Schwerter zu Pflugscharen … auch im globalen Sandkasten (Jesaja 2, 1-5) 17. Juli 2005

Hinweis: Eine aktuellere Predigt zu Jesaja 2,1-5 aus dem Jahr 2019 gibt es hier:

https://www.pastors-home.de/?p=3894

Liebe Gemeinde unser Predigttext zum heutiges Sonntag steht beim Propheten Jesaja im 2. Kapitel:
Dies ist’s, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem:
2  Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen,
3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn  von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem.
4 Und  er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, laßt uns wandeln im Licht des HERRN!

Liebe Gemeinde,

bei diesen Worten tut sich, allein von den Stichworten her, die ich höre, ein ganzer Kosmos auf.

Zuallererst: “Schwerter zu Pflugscharen” – dieses Wort des Propheten hat die Friedensbewegung geprägt. Es lässt mich an die Zeit der Ostermärsche und des Wettrüstens zwischen West und Ost denken. An ein Lebensgefühl, das so etwas apokalyptisches hatte. Als Schüler haben wir damals bei verschiedenen militärischen Konflikten, beim Falkland-Krieg oder bei der Bombardierung von Tripolis in Lybien, immer gedacht: “Jetzt kommt der dritte Weltkrieg!”

Der fremde Text

Ein zweites: Der Prophet schreibt von der “letzten Zeit”, in der das alles passieren wird. Und er beschreibt ein Szenario, das fast schon nach einem Fahrplan abzulaufen scheint: Da strömen die heidnischen Völker zum Berg Zion, der unverändert fest da steht. Und von dort aus wird eine Botschaft, eine Weisung ausgehen, die das Verhalten der Völker verändern wird.
Da merke ich: Das ist für mich weit weit weg; räumlich, um die 4000 Kilometer und zeitlich sowieso, weil ja das “Ende der Zeit” ein ganz schlecht fassbarer Begriff ist.

Was ich da lese klingt attraktiv… das mit den umgeschmiedeten Schwertern
und zugleich aber auch so unwirklich und fern.

Ich überlege mir: Als der Prophet Jesaja etwa 700 Jahre vor Christus das zu den Israeliten gesagt hat, war ihnen das auch ziemlich fremd, und sie haben sich gefragt, was dieser Gottesmann von ihnen will. Jesaja, der immer für schlechte  Laune gesorgt hat, weil er die Großen im Volk auf ihre Verantwortung vor Gott und für das Volk hingewiesen hat.

Sandkasten

Vielleicht ist es hilfreich, wenn man dieses große Geschehen nicht im Ganzen betrachtet, sondern aus einer ganz kleinen und begrenzten Perspektive:
Wie wäre es zum Beispiel mit den 2 Quadratmetern eines Sandkastens, in dem einige Kinder spielen.

Wer da genau hinschaut, merkt, dass dort die gleichen Spiele gespielt werden, wie rund um unseren Globus in den Königshäusern vor 2700 Jahren oder den Regierungsgebäuden und Konzernleitungen heute.

Auf der Erde wie auch im Sandkasten haben wir ein begrenztes Spielfeld und begrenzte Ressourcen: Da gibt nicht endlos viel Sand, Platz , Bagger und Schaufeln.
Und je nach Situation wird mehr oder weniger konfliktfrei im Sandkasten gespielt.

Aber irgendwann ist Schluss mit lustig: Zum Beispiel hat die Johanna der Verena ein Kuchenförmchen weggenommen. Vielleicht hat die das gar nicht gebraucht, aber jetzt, wo die andere es genommen hat, regt sich die Unzufriedenheit und der Konflikt entzündet sich. Wie das dann weiterläuft ist nicht immer vorhersehbar; aber oftmals kommt es dann zum bewaffneten Konflikt: Man wirft sich Sand in die Augen, schlägt mit der Plastikschaufel dem Andern auf die Finger oder reißt das begehrte Stück mit Gewalt an sich.

Ja, der Sandkasten ist manchmal das Abbild des Verhaltens der Großen, nur die Wahl der Waffen und die Art der Folgen unterscheiden sich.

“Schwerter zu Pflugscharen” – das wäre ja auch ein Ansatz für unseren kleinen Sandkasten. Alles, womit sich die Kleinen wehtun könnten, wird aus dem Sandkasten verbannt. Schaufel, Stecken und sonstige mögliche Waffen werden weggesperrt. Eltern, die so etwas versucht haben, wissen, wie wenig erfolgversprechend diese Methode ist: Bein nächsten Streit schmeißen sie sich dann eben mit bloßen Händen den Sand gegenseitig in die Augen und gehen zum Schlagen, Zwicken und Beißen über.

Und wieder ist der globale Sandkasten nicht viel anders: Die Großmächte haben zwar ihre Atomwaffenarsenale abgebaut, aber weiterhin ist man dabei mit konventionellen Waffen fleißig Kriege zu führen. Und selbst wenn diese Waffen zu Pflugscharen und Sensen umgeschmiedet würden, ist zu befürchten, dass man dann eben wie im Bauernkrieg 1525 einst mit der Sichel und dem Dreschflegel aufeinander los geht.

“Schwerter zu Pflugscharen” ist anscheinend nicht die Lösung des Problems.

Ich glaube, der Prophet Jesaja sieht das auch so. Er beschreibt es ja:
viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn  von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem.
4 Und  er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker
Und dann, liebe Gemeinde, erst dann werden sie anfangen, ihre Waffen zu sinnvolleren und friedlicheren Gerätschaften umzubauen.

Da sind also zwei Schritte erkennbar, die nacheinander kommen: Zuerst einen Weg zu haben, der der richtige ist, um miteinander friedvoll leben zu können, und dann erst kann man die Waffen verschrotten.
Interessant in dieser Perspektive: Die Waffen werden entsorgt, nicht weil sie so gefährlich wären, sondern, weil man sie schlicht und einfach nicht mehr benötigt.

Das ist bedenkenswert:
Der Friede entsteht nicht aufgrund von Verbot oder Bedrohung, sondern deshalb, weil die Menschen den Frieden als guten und lohnenden Weg erkennen und ihn auch gehen.

Dialektik der real existierenden Menschen

Zurück zu meinem Sandkasten:
Ich glaube, wir als Eltern – so wie sie sicher auch – bemühen uns aufs Beste unseren Kindern (oder Enkeln) deutlich zu machen, wie gut es ist, seine Probleme friedvoll und gewaltfrei zu lösen, und zugleich das selber auch vorzuleben. (Denn wir wissen ja auch, dass Kinder in solchen Fällen weniger auf unsere guten Worte hören als vielmehr nachmachen, was wir ihnen in unserem eigenen Leben vormachen.)

Also eigentlich beste Bedingungen im Sinne von Jesaja: Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
Tja, und dann kracht es trotzdem und die lieben Kinder dreschen im Sandkasten wieder aufeinander ein.
– so sieht unsere reale Erfahrung häufig aus.
Wir haben eben leider keine ideale Welt. Da läuft nicht alles nach Plan, nach Wunsch oder nach dem, was richtig und vernünftig wäre. Zwangsläufig bleiben unsere Bestrebungen nach einem friedvollen Miteinander Stückwerk. Das wird nie ganz klappen; dazu stehen wir Menschen uns selber viel zu oft im Weg.

Vor dem UNO-Hauptquartier in News York steht eine Skulptur, die einen Menschen darstellt, der ein Schwert zur Pflugschar umschmiedet.
Dieses Bild ist eine Vision, die die Vereinten Nationen stets vor Augen haben. Aber in ihren Bemühen um Frieden stoßen sie immer wieder an Grenzen, sind sich bewusst, dass dieses Ziel nicht erreichbar ist.

Beim Propheten Jesaja wird deutlich, dass er auch gar nicht damit rechnet, dass wir Menschen das verwirklichen. Es spricht davon, dass das ein Ziel am Ende der Zeit sein wird; ein Zustand, den Gott allein herstellen kann und auch wird.

Darauf macht Jesaja seinen Zuhörern und uns als Lesern seiner Worte Hoffnung … und zugleich bremst er unsere Erwartungen, dass wir die Welt grundlegend verändern könnten oder müssten.

Unser Anteil?
Bleibt uns nur noch abwarten und auf bessere Zeit hoffen?
Hände in den Schoß legen, weil es sowieso nur Gott regeln kann?
Beileibe nicht. Am Ende unseres Abschnitts von heute trägt uns der Prophet
unsere Hausaufgabe auf:
Kommt nun, (ihr vom Hause Jakob), laßt uns wandeln im Licht des HERRN.

Schon jetzt kann ich für mich beschließen, statt der Schwerter lieber Pflüge anzuschaffen, und Sicheln statt Speere. Meinen Teil dazu beizutragen, dass ich selber auch nicht mehr Lust habe Krieg zu spielen …
weder im Sandkasten,
noch in meiner Familie, oder meinem Dorf.
Denn soweit wir einem Teil zum Frieden beizutragen haben, wird es wohl genau da sein.

Amen

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