Predigt: Runter vom Rechtfertigungssofa (Matthäus 25, 31-46) 18. November 2018

Matthäus 25, 31-46
Die Erzählung vom „Weltgericht“ rüttelt uns wach, wenn wir es uns auf dem Sofa der Rechtfertigung allzu gemütlich gemacht haben. Jesus fragt danach, wo unsere Gottesliebe sich in der Liebe zu den Menschen zeigt

Predigttext Mt 25,31- 46

Wenn aber  der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit ihm, dann  wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, 32 und  alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und  er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, 33 und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.  

34 Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! 35  Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. 36 Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.

37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? 38 Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet? 39 Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?

40 Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch:  Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

Liebe Gemeinde,

– Mt 25 als Patentrezept? –

Wenn ich mit meinem Computer so durch Internetseiten schaue, ploppt alle Nase lang irgendeine Werbung auf, die mir das große Glück mit ganz ganz wenig Aufwand verspricht:

– Verdienen Sie mit Bitcoin-Handel in wenigen Tagen Zehntausend Euro.

– Unglaublich: Wenn man diese Pflanze isst, nimmt man 10 Kilo in zwei Wochen ab.

– Alle 14 Sekunden verliebt sich ein Single auf unserer Dating-Plattform – sie könnten der nächste sein.

Die Botschaft ist klar: Wenn ich jetzt das Richtige tue,dann habe ich ausgesorgt. Ich überlege, ob ich unseren Predigttext auch soverstehen könnte: In sieben Schritten in den Himmel:

Am Montag wird ein Hungriger gespeist.

Am Dienstag bekommt ein Durstiger etwas zu trinken.

Am Mittwoch lasse ich einen Fremden auf meinem Sofa übernachten.

Am Donnerstag bekommt die Altkleidersammlung einen Pullover für das nackte Kind in Afrika.

Am Freitag schau ich kurz im Krankenhaus vorbei und besuche meinen Nachbarn

Und am Samstag schaue ich einen „Ein Fall für zwei”, daspielen auch immer einige Szenen in der Untersuchungshaft. Damit absolviere ich also meinen Besuch im Gefängnis.

Guten Mutes kann ich dann am Sonntag meinem Gott sagen: Ich habe alles getan, was im Predigttext bei Matthäus verlangt ist.

Hiermit beantrage ich den Stammplatz im Himmel.

So einfach wäre es doch wunderbar. Mit sechs sozialen Kleinigkeiten wäre die Frage mit Himmel und Hölle, wäre die ganze Unsicherheit, was Gott so über mein Leben denkt, elegant gelöst.

Sie ahnen schon: Die Sache ist doch nicht ganz soeinfach.

– Der ent-scheidende Punkt –

Werfen wir einen Blick auf diese Szene, die Jesus hier erzählt:

Da kommen die Völker zum Gericht. Alle wissen: Jetzt ist die Stunde der Wahrheit. Da  hat ja jeder so ein bisschen die eigene Lebensbilanz im Kopf: Was könnte Gott gefallen haben? Wofür werde ich bestimmt Ärger bekommen?

Und so mancher wird sich überlegt haben, was er gegenüber Gott an Gutem in eigener Sache geltend machen könnte.

Aber dann kommt es anders: In dieser Erzählung Jesu gibt es keine Anhörung in der ausführlich die guten und schlechten Taten, die Spenden, die Opfer oder der Gottesdienstbesuch gezählt wird.

Vielmehr wird einfach in zwei Gruppen geschieden: Die einen zur Rechten, die anderen zur Linken. Und der Weltenrichter, der Menschensohn, blickt in fragende Gesichter: Warum sind gerade wir auf dieser Seite gelandet und nicht auf der anderen? Wir hätten doch gerne auch ein Wörtchen mitgeredet!

Die Antwort des Weltenrichters ist eine scheinbar banale: „Ich bin euch begegnet – In Form der Hungrigen, der Durstigen, Fremden, Nackten, Kranken und Gefangenen. So habe ich euch besucht. Und entsprechend eures Verhaltens habe ich euch jetzt auseinander sortiert.“

So einfach geht’s!

Geht es wirklich so einfach? Ist unser Evangelium von heute wirklich die Anleitung: „Mit sechs Handgriffen in den Himmel?“

-Worauf kommts an: Mein Tun oder mein Glaube ? –

Liebe Gemeinde,

wonach hat der Richter entschieden? Man könnte vermuten, dass in dieser Geschichte das soziale Handeln der Menschen beurteilt wird, und der Glaube plötzlich gar nicht gefragt ist. Nein – der Glaube spielt eine zentrale Rolle in dem Handeln der Menschen vor dem Richter:

Denn ich kann die Liebe zu Jesus Christus und die Liebe zu den andern Menschen ja nicht trennen. Ich kann nicht zu Jesus sagen: „Komm Herr Jesus, sei du unser Gast“ und zugleich einen Hungernden eine Mahlzeit verwehren. Denn damit hätte ich diesen Herrn Jesus eben wieder ausgeladen.

Mein Handeln ist immer Ausdruck meiner inneren Einstellung. Darum ist mein christliches, den Nächsten liebendes Handeln auch Ausdruck meines christlichen Glaubens. Wo Glaube drin steckt, kommt Nächstenliebe heraus.

Der Richter fragt nach dem Glauben. Aber in dieser Geschichte rüttelt uns Jesus auf und sagt: Hallo, mein Freund, wird dein Glaube auch nach außen in deinem Handeln sichtbar?

 – Aber aber aber ! –  

Liebe Gemeinde,

Vor 14 Tagen haben wir Reformationstag gefeiert. Unsdaran erinnert, dass allein der Glaube uns vor Gott gerecht erscheinen lässt.

Und man hat den Eindruck, dass Jesus, der uns nur zu gut kennt, schon gesehen hat, dass wir in der Versuchung sind, es uns recht gemütlich zu machen: Ich glaube ja schließlich … dann muss ich ja nicht auch noch so viel Gutes tun.

Jesus gibt uns da einen ziemlich kräftigen Tritt, schubst uns von unserem Rechtfertigungs-Sofa herunter:

Hey, ist dein innerer Glaube auch nach außen spürbar?

Wie ist das mit den Hungrigen und Durstigen?

Nehme ich sie noch wahr? Oder bin ich schon abgestumpft gegenüber der Not und dem Leid in vielen Ländern unserer Welt. Lassen mich die Berichte über das Elend mancher Menschen schon richtig kalt? Schau ich lieber auf schön gestylte Instagram-Idylle statt auf Berichte aus den Krisenregionen unserer Welt?

Wie ist das mit dem Fremden?

Bin ich noch bereit, auf Menschen zuzugehen, die mir fremd und bei uns fremd sind? Oder zieh ich da emotional schon den Stacheldraht hoch, weil es Leute mit ihrer Hetze geschafft haben, jeden Nicht-Einheimischen unter Generalverdacht zu stellen?

Wie ist das mit den Nackten?

Wenn da einer im Gespräch auf der Straße förmlich ausgezogen wird, weil man über ihn herzieht. Weil er gar nicht dabei steht und nicht weiß, was da über ihn verbreitet wird, ist er ja völlig nackt und wehrlos in dieser Situation. Wie oft bin ich bereit, in so einem Gespräch den Mantel der Barmherzigkeit zu ergreifen indem ich den Lästerern Paroli biete?

Wie ist das mit den Gefangenen?

Bringe ich die Energie auf, auf Menschen zuzugehen, die in ihren Problemen gefangen sind, die nicht von selbst auf mich zugehen können, sondern wo ich mich mühsam zu ihnen hindurcharbeiten muss. Bin ich geduldig mit solchen schwierigen Menschen – oder sage ich vorschnell: Dann eben nicht … dann musst du halt selber schauen wie du zurechtkommst.

Wie ist das mit den Kranken?

Habe ich noch das Gespür, zu entdecken, wo Menschen die sonst so stark und selbstständig sind, doch plötzlich meine Hilfe oder ein Gespräch mit mir brauchen? Stehe ich da zur Verfügung? Bringe ich den Mut auf, da ganz viel Energie für einen anderen Menschen zu verwenden. Energie und Zeit, ich auch gut für mich selbst gebrauchen könnte?

Manchmal ist mein Handeln eben auch ein Spiegel meines Innersten. Darauf stoßen mich diese Fragen ganz deutlich.

Ich weiß nicht, wie es genau aussehen wird, wenn der Christus als Weltenrichter sein Urteil fällen wird. Vielleicht wird er auch Fragen stellen, auf die wir gar nicht gefasst sind.

Aber aus meiner Bibel ziehe ich die Gewissheit: Wenn ich als Christ mein Leben im Glauben führe, im Vertrauen auf Jesus Christus, dann brauche ich vor dem Gericht eigentlich keine Angst haben: Wo ich aus dem Glauben heraus handle, da ist es eigentlich Jesus selbst, der mein Handeln bestimmt. Da kann es doch eigentlich keine bösen Überraschungen geben.

Amen

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