Andachten auf Charivari 98,6 im Oktober 2009

Montag: Der Otto-Leuchtturm
Dienstag: Immer wieder Laub kehren
Mittwoch: Reformationstag
Donnerstag: Der geschenkte Parkschein
Freitag: Eiszeit
Samstag: Volle Kirche mit 7 Leuten

Der Otto-Leuchtturm

In Ostfriesland steht der „Otto-Leuchtturm“. Rot-Gelb gestreift mit einem grünem Dach. Im Film „Otto – der Außerfriesiche“ hat Otto Waalkes da drin gewohnt. Normalerweise ist der Leuchtturm zugesperrt, nur ein paar mal im Jahr ist da eine Führung.

Im letzten Sommer haben wir uns dafür angemeldet. Unsere Kinder waren ganz aufgeregt, …  rein in den Otto-Leuchtturm … das war ne Pleite  … da gabs keinen einzigen Gegenstand, der an Otto erinnert hat – nix! Und wir mussten uns einen todlangweiligen Vortrag über die Geschichte des Deichbaus an der Nordsee anhören.

Ich war richtig sauer und enttäuscht – aber dann  habe ich überlegt: Eigentlich hat niemals jemand behauptet, dass es im Turm um Otto gehen soll. Da stand immer nur „Turmführung im Leuchtturm“ an der Tür und auf den Plakaten.  Das mit Otto hab ich wegen des Films so zusammengereimt, und am Schluss selber geglaubt.

Da bin ich manchmal schon echt ein dämliches Schaf: Ich bilde mir ein,  genau zu wissen, was los ist, und nehme die Worte des anderen nicht mehr ernst.  Und am Schluss hab ich den Salat.  Deichbau statt Otto.

Tja, so schlau, dass ich schon alles wüsste, bin ich offensichtlich noch lange nicht.

Machen Sie´s heute besser als ich, und hören Sie genau hin, was andere Ihnen sagen wollen. Bis morgen!

 

Immer wieder Laub kehren

Knöcheltief liegt bei uns vor dem Pfarrhaus das Laub. Unglaublich, wie viele Blätter unsere zwei Walnussbäume abwerfen können.

Was mich wahnsinnig macht: Da hast du am Abend den Hof picobello gekehrt, und schon am nächsten Morgen ist schon wieder alles voller Laub – als hättest du nie einen Besen in der Hand gehabt.

Furchtbar. – So vergebliches Arbeiten.

Manchen Menschen geht’s mit dem Glauben genauso: Da bildet man sich ein, man ist mit seinem Glauben und Gott im Reinen … und dann passiert irgendwas, und man gerät ins Grübeln und Zweifeln … und das ganze Gottvertrauen ist wie weggeblasen. Und man fängt wieder bei Null an.

Da zweifeln die Menschen dann nicht nur an Gott, sondern auch an sich selber. Sie fragen sich: Hat es denn überhaupt einen Wert, es mit dem Glauben zu versuchen, wenns immer wieder Momente gibt, wo man genauso dumm dasteht, wie vorher.

Schon Martin Luther hat das gekannt: Er hats mal so formuliert:

Das Leben ist kein Frommsein, sondern ein Frommwerden, keine Ruhe sondern ein Üben.

Glauben ist eine lebenslange Aufgabe – mit Rückschlägen, aber auch vielen, sehr vielen beglückenden Momenten .

Ich wünsche Ihnen einen  guten Tag.

 

Reformationstag

Heute vor 492 Jahren hat Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt. Wenn er gewusst hätte, was er damit auslösen würde, ich glaube, er hätte seine Thesen damals gleich wieder zusammengefaltet und wäre heimgegangen.

Er wollte ja nicht die Welt verändern, sondern nur die Kirche zur Besinnung bringen – aber die Bewegung der Reformation ist unaufhaltsam über Europa hinweggerollt. Ein geistesgeschichtliches und politisches Erdbeben. Verrückt: Da hängt ein Mann im richtigen Moment, am richtigen Ort die richtigen Sätze an die Kirchentüre, und es verändert sich wirklich alles.

Die richtige Idee zum optimalem Zeitpunkt zu haben – das ist bis heute eine Kunst.

In richtigen Moment einem guten Freund mal eine unangenehme Wahrheit zu sagen – das ist unheimlich schwer.

Rechtzeitig einem Kollegen Hilfe anzubieten, bevor er aus Unwissen und Verzweiflung einen Fehler begeht – wer weiß schon wann es „zu früh“ und wann es „zu spät“ ist.

Ob ich im richtigen Moment am richtigen Ort das Richtige mache? Das weiß ich oft erst nachher.

Aber eines weiß ich schon vorher: Nichts zu tun, wo handeln nötig ist – das ist auf jenen Fall verkehrt.

Eine guten Tag wünsche ich ihnen.

 

Der geschenkte Parkschein

Grade wollte ich den Euro in den Parkscheinautomaten werfen, da ruft eine Stimme hinter mir: „Warten sie, reicht ihnen eine dreiviertel Stunde?“ –

Ich drehe mich um: Eine Frau hält mir ihren Parkschein entgegen: „Den können Sie nehmen, ich bin mit dem Einkaufen eher fertig geworden als geplant.“

Ich habe wohl ein ziemlich überraschtes Gesicht gemacht. Eine wildfremde Frau spendiert mir ihren Parkschein. Sie braucht ihn nicht mehr und schenkt mir etwas, was ihr nichts kostet und mir einen Vorteil bringt. Super!

 

Warum machen wir so was nicht öfter?

Ich weiß schon, weshalb: Irgendwo in meinem Kopf sagt so ein schwarzes Männchen: „Lass den anderen seinen Parkschein doch selber zahlen. Du musstest ja auch dafür blechen. – Ja dem andern nichts gönnen. Am Ende könntest du ja der Blöde sein.“

Aber dann gibt es auch eine helle Stimme, die dagegen redet: Komm schon, dir bricht doch kein Zacken aus der Krone, wenn du dem Anderen ein Lächeln oder etwas mehr schenkst. Du erfreust einen anderen Menschen, und du selber wirst dich danach bestimmt viel besser fühlen.

Wahrscheinlich haben sie es auch schon erlebt, dass diese zweite Stimme Recht hat: Dem anderen eine Freundlichkeit erweisen, die Tür aufhalten oder etwas Nettes zu sagen.

Das ist eine  doppelt gute Tat. Weil Sie und der Andere danach viel fröhlicher und zufriedener ihren Weg gehen.

Vielleicht klappts heute mal wieder- versuchen sie es doch mal. Ich wünsche es ihnen, dass es auch funktioniert.

 

Eiszeit

Können Sie sich noch an die letzte Eiszeit erinnern? – Ich meine: die letzte Eiszeit zwischen ihnen und einem anderen Menschen?

Da ist irgendwas vorgefallen, und seitdem geht man sich dann aus dem Weg , weil jedes Zusammentreffen wieder ein unangenehmes kaltes Gefühl über den Rücken jagt.

Wenn sich Menschen begegnen, zwischen denen so eine Eiszeit herrscht, dann erkennt man das manchmal sogar als Außenstehender: Die bewegen sich dann anders, steifer, eben eingefrorener. Ein Lächeln ist nahezu unmöglich, die Augen starren auch gerne immer am Anderen vorbei. – Eiszeit. Man hat sich eigentlich nichts mehr zu sagen. Auf den Anderen wieder zugehen? – Unmöglich!

Die Dinosaurier sind in der Eiszeit ausgestorben. Menschliche Eiszeiten gehen auch uns an die Substanz. Wohl fühlt sich dabei nämlich niemand.

Ich finde es wunderbar, wenn solche Eiszeiten auch wieder aufhören. Wenn Menschen wieder auftauen, wieder ein echtes Gespräch miteinander versuchen. Oft ist manches dabei noch etwas ungelenk und steif. Und so manche Frostbeule tut noch lange immer wieder weh.

Ich glaube: Wenn ich bereit bin, dem anderen seine Fehler zu vergeben, dann ist das der erste und wohl auch wichtigste Schritt aus einer Eiszeit. Wenn ich verzichte, alles noch einmal nachzukarten, dann habe ich für meine Seite den Thermostat schon mal hochgedreht. Dann können alte Feinde wieder miteinander warm werden.

Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

 

Volle Kirche mit 7 Leuten

Ich war in ein kleines Dorf zu einem Bibelabend in die Kirche eingeladen. Als ich da ankam, war noch niemand da. Erst kurz vor Beginn kamen sechs Leute – saßen verloren in den langen Kirchenbänken. Sowas gehört zu den Albträumen eines Pfarrers.

Aber eine Pleite war es dann doch nicht: Ich ließ die Kanzel Kanzel sein, und setzte mich mit zu den Leuten in die Kirchenbank. Wir rutschten zusammen, ich verzichtete auf den geplanten Vortrag, sondern diskutierte  miteinander über das geplante Thema des Abends.

So langsam wurden wir in der dunklen Kirche zu einer kleinen fast verschworenen Gemeinschaft.. Es war unglaublich spannend, und auch spannungsgeladen – denn wir haben gemerkt, wie unterschiedlich wir unsere Bibel verstanden.

Auf der Heimfahrt von diesem Abend war ich glücklich. Ich habe erleben dürfen, wie Christen miteinander ganz intensiv über ihren Glauben reden. Da hab ich wieder gemerkt: Nicht die großen Zahlen einer vollen Kirche sind wichtig, sondern der Glaube, der in den Menschen lebendig ist.

Ich wünsche Ihnen einen guten  Tag.

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