Predigt: Was man so alles geschenkt bekommt.
Sommerfest der Vereine in Gollhofen mit Geschenkaktion zum 200-jährigen Jubiläum der Bayerischen Landeskirche
Liebe Gemeinde,
wenn meine Patin zu Besuch gekommen ist, war das für mich als kleiner Junge immer ein besonderes Ereignis. Nicht nur, weil es sich nur 2-3 mal im Jahr ereignet hat, sondern weil sie immer ein paar Geschenke dabei hatte. Ein paar Tafeln Schokolade und irgendwas kleines zum Spielen. Manchmal waren es auch nur Werbegeschenke, die ihr Sohn aus der Arbeit mitgebracht hatte. Wackelbilder, die damals ganz was neues waren, oder kleine Plastikfiguren. Ich fand das einfach toll – spannend – immer wieder eine Sensation.
Es ist einfach schön, wenn man beschenkt wird. Und gerade als Kind hat man dazu ja noch einen ganz unmittelbaren Zugang zum Beschenktwerden: Man bekommt Geschenke und muss sich keine Gedanken machen: Was schenke ich zurück?
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft” – an diesem Sprichwort ist was dran: Geschenke tranportieren ja auch eine Botschaft:
– Ich gebe dir gerne was.
– Du bist wertvoll für mich.
– Wenn du dich über etwas freust, freue ich mich mit.
Beziehung, Freundschaft kann man nicht kaufen. Aber mit einem Geschenk dieser Verbundenheit Ausdruck zu verleihen, das geht durchaus.
Diese Geschenkaktion unserer Landeskirche hat ein bisschen etwas davon aufgenommen. Die Geschenke, die die Gemeinden hineingelegt haben, sind ja solche, mit denen man sich gegenseitig eine Freunde machen will. Etwas von dem, was man hat oder kann, möchte man anderen einmal zu Verfügung stellen. Ob es die Landschaft der Altmühl und die Weidenkirche ist, oder die Ergebnisse hingebungsvollen Sockenstrickens. Und wenns wir uns mit Bläsern und Pfarrer für einen Gottesdienst woanders zur Verfügung stellen, dann geben wir der Gemeinde ein etwas anderes Programm und dem dortigen Pfarrer ein predigtfreies Wochenende.
Zugleich nehmen wir uns mit den Geschenken des Paketes intensiver wahr. In diesem Paket sind Geschenke, wie für uns wenig sinnvoll sind, aber sie lassen uns erahnen, wie unterschiedlich unsere Schwestergemeinden in ganz Bayern sind.
Da ist die Erlöserkirche in Erlangen. Diese Gemeinde bietet an einer Brennpunktschule eine Mittagsbetreuung an, bei der es drum geht den Kindern in sozial schwierigen Verhältnissen beizustehen.
Die Schweinfurter Auferstehungsgemeinde führt seit Jahren Glaubenskurse für Erwachsene durch. In ihnen überlegen Mittvierziger, was es in der Lebenmitte heißen kann, Christ zu sein.
Je länger ich in diesem Paket stöbere, umso mehr merke ich, wie groß unsere Vielfalt in den bayerischen Gemeinden ist.
Geschenke sind nicht immer ohne Probleme: Die meisten kennen das Dilemma, wenn es auf Weihnachten zu geht:
– Was schenken wir Onkel Alfred, der hat doch schon alles?
– Was haben wir letzten Jahr von den Schmidts bekommen, war das nicht so furchtbar teuer? Mist, jetzt müssen wir auch tiefer in die Tasche greifen.
– Sollen wir Oma Lina wieder einen Geschenkgutschein für die Apotheke über 30 Euro ausstellen; wir kriegen ja auch immer einen vom Geuder.
Schenken ist eigentlich etwas sehr individuelles. Und die meisten Menschen sind überfordert, wenn sie im Vorfeld von Weihnachten den Überblick behalten sollen, und wirklich passendes individuelles verschenken wollen. ich kann das nicht, und bin froh, dass meine Frau das draufhat. Denn sonst wirds wirklich nur eine Hin-und Herschieberei von Dingen oder Geld.
Wie ist das eigentlich mit Gott – was schenkt er uns eigentlich? Als Gemeinde oder als einzelner Mensch? Naja, wenn wir davon reden, dass jemand begabt ist, merken wir: Das steckt das Wort „geben” drin, und da liegt der Gedanke nahe, dass Gott der Geber unserer Begabungen und Fähigkeiten ist. So, wie ich unsere Schöpfung und vieles Mehr auch als Geschenk Gottes verstehen kann.
Genauso seine Liebe zu uns, seine Bereitschaft, um anzunehmen, uns zu vergeben, wo wir Schuld auf uns laden. Geschenke, die wichtig sind, diem nur geschenkt bekommen, die es nirgends zu kaufen gibt. Dabei übersieht man schnell, dass überhaupt unser Leben ein Geschenk Gottes ist.
Liebe Gollhöfer, diesen Satz hätte ich vor einem Jahr auch sagen können, weil er einfach richtig ist. Aber ich hätte ihn halt vernunftmäßig gesagt, ohne besondere Betonung. In den vergangen Monaten hat sich da geändert, da ist in unserem Dorf so viel passiert, was mir gezeigt hat: Mensch, dass du lebst, ist ein Geschenk. Es ist nicht selbstverständlich, dass du noch da bist. Der Grat zwischen Leben und Tod ist oft sehr schmal, es entscheiden manchmal Sekunden, oder wenige tragische Umstände, die zusammenkommen oder nicht zusammenkommen darüber, ob du morgen noch hier bist. – Mensch, du hats es nicht selber in der Hand. Dein Dasein auf dieser Erde ist ein Geschenk.
Wer so reich beschenkt ist, der hat oft das Bedürfnis, etwas zurückzuschenken. Das haben wir ja im Laufe der Erwachsenwerdens gelernt. Mit Gott ist das nicht so einfach – Was soll ich jemanden schenken, der mir etwas unermesslich wertvolles wie mein Leben geschenkt hat? Da gibts ja keinen Gegenwert. Aus der Rolle des Empfangenden, der nichts gleichwertiges zurückgeben kann, kommen wir Gott gegenüber nicht heraus.
Naja, ich denke es gibt einen Weg: Dass ich mein Leben zurück-schenke. Wie geht das? Ganz einfach, indem ich es entsprechend gestalte.
Ein Beispiel:
Wenn ein Vater seiner Tochter ein wertvolles Fahrrad schenkt, dann macht er das gerne; und erwartet nicht, dass er ein Gegengeschenk bekommt; dazu wäre sie ja auch nicht in der Lage. Aber er nimmt wahr, wie sie mit diesem Geschenk umgeht.
Unternimmt sie damit Fahrten mit ihrer Freundin, pflegt es, fährt auch mit ihren Eltern mal durch die Gegend? – Dann weiß er: das Geschenk ist in guten Händen.
Anders sieht es aus, wenn er beobachtet, dass sie dort herumdonnert, wo Fahrräder nicht hingehören, es nach wenigen Tagen verkratzt ist, weil sie es nicht abstellt, sondern einfach auf den Boden wirft. Die Beleuchtung ist schon abgerissen und sogar die Nachbarn machen sich Sorgen um ihren riskanten und rücksichtslosen Fahrstil. Dann wird sich der Vater ernsthaft Sorgen machen. Wahrscheinlich mehr um sein Kind, als um das Fahrrad, aber er weiß: Hier stimmt was nicht, hier geht meine Tochter mit einem wertvollen Geschenk anders um, als ich es mir gewünscht habe; anders, als es diesem Geschenk entsprechen würde.
Liebe Gemeinde,
wir sind alle überreich beschenkt. Und ich bin überzeugt, dass es gut ist, wenn wir mit diesem Geschenk, unserem Leben entsprechend sorgsam und dankbar umgehen, dann freut sich auch Gott, der es uns geschenkt hat.
Amen
*) Anmerkung zur Geschenkaktion der Landeskirche
Wenn jemand Geburtstag hat, denn bekommt er ein Geschenk. Unsere Bayerische Landeskirche feiert auch Geburtstag, nicht genau heute, aber vor 200 Jahren wurde sie als „Bayerische Landeskirche” geboren. Der bayerische König Max I. Joseph hat 1808 und 1809 per Gesetz bestimmt, dass es für alle Evangelischen in Bayern eine gemeinsame Kirche geben soll. Bis dahin, waren die Evangelischen ja den jeweiligen örtlichen Fürsten zugeordnet.
Und zu diesem Geburtstag l äuft seit letzten Herbst eine Geschenkaktion. Dabei beschenken sich die Evangelischen Kirchengemeinden gegenseitig. Es sind 3 Dutzend Pakete von Gemeinde zu Gemeinde unterwegs. Da sind Geschenke drin, die andere Gemeinden hineingelegt haben. Uns jede Gemeinde darf sich etwas herausnehmen und auch etwas hineinlegen, mit dem man eine andere Gemeinde beschenkt.
An diesem Tag haben wir uns eine Einladung der Pappenheimer Gemeinde für 20 Personen zu einer Kanufahrt auf der Altmühl, mit anschließender Brotzeit und Andacht in der dortigen Weidenkirche ausgewählt.
Wir haben dafür entschieden: Wie verschenken uns selber! Mit anderen Worten: Der Posaunenchor und der Pfarrer kommen zur beschenkten Gemeinde und gestalten ihnen einen musikalischen Gottesdienst. Dieses Geschenk wurde wenig später von der Kirchengemeinde Furth im Wald entnommen.