Predigt zur Jubelkonfirmation: Geh aus mein Herz EG 502 (Liedpredigt) 14. Mai 2017

Goldene Konfirmation / Silberne Konfirmation

Im Lied 502 entdecken wir  das ungestüme Wachstum der Jugend. Wir finden Phasen, in denen wir die Fülle unseres gewachsenen Lebensgartens bestaunen kommen zu den Zeiten, in denen wir uns als tief wurzelnder Baum erleben, der spürt, dass manche alte Äste schon recht brüchig geworden sind.

 

1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.
2. Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide.

Liebe Jubilare,
“geh aus mein Herz und suche Freud” – dieses Lied möchte ich heute Morgen mit Ihnen singen und bedenken. In den ersten beiden Versen starten wir hinein in das blühende Leben: Da, wo vor Wochen noch kahle braune Erde war, schießen jetzt Tulpen aus der Erde, das Gras ist kaum zu bremsen, die Bäume werfen ihr grünes Kleid über. Zeitweise explodieren sie förmlich für ein paar Tage voller weißer oder rosa Blüten.
Das Leben macht sich auf den Weg.

Damals, als Sie hier als Konfirmanden standen, war das nicht viel anders.
Nun gut: Farbenfroh sind Konfirmationen bis heute nicht unbedingt. Hier am Taufstein stehen Ihre Fotos von damals. In manchen Generationen schon sehr einheitlich gekleidet, mit ordentlich gemachten Haaren bei den Mädchen und sauber gezogenem Scheitel bei den Jungs. Aber in den steifen Klamotten von damals steckten lauter junge Menschen, in denen gerade das Leben anfing zu brodeln.
Es sind ja die Lebensjahre, in denen auch die Eltern von der überschießenden Energie überrascht sind, mit der die jungen Leuten da ins Lebens starten. Innerhalb weniger Jahre blühen sie auf, entfalten ihre Persönlichkeit. Jeder ist da irgendwie seine eigene Pflanze. Mit den je eigenen Charakterzügen, Talenten und auch Schwächen.
Wer weiß, ob bei manchen sich die Nachbarn, die Eltern oder auch der Pfarrer gefragt haben: “Wie soll aus dem wohl noch etwas werden?” – Weil man noch nicht so viel gesehen hat. Weil da noch nicht erkennbar war, was aus dem Kümmerlichen, was da sprießt, einmal an Gutem werden könnte. Und oft genug waren die es dann, die für manche Überraschung sorgten. Weil sie als unterschätzte Spätzünder dann fast über Nacht ihre Pracht und ihr Potential entfalteten.

So waren Sie einmal “grüne” Konfirmanden. Grün hinter den Ohren – aber zugleich auch Kinder, die ihr Schöpfer mit vielen Fähigkeiten und Möglichkeiten beschenkt hat. Gotteskinder, die als kleine Babys getauft wurden und sich an der Schwelle zum blühenden Leben ihrer Taufe vergewissert haben – und Gottes Segen zugesprochen bekommen haben.

Singen wir nun die nächsten beiden Verse. Vers 8 und 9:

8. Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen; ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen, aus meinem Herzen rinnen.
9. Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du’s uns so lieblich gehen auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden, und güldnen Schlosse werden!

Die grüne Konfirmation ist nun schon lange her. Wenn ich allein auf das erste Lebensjahrzent nach der Konfirmation zurück blicke, sehe ich: Da ist unglaublich viel passiert. Was da an Weichenstellungen geschehen ist: Welche Entscheidungen da gefallen sind, welche prägenden Ereignisse passiert sind, welche Erfahrungen mich zu dem gemacht haben, der ich jetzt bin.
Und ich kann bei Vielem gar nicht so genau sagen, warum es so – und nicht anders – gekommen ist.
Warum denn dieser Lebensweg….
Was wäre gewesen, wenn damals …. wer weiß?

Das Leben scheint sich seine Wege manchmal ganz selbstständig zu bahnen. Und doch bleibt die Frage, wer das ganze lenkt.
In diesem Lied – auch in der Bibel – wird das Wachstum und der Weg unseres Lebens nicht als blinder Zufall, sondern als ein Geschenk Gottes gedeutet.

Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen; ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen. Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du’s uns so lieblich gehen auf dieser armen Erden:

Die beiden Verse versetzen mich in meinen Garten: Da sitze ich, in eine Jacke gewickelt, ein Glas Wein auf dem Gartentisch und lasse meinen Blick wandern. Über den Garten hinterm Haus – und über den Garten meines Lebens.
Blicke auf das, was da inzwischen gewachsen ist, in den vielen Jahrzehnten. Manches hätte ich mir damals als Vierzehnjähriger niemals träumen lassen. Da bin ich am Staunen, fasziniert, wie dann doch vieles gut gelaufen ist. Da ist manches, auf das ich stolz bin; da steckt Fleiß und mache Träne drin. Und so einiges, ja … das muss ich wohl zugeben, das ist mir wohl wie eine reife Frucht von oben direkt in den Schoß gefallen. Ein Geschenk des Himmels, ohne dass ich groß etwas dafür tun konnte. Gott sei dank.

Und mancher andere große Traum liegt unverwirklicht in einer Ecke des kleinen Schuppens in meinem Lebens-Garten. Da verstaubt er. Es gibt Momente, da überlege ich, ob ich ihn doch noch einmal herausholen sollte … diesen alten großen Kindheitstraum- Aber wenn ich ihn so in der Ecke liegen sehe, …vor 20 Jahren wäre das vielleicht etwas gewesen … aber jetzt ist er gar nicht mehr sooo attraktiv. Jedenfalls nicht so, als dass ich mein jetziges Leben dagegen eintauschen möchte. So bleibt er in dem Schuppen liegen.

Wenn mein Blick durch meinen Lebensgarten schweift, sehe ich auch die weniger schönen Ecken. Die nicht so gepflegten. Manche haben auch ihre eigene Geschichte; eine Geschichte, auf die ich nicht unbedingt stolz bin. Aber auch die gehören dazu. Manche Ruine steht da herum, – und es tut auch weh, wenn man an sie denkt. Weil ich andere verletzt habe, oder weil andere rücksichtslos oder bösartig mit mir umgegangen sind.
…und lässt du’s uns so lieblich gehen auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden…

Ja, das solltest du nicht vergessen: Es ist hier nicht das Paradies. Es ist eine Welt mit Macken und Fehlern, in der wir auch mit Sünde und Schuld leben müssen. Das perfekte Leben hat dir niemand versprochen …
Besser gesagt: Für hier (!) hat es dir niemand versprochen. Aber seit deiner Taufe bist du ein Kind Gottes, das Anteil hat an der Hoffnung der Kinder Gottes: In seinem Reich einmal diese Vollendung erleben. Diesen ganz anderen Garten, für den unsere Phantasie wahrscheinlich nicht reicht.

Aber bis dahin will ich mit Mut und Gottvertrauen in diesem Garten hier leben.

14. Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben, und Pflanze möge bleiben.
15. Erwähle mich zum Paradeis und lasse mich bis zur letzten Reis an Leib und Seele grünen, so will ich dir und deiner Ehr allein und sonsten keinem mehr hier und dort ewig dienen, hier und dort ewig dienen.

Schauen wir nach vorne. Das Leben schreitet weiter – Tag für Tag – egal, ob ich Ende dreißig, kurz vor der Rente oder schon um die Achtzig bin. Dieser vierzehnte Vers beschreibt es so schön: Ich bin ein Baum in Gottes Garten. Und immer wieder neu will ich meine Wurzeln nach Gott ausstrecken:
Im Glauben Halt und Stabilität finden. – So dass mich so schnell nichts umwirft.
Dort meine Kraftquellen haben, die man von außen nicht sieht.
Heimat haben bei meinem Gott.

Ein Baum- der steht – bleibt – über die Jahre hinweg.
Und doch kann man nicht verleugnen, dass er mit der Zeit auch alt brüchig wird. Irgendwann zeigen sich die ersten kahlen Stellen. Die trockenen Äste werden immer mehr.
Der, der einst unerschütterlich da stand, wird von manchem Herbststurm kräftig gerupft. Keiner weiß, wie lang das noch gut geht. Und jeder weiß, dass Prognosen völlig sinnlos sind: Denn der langsame Prozess und der unerwartete Blitzschlag sind sehr ungleiche Partner.

Wie gut, dass ich weiß: Ich bin nicht irgendein Baum – ich bin ein Baum im Garten Gottes. Für den gibt es eine weitere Zukunft – in diesem Paradiesgarten seines kommenden Reiches. Das ist die Hoffnung, die uns durch Jesu Auferstehung geschenkt ist.

In dieser Hoffnung kann ich auch als nicht mehr ganz so junger Baum eine Pflanze voller Hoffnung sein:
Erwähle mich zum Paradeis und lasse mich bis zur letzten Reis an Leib und Seele grünen,
Ja, das Leben wert schätzen.
Trotz aller Lebenserfahrung ein bisschen “grün” bleiben.
Begeisterungsfähig, hoffnungsvoll, den großen Traum im Schuppen meines Lebensgartens nicht ganz vergessend.

So, will ich mich als Kind Gottes nach dem himmlischen Vater strecken, von dem ich alles habe.

Amen

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