Predigt: Die enge Pforte und der breite Weg (Matthäus 7,13-14, Bild-Predigt) 27. Februar 2011

Jzwei_wegeesus sagt: “Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt”. Da klingt nach einer kniffligen Predigt.

Liebe Gemeinde,
bei der Aktion „Pfarrer sag mal” landete auch die ein oder andere Bibelstelle in der Kiste. Warum auch nicht? Mit biblischen Texten kann man durchaus seine Schwierigkeiten haben. Noch dazu, wenn sie nie als Predigthema auftauchen.
Der Vers, um den es geht, ist offiziell das Evangelium zum Konfirmationsfest. Also müssten wir es einmal im Jahr in der Lesung hören und alle 6 Jahre würde drüber gepredigt. Aber am Konfirmationsfest gehen die Uhren eben anders, darum ist Mt 7,13 eher sehr sehr selten auf der Kanzel zu hören.

Zum Beispiel heute:  Matthäus 7,13-14 Jesus spricht in der Bergpredigt: 13 Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen. 14 Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!

Da beschreibt Jesus zwei mögliche Lebenswege: Den einen breiten bequemen, der den Menschen in den Untergang führt. Und den engen, schmalen, den nur wenige gehen, der ins Leben, in Gottes Reich führt. Er stellt seine Zuhörer vor eine Entscheidung: Entweder oder! Du als Christ du sollst überlegen, ob du mit dem breiten Strom mitschwimmst, das machst, was alle machen  –  oder jetzt wirklich konsequent einen anderen Weg einschlägst, den Weg, den nicht jeder geht, der Weg, der dir mehr Engagement und Selbstdisziplin abfordert als der breite komfortable.
So weit Jesu Worte.

Jesus spricht sie im Zusammenhang der Bergpredigt. Also bei dieser großen Rede, bei der er ganz grundlegend ethische Fragen anspricht: Wie gehe ich mit meinem Feinden um? Wie ist das mit der Rache, mit der ehelichen Treue, mit unseren nicht gehaltenen Versprechen? Jesus verkündet hier eine klare Linie. Er stellt Forderungen auf, die echte Herausforderungen sind und uns meist auch überfordern.  „Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, so halte auch die andere hin”. „Wer einer andern Frau nur gierig hinterher schaut, hat im Herzen schon die Ehe mit ihr gebrochen” – solche steilen Aussagen bringen uns schon an unsere Grenzen. Und ich spüre: Wenn Jesus das mit dem breiten Weg und der engen Pforte ernst meint, komme ich wirklich an meine Grenzen.

Die Wirkungsgeschichte: Das Bild von Charlotte Reihlen

Liebe Gemeinde,zwei_wege
dieser Vers hatte in den vergangenen 2000 Jahren seine ganz eigene Wirkungsgeschichte. Mir fällt da zum Beispiel ein Gemälde ein, das vom schwäbischen Pietismus aus seinen Siegeszug in viele Zimmer angetreten hat. Um 1860 hat die Stuttgarter Kaufmannsfrau Charlotte Reihlen ein Bild malen lassen, das diese beiden Wege zeigt. Eine Mauer ist im Vordergrund mit einem weit geöffneten Tor, „herzlich willkommen” steht darauf: Der breite Weg. Und dann gibt es eine kleines Türchen, links davon ein Prediger im Anzug, rechts davon ein Schild: „Reich Gottes”.
Der Weg ins Reich Gottes ist gesäumt von einer Kirche, einer Sonntagsschule, einem Diakonissenhaus und einem wohltätigen Kinderheim. Er führt über enge Brücken, einige Szenen von Bedrohung sind zu sehen, die mit Gottvertrauen gemeistert werden. Und ein steiler Pfad führt hinauf auf einem Berggipfel, auf dem das himmlische Jerusalem golden zu sehen ist. Am Horizont ist weit gespannt der Regenbogen zu erkennen.
Der andere Weg, der zur Verdammnis, lädt gleich am Tor mit einer Art Heckenwirtschaft ein, wo Wein getrunken, wird. Dann folgen das Gasthaus „zum Weltsinn”, das einen Maskenball veranstaltet, es folgen Spielcasino, Debattierclub, Pfandleihhaus. An einer Stelle steht noch einmal einer, der Menschen auffordert hinüberzuwechseln auf den schmalen Pfad. Aber wer weiter auf dem breiten Weg geht kommt in eine gespenstische Szenerie:
Überall Soldaten und Gewehrfeuer, Geiselnahmen und Tote. Das Ende des Wegs ist ein feuriges Inferno, eine dem Untergang geweihte Stadt. Über den Flammen im Rauch erkennt man kreisende schwarze Gestalten und eine hell leuchtende Waage als Zeichen des jüngsten Gerichts.
Ein durch und durch moralisches Bild. Für Generationen von Menschen war oder ist es eine Übersetzung des Jesuswortes von den zwei Wegen. Aber wir spüren auch, dass es in problematischer Weise schwarz-weiß malt.  So einfach ist es ja nicht.
Wer in der Wirtschaft einen Schoppen Wein trinkt, wer ist Theater geht, oder Lotto spielt ist deshalb ja noch nicht auf dem Weg in die Hölle. Umgekehrt ist der Besuch der Kirche oder der Beitritt in ein Diakonissenmutterhaus ja auch kein Freifahrtschein für den Himmel. Aber dennoch hat Jesus doch von zwei Wegen mit unterschiedlichen Endpunkten gesprochen. Wie gehen wir jetzt damit um?

Blick von der Mitte der Schrift her

Da will ich es mit Martin Luther halten: Wenn wir davon ausgehen, dass die gesamte Bibel Gottes Wort ist, tun wir gut daran, dass wir einzelne Aussagen immer von der Gesamtheit der Bibel her beleuchten. Von der Mitte her das Einzelne interpretieren. Wen wir bei der Frage einzelner Aussagen der Bibel ins Schleudern kommen, ist ein Blick auf die Gesamtheit der Bibel hilfreich. Welches Bild liefert denn die gesamte Bibel zum dieser Fragestellung? Und dann komme ich wahrscheinlich weiter, als wenn ich mich auf einzelne Aussagen versteife. Diese Methode hat auch Jesus angewandt: Er hat auch bestimmte Aussagen des Alten Testaments aufgenommen und sagte: Es steht da zwar  „Auge um Auge”, aber im Grunde will Gott etwas anderes, nämlich, dass ihr eure Feinde liebt. Denn die Mitte ist nicht die rächende Gerechtigkeit, sondern die vergebende Liebe.

Blicken wir nun auf das Gesamtzeugnis der Schrift. Auf die Erkenntnis,  dass wir durch Jesus, wenn wir an ihn glauben, ja Vergebung unserer Schuld erhalten. Wenn wir von dieser Mitte ausgehen, bekommt das Wort von der engen Pforte noch einmal ein neues Profil:
Für mich als Glaubenden ist die Verdammnis nicht mehr das Thema. Durch den Glauben bin ich gerecht gesprochen und gerettet – unabhängig von meinen guten Taten oder meinen Fehlern. Das Gericht über den Flammen auf diesem Bild ist schon jetzt nicht mehr von Belang, wenn ich mein Leben auf Jesus Christus gründe.  Gerettet aus Glauben – nicht aufgrund tadelloser Lebensführung.
Von daher muss ich auch das Gemälde kritisieren. Denn es legt nahe, ass es auf die Lebenführung ankommt; aber es ist doch der Glaube, der rettet!

Der bleibende Impuls der „zwei Wege”

Aber damit ist der Satz Jesu mit den beiden Wegen nicht überflüssig geworden. Vielleicht ist er damit erst recht wichtig! Denn wo wir uns entspannt zurücklehnen und sagen: „Wir sind gerettet, da kann uns nichts mehr bedrohen”, da höre ich Jesus sagen: „Hallo mein Freund, pass auf, dass du nicht grade auf die falsche Spur gerätst. Dein Glaube, dein Gerettet-Sein hat auch Konsequenzen.
Wo Gott dir seine Liebe schenkt und dir Schuld vergibt, kann das ja eigentlich nicht ohne Folgen für dein Leben sein. Du hast Verantwortung für deinen Lebensweg. Gehe den richtigen Weg, auch wenn er nicht immer der einfache und gemütliche ist!

Ein neues Gemälde

Da käme man fast in Versuchung, ein neues Bild zu malen. Vom breiten Weg und der engen Pforte.  Nein, ich würde keine Gastwirtschaft und kein Theater auf dem breiten Weg zeichnen. Aber vieles, was unser gemütliches Leben zeigt, dass uns nicht in die Hölle, aber in irdische Abgründe zu stürzen droht.  Viele Szenen würde ich da hineinzeichnen, die unseren, die meinen Lebensstil charakterisieren.
– Eine Ernährung, die viel zu gedankenlos konsumiert.
– Ein Ressourcenverbrauch der den Klimawandel befördert und nachkommenden Generationen viele Grundlagen entzieht.
– Unsere demografische Entwicklung, unsere wachsende Erziehungsunfähigkeit in Deutschland.
– Die ungebremste Macht der Finanzmärkte ….
…. das sieht schon gewaltig nach Abgrund aus, worauf wir da zusteuern.

Und wenn wir da noch etwas ändern wollten, dann müssten wir gewaltig umdenken, müssten als Weltgesellschaft Einschränkungen hinnehmen, die politisch kaum vermittelbar wären. Die Pforte wäre so eng! Das, was man seinen Bürgern zumuten müsste, wäre so einschneidend, das würde keine politische Macht überstehen. „Weg ist breit, der zur Verdammnis führt” – da wird einem schon unwohl, wenn man das hört.
Und ich spüre, wie dieser Jesus mir nochmal auf die Schulter klopft: „langsam langsam du Pfarrer. Bevor du gleich diese ganze Welt durch die enge Pforte quetschen willst. Fang doch erst mal bei dir selber an; da hast du schon genug zu tun….”

Amen

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3 Kommentare

  1. hallo, ich habe eine Ausarbeitung über die Bergpredigt siehe
    http://workupload.com/file/SsuT8cP
    es ist aus meinem Buch http://workupload.com/file/wXuYH8t

  2. Paul-Gerhard Müller

    Schalom,
    Danke für die gute Aussage in der Predigt.
    Dr. Martin Luther hätte ich zwar nicht gerade zitiert, da sein Lebenszeugnis nicht gerade von einem Gesamtverständis zeugt.
    https://www.theologe.de/martin_luther_juden.htm.
    Aber die Gesamtaussage Deiner Predigt fand ich so gut, dass ich sie auf Facebook gepostet habe, in der Hoffnung, dass viele Deine Botschaft lesen und Buße und Umkehr die Frucht sein möge.
    In Jeschua verbunden

  3. Finde ich sehr schön den Artikel, aber halten sich immer so bei dem Begriff „enge Pforte“ und „schmaler Weg“ auf… ich denke, das ist ja nur ein Sinnbild. Der Weg ist eng und schmal, weil er nicht bequem, breit und ausgelatscht ist, eben weil ihn kaum einer geht. Das heißt aber nicht, dass man sich „hindurchquetschen“ muss, sondern, dass man sich eben für einen Weg entscheidet, der sehr schmal und hart ist und wo man nicht viel Gesellschaft hat.
    Ebenso finde ich schade, dass dieses Gleichnis heute nicht mehr verbreitet wird, auch in der Kirche wird das glaube ich nicht mehr gerne ausgeführt. Man will es sich nicht mit dem Volk verscherzen. Aber es ist doch so: Das Weltliche macht uns nicht glücklich. Viele werden heute depressiv und sehen keinen Sinn mehr im Leben und sie haben Recht! Das Leben, wie wir es heute oft leben, hat ja keinen Sinn. Sie bräuchten dringend dieses Bild um neuen Mut zu schöpfen.

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