Andachten auf Charivari 98,6 im April 2011

Montag: Hier ist die Zeit stehengeblieben
Dienstag: Konfispruch mit strahlendem Gesicht
Mittwoch: Mit der Kaffeetasse erwischt
Donnerstag: Glücksfaktoren
Freitag: Warten auf den Messias?
Samstag: Am Sonntag habe ich Flügel

Hier ist dein Zeit stehengeblieben

Es war ein Laden in dem kleinen Städtchen Emskirchen. „Haus- und Gartenmarkt” stand außen dran. Innen gabs irgendwie alles. Rattenfallen und Gartenhandschuhe, aber auch schwarze Sonntagsschuhe für den Herrn, ein paar erlesene Weine aus dem nahen Steigerwald, eine Bio-Ecke und eine Nische mit orientalischem Schnickschnack und Teesorten, deren Duft mich total verzauberte.
Ich konnte mich in diesem Laden gar nicht sattsehen – weil er eben so anders war.
Da entdeckte ich ein mit dickem Filzer beschriebenes weißes Schild: „Angebot der Woche: Gurkeneinmachgewürz 100 gr.  2,5o DM”
Zwei Mark fünfzig …. die Zeiten, in denen wir im Mark bezahlten sind ja schon fast 10 Jahre her ….. tatsächlich in diesem Laden muss buchstäblich die Zeit stehen geblieben sein!
Und ich fand das gar nicht schlimm.
Hier war alles irgendwie entspannt,
keine Scannerkasse piepste
kein Lautsprecher dudelt
keine Halogenscheinwerfer strahlen optimal platziertes Gemüse an.

Tausend mal habe ich einen Discounter besucht, und nie hat mich einer wirklich beeindruckt. Aber dieser Laden in Emskirchen, den habe ich mir gemerkt. Und wenn mir mal alles zu viel und zu stressig ist, dann schau ich da mal wieder vorbei: In dem Laden, in dem die Zeit stehengeblieben ist.
Einen schönen Tag wünsche ich ihnen.

 

Konfispruch mit strahlendem Gesicht

Am Wochenende feiern wir bei uns Konfirmation. Die jungen Leute haben sich ihre Sprüche selbst ausgesucht, irgendwann kommen sie mit einem Zettel vorbei, auf dem sie ihren Lieblingsvers notiert haben.  Da kam Markus: Ohne Zettel! „Ich weiß ihn auswendig” sagt er nicht ohne Stolz und strahlt mich an: „Fürchte dich nicht, glaube nur – Markus 5, Vers 36″ „was, nur die fünf  Wörter, mehr nicht?” – Fast wäre mir das als Antwort rausgerutscht – „ – aber ich hab mich gerade noch bremsen können.

„Fürchte dich nicht, glaube nur” – das sind ja mehr als nur ein paar freundliche Worte, das ist auch mehr als ein netter Ratschlag. Das ist eine riesige Lebensaufgabe.  Auf Gott zu vertrauen und darum keine Angst vorder Zukunft zu haben.
„Super, Markus” hab ich gesagt, „da haste nen Hammerspruch rausgesucht, da wirst du noch lange was davon haben”. Am Sonntag wird dieser Spruch aus seinem buten Holzkreuz stehen, dass er bei seiner Konfirmation überreicht bekommt. Und ich hoffe, sein Blick fällt immer wieder auf diesen Mutmach-Vers: Fürchte dich nicht, glaube nur.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen

Mit der Kaffeetasse erwischt

Wissen sie eigentlich, wie blöd man mit einer Kaffeetasse in der Hand aussehen kann? Ich hab das kürzlich ausprobiert: Endlich war ich mal wieder in unserem Dekanatsbüro, habe ein paar Unterlagen vorbeigebracht, und dabei kam ich auch mit den Bürodamen ein bisschen ins Plaudern. Dann haben sie mir einen Kaffe in die Hand gedrückt. Anscheinend habe ich den Eindruck erweckt, ich hätte ihn nötig.
Und dann platzte der Dekan, der Chef rein: Und ich stehe da gemütlich ans Ordnerregal gelehnt mit einer Kaffeetasse in der Hand. – Mist, voll peinlich.
Viel lieber wärs mir gewesen, wenn ich in diesem Moment mal wieder ein Softwareproblem der Büro-Damen gelöst hätte oder sowas – aber nein, beim Faulenzen werde ich ertappt!  Ich glaub, ich habe ziemlich blöd verlegen geguckt.

Ich habe mich erst entspannt, als er sich auch ne Tasse eingeschenkt hat.  Klar: Wieso sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir mal 10 Minuten entspannt miteinander reden, mehr voneinander erfahren, auch mal über unsere Sorgen oder Hoffnungen reden können. Das  gehört zum menschlichen Miteinander dazu. Gott hat und als Menschen geschaffen, mit dem Bedürfnis, mit anderen Menschen zusammen zu sein und zu reden. Ich bin keine Büro-Maschine. Wir brauchen solche Momente, mit der Kaffetasse, einem Schulterklopfen oder einer Leberkässemmel.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Glücksfaktoren

Vier Tage lang war ich mit Jugendlichen zu einem Seminar unterwegs: Wir waren auf der Suche nach dem Glück. Aus der Forschung wussten wir einiges über unser Glücksempfinden. Weil wir wissen, wie glücklich Schokolade macht, besuchten wir eine Schokoladenfabrik.
Selbstüberwindung löst Glückgefühle aus … wir bezwangen eine 11 Meter hohe Kletterwand.
Unbekanntes zu entdecken beglückt … nachts im Wald suchten wir eine Schatzkiste.
Entspannung gabs mit einer Wellness-Einheit und wir gingen Shoppen.
Ich hab gespürt: Die waren wirklich glücklich.
Aber ich glaube, es lag nicht an unseren kleinen Glücks-Aktionen, sondern daran, dass sie eine gute Gemeinschaft erlebten, sich angenommen fühlten, jemand für sie da war.
Und irgendwie habe ichs in diesen Tagen an mir selber gemerkt: Glück, das sind nicht die Highligts, die großen spekatulären Momente. Glücklich bin ich, wenn das Drumherum passt. Ich mir genug Zeit für meine Familie nehmen kann, wenn ich mich von Gott behütet und begleitet fühle – mehr brauchts da gar nicht.

Glück ist nicht der Goldschatz im Wald, Glück ist es, in diesem Wald zu stehen, den Vögeln zu lauschen und sagen zu können: Gott, danke, dass es mich gibt, und dass du für mich da bist.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Warten auf dem Messias

Immer trifft?s mich: Wenn ich bei dieser amerikanischen Imbisskette etwas bestelle, ist irgend etwas gerade nicht fertig. Mal sind die Pommes aus, oder ein Hamburger.  Die freundliche Bedienung kassiert dann ab und verspricht mir: ich bringe es ihnen nachher auf den Platz. Und dann sitze ich da, schlürfe an der Cola und warte auf den Hamburger. Und warte. Irgend wann kommt dann das Gefühl: der hat dich vergessen, ganz bestimmt. Solange kann das doch nicht dauern. Das wird nichts mehr. Und ich schwanke zwischen Hoffnung und Resignation.

Genau das gleiche Gefühl beschleicht mich manchmal, wenn ich im Vaterunser höre: “ dein Reich komme“. Auf dieses Reich Gottes warten Christen nämlich auch schon ziemlich lange. Wann kommt sie denn, die Zeit des Friedens und der Gerechtigkeit? Diese Warterei seit 2000 Jahren kann schon mürbe machen: hat Gott uns vielleicht auch vergessen?

Also beim Hamburger-Brutzler hat mich die Bedienung bisher nie vergessen, und auch wenns lange gedauert hat: Es ist wunderbar, wenn dann doch das Versprochene kam.  Wenn die das bei Schnellimbiss hinbekommen, müsste Gott auch die Sache mit seinem Reich nicht vergessen haben. Ein bisschen macht mir das Mut zum Hoffen und zum Warten in unserer nicht ganz so perfekten Welt.

Am Sonntag habe ich Flügel

„Am Sonntag habe ich Flügel” – Das hat mir die dreijährige Johanna beim Puzzlespielen erzählt.  Eigentlich ist sie alt genug, um zu wissen, dass sie als Mensch keine Flügel hat  … aber am Sonntag ist es halt offenbar anders. Überhaupt: Alles was toll und außergewöhnlich ist, worauf sie sich freut, was sie sich wünscht, das legt Johanna zur Zeit auf den geheimnisvollen Termin „Sonntag“. –  Ich habe herausbekommen: Ihr  ist gar nicht bewusst, das der Sonntag halt einer von sieben Wochentagen ist.

Sonntag, das bedeutet für sie: Da ist was besonderes los, da ist alles wunderschön, da habe ich Flügel und brauche auch keinen Schnuller mehr. Vielleicht schafft es Johanna ja noch, dass ich es lerne: Der Sonntag ist ein besonderer Tag. – Ein Geschenk Gottes an seine Menschenkinder –
Darum ist er eigentlich viel zu schade, um an den Dingen weiterzuarbeiten, die an den Werktagen liegen geblieben sind.  Wenn ich den Sonntag frei halte, ihn hoch halte, dann klappt es ja vielleicht auch bei mir: Dass ich am Sonntag Flügel habe.

 

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