Montag: In der Gerüchteküche
Dienstag: Meine Wohlfühlzone ist zu klein
Mittwoch: Der Seifenfabrikant
Donnerstag: Muschel-Geld
Freitag: Reine Energieverschwendung
Samstag: Das Schätzglas
Montag: In der Gerüchteküche
Guten Morgen,
es gibt Momente, da bin ich kurz vorm Platzen. Da stehe ich zufällig in der Schlange beim Einkaufen und höre mit, wie andere Leute über jemanden herziehen, den ich gut kenne. Und mit jedem Satz, den ich höre, werde ich wütender: Ich höre ihre Spekulationen, und merke: Die kennen ihn nicht wirklich, sonst würden sie nicht so einen Schwachsinn herumtratschen.
Die schämen sich nicht dabei – sondern sind anscheinend stolz auf ihre hanebüchenen Phatasie und Theorien. Hautsache, es passt alles in ihr kleines selbstgezimmertes Weltbild. Unglaublich, am liebsten würde ich die sowas von zur Schnecke machen. Ihnen das achte Gebot wie einen feuchten Lappen um die Ohren hauen: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Und schon gar nichts hinausposaunen, wenn du von nichts eine Ahnung hast.
Und ich merke: Wenn ich jetzt den Mund aufmachen würde, dann käme es zum Eklat in der Kassenschlange – ein ausrastender Pfarrer – welche eine Sensation.
Also halte ich die Klappe – obwohl doch die anderen die Klappe halten müssten.
Noch Stunden später bin ich von dem erleben aufgewühlt – was mir mehr ärgert:
Diese Tratschtanten – oder meine Feigheit? Ich weiß es ehrlich nicht.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.
Dienstag: Meine Wohlfühlzone ist zu klein
Guten Morgen,
haben sie letzte Woche auch so unter der Hitze gelitten? Waren geschafft und irgendwie kaputt?
Und wie war das dann vor 4 Wochen? Als es nach Pfingsten immer noch ekelhaft kalt und regnerisch war. Also: Ich habe schon ein bisschen gejammert und war gefrustet, dass wir keinen gescheiten Frühling herbekommen.
Es ist schon seltsam: Wir Menschen haben anscheinend eine sehr begrenzte Wohlfühlzone. Ein paar Grad drüber und drunter – schon ist es für uns nicht mehr optimal und wünschen uns eine Verbesserung.
Auch im Miteinander von uns Menschen habe ich so eine innere Wohlfühlzone:
Wenn mir einer hanseatisch unterkühlt entgegenkommt, ist das nicht mein Ding. Aber von jedem gleich als bester Kumpel in den Arm genommen und geknuddelt werden – da ist bei mir dann auch eine Grenze.
In ganz vielen Bereichen hat jeder von uns so seine innere Wohlfühlzone, die manchmal ziemlich eng begrenzt ist.
Dummerweise spielt sich die Welt, in der wir leben, in einem Spektrum ab, das viel viel breiter ist als meine Komfortzone. Da wird immer etwas so, sein, wie es mir persönlich nicht behagt. Statistisch gesehen müsste es eher die Ausnahme sein, dass Wetter, Mitmenschen und mein körperliches Befinden vollauf befriedigen.
Wenn das mal so ist, sollte ich mich freuen.
Und wenns was mal nicht so ideal ist, dann ist es halt so, und ich werde es bestimmt überleben – auch laufend jammern zu müssen.
Ich wünsche ihnen einen schönen Tag, und genießen sie die Bereich, die heute bei ihnen in der Wohlfühlzone sind.
Mittwoch: Der Seifenfabrikant
Guten Morgen
man erzählt sich, dass einmal ein Seifenfabrikant einen Pfarrer getroffen hat. Dem hat er dann lang und breit erklärt, dass der christliche Glaube und die Arbeit des Pfarrers völlig überflüssig sei. Schließlich gibt es das alles nun schon seit 2000 Jahren, aber die Menschen sind in dieser Zeit nicht besser geworden. Immer noch gibt Hass, Neid, Sünde und Lieblosigkeit.
Der Pfarrer hörte sich das geduldig an uns antwortete: Sie mögen mit ihren Beobachtungen recht haben. Aber ich frage mich nur, weshalb, Sie immer noch Seife herstellen. Die gibt es noch viel länger, aber die Menschen sind nicht sauberer geworden. Jeden Tag machen sie sich dreckig.
Moment wirft der Seifenhersteller ein: Genau darum geht es doch: Jeden Tag muss ich schauen, dass ich wieder sauber werde – und dazu brauchen wir Seife, immer wieder, unser Leben lang.
Sehen Sie, sagte der Pfarrer: Mit unserem Glauben ist es nicht anders. Jeder Mensch kann ihn immer wieder brauchen – an jedem Tag seines Lebens.
Damit er Mut bekommt, damit er in Krisen nicht aufgibt, damit er an seinen Fehlern nicht verzweifeln muss.
Darum gibt es uns beide bis heute: Die Seifenmacher und die Kirchenleute.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.
Donnerstag: Muschel-Geld
Guten Morgen,
wussten sie, dass man im Staat Papua-Neuguina noch mit Muscheln zahlt? Zumindest den Begriff nach: Denn einst hatte man dort wirklich die Kinamuschel als Währung. Mittlerweile wurde die eigentliche Muschel durch Münzen und Scheine ersetzt. Aber das Geld heißt immer noch „Kina”, so wie die Muscheln.
Eine fränkische Bratwurstsemmel käme dann auf etwa 5 Muscheln; also Kina.
Ich überlege mir, wie das wäre, wenn wir mit Muscheln zahlen würden; wenn ich mein Gehalt in Muscheln bekäme. Ich würde dann am Monatsende einen Koffer voller Muscheln mit heimnehmen, und zum einkaufen würde ich so ein Tütchen als Geldbeutel dabeihaben.
Und ich stelle mir vor, wie das mit den Fußballstars und den Bankmanagern wäre, die kubikmeterweise die Muscheln in ihren Vorgarten gekippt bekommen. Ihre astronomischen Gehälter bräuchten riesige Lagerhallen, die ihre Villen in den Schatten stellen. Und irgendwann würden sie sich fragen: Was soll ich mit dieser schier endlosen Menge an Muscheln? Für was soll ich die je verwenden? Das hat doch keinen Sinn. Bitte hört auf, mich unentwegt mit Geld zuzuschütten, das ich mein Leben lang nicht verbrauchen kann – es nimmt mir den Platz weg für mein Leben. Gebt es denen, die es wirklich zum Leben brauchen.
Eigentlich schade, dass man heute seine sinnlosen Reichtümer so unkompliziert auf einem Bankkonto anhäufen kann.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen
Freitag: Reine Energieverschwendung
Guten Morgen,
kürzlich hat mich mal wieder so ein ganz besonderer Autofahrer überholt. Ewig drängelt er von hinten, als wär die Mafia hinter ihm her. Setzt ein paar mal vergeblich zum Überholen an, aber es kommt ja immer was entgegen. Dann endlich kurz vor der nächsten Ortschaft, ist Platz, er gibt Gas, dass es nur so röhrt, und setzt sich vor mich. Naja, aber da ist je jetzt dieses Dorf, da muss er ja auch langsam machen. Und tatsächlich er bremst, wird immer lamgsamer, – ich wundere mich schon, das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Aber er wird noch langsamer, blinkt links und fährt beim fünften Haus in die offene Garage hinein.
Na, da hat sich das Überholen aber so richtig gelohnt.
Da geht er anderen auf die Nerven, bringt sie in gefährliche Situationen – für nix! Aber sowas von nix. Reine Energieverschwendung
Nach dem ersten inneren Ärger habe ich dann gedacht:
Manchmal bin ich ja genauso unterwegs. Nicht mit dem Auto, sondern mit meinen Gedanken und meinem Verhalten.
Da finde ich, dass ich da eine furchtbar wichtige Idee oder Frage habe und mache die anderen damit ganz fuchtig . Jeder soll mir zuhören, weil mir das ja so auf den Nägeln brennt.
Dann bin ich am drängeln und überholen, am schieben und rumfuhrwerken – weil das ja alles so wichtig ist.
Da gehe ich anderen auf die Nerven … und untern Strich glaube ich, hätte ich mein Ziel ohne das ganze Tamtam auch erreicht.
Geduld und Zurückhaltung – das sind nicht umsonst uralte bewährte christliche Tugenden.
Denn sie klingen nicht nur gut und fromm – sie bewahren mich und andere davor, unsere menschliche, unsere seelische Energie zu verschwenden.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.
Samstag Das Schätzglas
Guten Morgen
Wieviele Bohnen passen wohl in ein großes Bonbonglas? Die Frage habe ich mir auf einem Kindergartenfest gestellt, denn dort war das eine von mehreren Rätselfragen, die die Gäste lösen sollten.
Da stand dieses durchsichtige Glas randvoll mit Bohnen. Man durfte es hochheben, schütteln von allen Seiten angucken … aber nicht aufmachen.
Einige Eltern haben angefangen zu zählen; aber man sieht ja nur die, die außen an der Glaswand liegen. Als schätzt man wild herum. Sind es hundert, 200 oder nochmehr?
Ich stehe davor und habe echt keine Ahnung. 376 oder sowas habe ich dann auf den Lösungszettel geschrieben. So viele können es ja nicht sein.
Waren es dann aber doch: über zweitausend Bohnen waren da drin. Hätte ich echt nicht gedacht. Irgendwie war mirs richtig peinlich, so weit daneben zu liegen.
Manchmal erlebe ich bei Schülern im Reliunterricht das gleiche: Wenns um die Bibel geht.
Oh Mann – Bibel – total langweilig.
Und dann fangen wir das blättern und suchen an, und dann kriegen die große Augen: Was, das steht in der Bibel? Das gibts doch gar nicht!
Ja, auch da steckt viel mehr drin, als eine Handvoll Jesusgeschichten.
Erzählungen über Liebe und Tod, von Verzweiflung und Hoffnung, von Glück und Rettung.
Klar, viele meiner Schüler haben die Bibel noch nie vorher aufgemacht. Höchstens mal gehört, das da was von Gott drinsteht – und dann waren sie schon bedient. Dann muss man auch nicht reingucken.
Wie das Bonbonglas wird die Bibel immer wieder total unterschätzt – weil man sie oft nur anguckt, aber nicht aufmacht.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen