser Welt gesehen … auch von der geistigen Welt. Da ist es nur logisch, das man sich fragt: “Ist es wirklich so, wie die christliche Tradition es sagt?”

Man sieht, wie andere Religionen auch für sich in Anspruch nehmen, die Wahrheit kennen. – Und dann kam noch der gesellschaftliche Wandel des vergangen halben Jahrhunderts dazu, der vieles Bisherige in Frage stellte. So mancher wird gegrübelt haben: “Ist der christliche Glaube vielleicht schon längst überholt?”

Die kritische Frage an den eigenen Glauben ist etwas ganz normales.  Ein Sprichwort sagt: Die Zweifel sind wie ein Vogel – ich kann nichts dagegen tun, dass er über meinen Kopf hinweg fliegt. Aber ich kann mich dagegen wehren, wenn er auf meinem Kopf ein Nest bauen will.  Zum guten Kampf des Glaubens gehört auch eine funktionierende Taktik, diesen Vogel am Nestbau zu hindern. Manchmal reicht es einfach, sich an das zu erinnern, was man an guten Erfahrungen im Glauben und mit seinem Gott erlebt hat.  So Manchem hilft es, die Gemeinschaft von Christen im Gottesdienst zu erleben – zu sehen, ich bin nicht allein, weder als Glaubender noch als Zweifelnder.

Ich weiß nicht, wie sehr solche Fragen an ihnen genagt haben oder immer noch nagen. Allein die Tatsache, dass sie heute hier sind, deute ich so, dass Sie trotz mancher Zweifel am Glauben nicht verzweifelt sind.

Kampf gegen die Versuchung

Ich möchte zur einer weiteren Disziplin im Glaubenswettkampf schreiten. Da spielen Regeln eine große Rolle. Gebote und Regeln des Lebens sind nicht die Grundlage unseres Glaubens; und doch haben sie eine wichtige Bedeutung: Sie schützen andere Menschen und uns selbst vor Handlungen, deren Folgen wir oft erst erkennen, wenn es zu spät ist.

Die 10 Gebote und Jesu Gebot der Nächstenliebe – daran rüttelt eigentlich kaum jemand grundsätzlich. Die Tücke liegt eher im Detail, im Umsetzen dieser Regeln im Alltag.  Du sollst nicht stehlen ist ganz klar – und zugleich merke ich bei der Steuererklärung, dass ich doch eigentlich mal versuchen könnte … die andern machen es doch auch und haben dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen! Genau genommen bin ich ja dumm, wenn ich die Verkäuferin darauf hinweise, dass sie mir einen 50-Euro statt eines 5-Euro-Scheines als Wechselgeld zurückgegeben hat!

Das ist das Ringen mit der Versuchung. Dinge zu tun, von denen man weiß, dass sie nicht recht sind – vielleicht aus dem Gefühl heraus, benachteiligt zu sein, etwas zu verpassen, denn man es nicht tut.

Aber hat man wirklich was verpasst, wen man der Versuchung nicht erliegt? Die Universität Göttingen hat vor kurzem eine bisher einmalige Studie herausgebracht. Sie befasst sich wissenschaftlich mit den Folgen des Fremdgehens. Das gehört ja zu den “traditionellen” Versuchungen. Was herauskam war so unerwartet, dass das Nachrichtenmagazin Focus das Thema auf die Titelseite brachte und 11 Seiten damit füllte. Während viele Menschen einen Seitensprung gerne als Ausrutscher verharmlosen wollen – stellte diese Studie fest: Der Seitensprung zerstört auf Jahre hinweg das Vertrauen zum Partner und das Selbstwertgefühl des Betrogenen. Auch dann, wenn offiziell Frieden geschlossen und vergeben wird, wirkt der geschehene Seitensprung weiter zerstörerisch in der Beziehung. Nichts wird danach mehr so sein, wie es einmal war.

Es ist wohl doch lohnend, nicht jeder Versuchung nachzugeben – sondern den Kampf mit ihr mutig aufzunehmen. – Auch wenn wir als Menschen nie unfehlbar sind. Aber ohne Kampf kein Sieg!  Und ich denke “Goldene Konfirmation” kann auch Gelegenheit sein, dankbar auf diese großen und kleinen Siege zurückzublicken.

Ringen mit Gott

Wechseln wir erneut den Schauplatz für den Kampf des Glaubens. Wir haben mit Zweifeln und Versuchungen zu ringen – aber auch mit Gott selbst. Die Erzählung vom Jakobs Kampf am Fluss Jabok (wir haben sie in der Lesung gehört) erzählt so eine Begegnung.

Mit Gott ringen – das geschieht dort, wo ich ihn nicht verstehe. Wo ich von ihm etwas will, eine Antwort etwa – aber ich erhalte sie nicht. Hinter diesem Ringen mit Gott steht oft ein tragisches Ereignis. Etwas, was die eigene Welt auf den Kopf gestellt hat.  Wahrscheinlich haben einige von Ihnen in ihrem Leben so etwas durchgemacht – das innere Ringen um den eigenen Glauben. Ein Kampf, der einen auf́s Äußerste herausfordert.

Selbst wenn dieses Ringen mit Gott dramatisch wirkt – auf Außenstehende wie auf einen selbst: Es ist kein Zeichen von Unglaube – vielmehr genau das Gegenteil!  Wer den Glauben aufgegeben hat, der ringt nicht mehr mit Gott – der macht sich stattdessen aus dem Staub; lässt Gott und die offenen Fragen hinter sich.

Jakob hat eine bleibende Erinnerung an diesen Kampf mit Gott: Eine Hüftverletzung. Vielleicht hat mancher von Ihnen auch so einen schweren Ringkampf mit Gott durchlitten und auch innere Narben davongetragen.  Mag sein, sie nehmeńs wie Jakob: Seine Verletzung erinnert ihn, dass ihm Gott in dieser Nacht des Ringens so nah war, wie nie zuvor.

 Der Kampf mit sich selbst

Ich komme zum letzten Punkt: Dem Kampf mit sich selbst. Mir geht es hier nicht um den inneren Schweinehund – sondern eher um das Gegenteil: Das innere “Über-ich”, das mir immer wieder vorhält wie ich denn eigentlich sein müsste und was ich alles hätte erreichen können, wenn ich mich mehr angestrengt hätte und konsequenter und und und … achja….

Je nachdem, wie nachdenklich ich veranlagt bin, geht mir das alles mehr oder weniger nach.  Und ich spüre bisweilen, wie ich mit mir selber hadere. Mit meinen kleinen und großen Schwächen, meinen kleinen und großen Fehlern im Leben. Oder ich grüble darüber nach ob ich mit meinen Begabungen, Talenten und Fähigkeiten sinnvoll umgegangen bin.Solche Bilanzsituationen bergen die Gefahr, dass man sich überkritisch betrachtet. Vielleicht weil man zu hohe Maßstäbe anlegt.

Könnte sein, dass Sie in den letzten 10 Minuten ein bisschen Moralpredigt der 50er und 60er Jahre wiedergefunden haben. – Was einen auch nachdenklich machen kann, so man denn nicht gleich die Jalousie herunterlässt.

Kämpfen heißt: Durch Siege und Niederlagen ans Ziel zu kommen

Moment – An dieser Stelle sollten wir zum Bibelwort von Paulus zurückkehren:

Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, wozu du berufen bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen.

Denken wir an den Wettkampf: Da gibt es Siege und Niederlagen – die gehören dazu. Paulus hat nicht gesagt: “Gewinne immer” – sondern “kämpfe”: Das Ziel- das ewige Leben -, liebe Goldene Konfirmanden, von dem Paulus schreibt, ist nicht davon abhängig, wie viel Siege ich im Kampf des Glaubens eingefahren habe. Es geht darum, den “Kampf” aufzunehmen, sein Leben als Christ zu gestalten mit allen Siegen und Niederlagen.

Für diesen Weg wollen wir ihnen heute den Segen Gottes zusprechen.

Und im Abendmahl werden Sie erfahren, dass Gott sich ihnen schenkt und alles gibt, was sie auf diesem Weg brauchen.

– Den Weg des guten Kampfes im Glauben:

Kämpfe mit dem Zweifel – mal wird er Oberhand gewinnen und einmal wirst du wieder siegen und Gewissheit gewinnen.

Kämpfe mit den Versuchungen – Schau zu, dass du in diesem wilden Gefecht möglichst oft widerstehst und wenig Federn lassen musst.

Kämpfe mit dir selbst – und erkenne, dass bei dieser Form de Auseinandersetzung immer du gewinnen wirst.

Ringe mit Gott – und erkenne, dass es hier nicht um den Sieg geht, sondern um die Erfahrung ihm unvergleichlich nahe gekommen zu sein.

Amen

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