Gottesdienst zur Jahreslosung 2007: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht? (1. Januar 2007)

Ein Gottesdienst der Gemeinden im westlichen Dekanat Uffenheim, mit Pfarrerband und Spielszenen
An dem Texten haben mitgewirkt Pfr. Jürgen Blum als Lipprichhausen, Pfr. Helmut Spaeth aus Wallmersnach und Pfr. Alexander Seidel aus Gollhofen.

Ablauf des Gottesdienstes

Vorspiel Beschenkt
Begrüßung
Lied   Herr ich sehe deine Welt
Entfalt. Kyrie, Confiteor
Gebet
Lied  Erglänze neu, Himmel
Lesung
Credo
Lied  Gottes neue Welt
Szenen zum Jahreslosung
Lied  Kleines Senfkorn
Fürbitten
Lied: Vaterunser
Segen
Lied  Ich will dich segnen
Verteilen der Samentüten

 

Entfaltetes Confiteor

An der Schwelle eines neuen Jahres treten wir vor Gott.
Hier sind wir ganz Mensch.
Wir dürfen sein. Wir müssen nichts vorspielen.
Gott sagt: „Du bist meine gute und geliebte Schöpfung…“
Und so kommen wir; mit allem, was unseren Alltag ausmacht.
Den Freuden, vielleicht eines vergangenen rauschenden Festes.
Den Erinnerungen an das vergangene Jahr. Den guten und den schlechten.
Dem was wir als Ballast schleppen.
Dem, was wir gerne in Erinnerung behalten wollen.
Wir stehen vor Gott und bitten um seine Gegenwart:
Kyrie

Jesus Christus, vor dir können wir ehrlich sein und unsere Schwachheit, unsere Ohnmacht und unsere Schuld bekennen.
So manches, was im vergangenen Jahr geschehen ist, bedrückt und belastet uns noch immer.
Es nimmt unsere Herzen gefangen.
Darum bitten wir dich gemeinsam:
Lass uns Vertrauen finden in deine Worte. Schenke uns Befreiung vom Alten.
Schenke deine Gnade, dass wir das richten können, was schief und krumm ist.
Herr, erbarme dich unser…
Kyrie

Gott der Hoffnung und der Freude, ein neues Jahr beginnt.
Wir sind voll der Eindrücke des Vergangenen.
Und doch wollen wir neu beginnen.
Begleite uns in diesem Neuen.
Schenke uns deine Gnade, damit wir hoffnungsvoll beginnen und diese Hoffnung in den Alltag tragen.
Schenke uns die Zukunft,
damit wir Leben können, damit unsere Pläne gelingen,
Und damit wir das, was wir uns vornehmen, auch in die Tat umsetzen können.
Herr erbarme dich unser, begleite uns mit deinem Geist,
Kyrie
Szenen zu Jahreslosung

Szene 1: Jüdischer Exulant in Babylon
 (Ein Mann in orientalischer Kleidung lässt sich neben einem Lagerfeuer nieder)

War ich doch heute im Neujahrsgottesdienst in unserem noch immer provisorischen Gottesdienstraum in der jüdischen Siedlung unten am Fluss Euphrat in Babylon .
Da hat wieder einmal unser sogenannter Prophet gepredigt. Er hat uns ganz schön provoziert mit seinen Aussagen, mehr noch als sonst:
„Habt ihr Tomaten auf den Augen?“ und „Seid ihr blind?“ Passt auf und lasst es euch sagen: Gott spricht: „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr´s denn nicht?“

Stummes Kopfschütteln, Fassungslosigkeit, nicht zu glauben: So redet Gott? Erzählt der einfach, im Auftrag Gottes – wie er sagt, dass wir Israeliten wieder in unsere Heimat in das Land Israel und nach Jerusalem zurück können.
So ein Träumer, beinahe hätte ich gesagt: Märchenerzähler. Und unseren Tempel in Jerusalem könnten wir auch wieder aufbauen.
Naja, die Hoffnung hatten wir ja nie aufgegeben. Aber jetzt nach 40 Jahren soll sie in Erfüllung gehen. Nein, das glaube ich nicht. Das kann nicht sein!
Dem sein Gerede kann man schon nicht mehr hören. Im letzten Jahr hat sich doch auch nichts getan. Immer das gleiche. Wir Israeliten hier in Babylon. Wir müssen uns immer wieder mit dem Glauben der Babylonier auseinandersetzen und uns davon deutlich abgrenzen .Glauben die doch an viele Götter und wir nur an unseren einen Gott Jahwe. Unser Gott ist der der Schöpfer der Welt.
Im Gottesdienst haben wir wieder einmal, wie so oft im vergangenen Jahr, unser Klagelied gesungen:
„An den Wassern zu Babylon sitzen wir und weinen, wenn wir an Jerusalem, den Zionsberg, denken. Unsere Harfen hängen wir an die Weidenbäume hier. Denn die uns gefangen halten, lassen uns singen und in unserem Heulen fröhlich sein: „Singt uns ein Lied von Zion!“

Wie aber können wir des Herrn Lied singen hier im fremden Land?“
Diese Formulierung im Lied ist ja sehr treffend. Sie gibt unsere Stimmungslage wieder.
Wir werden hier in Babylonien alt und grau. Über 40 Jahre sind inzwischen vergangen.

Eine trostlose Situation.

Unter der Herrschaft des babylonischen Königs Nebukadnezar wurde doch Jerusalem zerstört und wir kamen als Gefangene hierher.
Aber dass wir jetzt nach Israel zurück können?
Die Babylonier lassen uns bestimmt nicht zurückkehren. Die kenn ich nur zu gut. Aber es tut sich ja was in der Weltgeschichte. Die Babylonier werden politisch schwächer und verlieren als Weltmacht zunehmend an Einfluss. Ihre Verbündeten werden auch immer weniger.
Als neue Weltmacht sehe ich die Perser. Ihr König Kyros hat bereits große Erorberungen gemacht. Unter seiner Herrschaft sähe unsere Situation wieder ganz anders aus.
Man soll die Hoffnung doch nie aufgeben! Unser Gott hat uns ja schließlich auch aus der Gefangenschaft in Ägypten befreit.
Vielleicht hat unser Prediger also doch recht mit seinen Worten, dass Gott etwas Neues schaffen will und wir uns auf Gott verlassen sollen. Vertrauen ist nie verkehrt!
Bin ja mal gespannt, wie die ganze Sache mit unserem Volk weitergeht!
Ich werde die Augen offenhalten!

Szene 2: Monolog des Pfarrers
(Er sitzt vor einem Bücherregal)

Bei Jesaja waren es die Babylonier, die Jerusalem in Schutt und Asche gelegt haben.
Manchmal habe ich das Gefühl, als wäre in den letzten 10 Jahren ein großer Grubber über unsere Gemeinden hinweggedonnert. Hie und da hat er eine ganze Pfarrstelle dem Erdboden gleichgemacht, oder nur eine halbe übrig gelassen. Aber das Feld ist nicht kleiner geworden.
Wir Pfarrer rudern mit immer größeren Aufgabenbereichen. Und von unserer Kirchenleitung kommt auch nicht viel Tröstliches. Keine Durchhalteparolen, sondern nuer eine nüchterne Feststellung: Auch in Zukunft können wir keine Besserung erwarten.
Und zugleich werden die Rahmenbedingungen nicht einfacher:
Glaube und Kirche sind für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr.
Die Ehrenamtlichen sind auch schon oft an der Grenze ihrer Belastbarkeit – da bekommt man als Pfarrer manchmal ein schlechtes Gewissen.
Überhaupt: Liegt es an mir, dass manches nicht mehr so ist wie früher?
Kann ich von der Kanzel herunter von sozialer Verantwortung predigen, wenn ich nicht weiß, ob ich im Sommer meiner langjährigen Kindergärtnerin kündigen muss?

Wo gibt es da etwas, was an Neuem aufwächst?
“erkennt ihr es nicht?” fragt Jesaja.
Ich gebe zu: ich muss lange gucken, bis ich etwas entdecke … gerade weil mein Auge ja so oft an dem hängenbleibt, was verloren scheint.
Ist nicht der neugewählte Kirchenvorstand so ein Lichtblick? Wo Menschen sich bereiterklärt haben, für 6 Jahre Verantwortung zu übernehmen, mitzuarbeiten, Kirche mitzugestalten? Das ist ja ein Schatz, wenn Menschen mitarbeiten – auch in den Gruppen, Chören und Kreisen. Nicht für Geld, sondern aus Überzeugung.
Vielleicht wächst ja in unseren gemeinsamen Treffen im Kirchenvorstand manch kleines Pflänzchen, das unsere Gemeinde voranbringt. Neue Ideen, vielleicht auch den Mut, Altes hinter sich zu lassen.

Naja, und ist da nicht auf dem, was die Stellenkürzungen gebracht haben, manch neues Denken entstanden? Unsere Gemeinden sind stärker zusammengerückt. Man spürt, dass man zusammengehört, einander braucht und sich gegenseitig stützen kann. Es ist normal geworden, dass ein Pfarrer aus dem Nachbarort Gottesdienst hält. Man kennt sich, gewinnt Vertrauen zueinander, feiert gemeinsam Gottesdienste.

Auch wir Pfarrer selber haben uns dadurch verändert. Manchmal spüre ich auch, wie ich sensibler werde für meine eigene Rolle.
Wir sind uns stärker bewusst geworden, dass wir unsere Gemeinden nicht besitzen, sondern in ihnen und an ihnen Dienst tun. Die Bereitschaft zum gemeinsamen Arbeit ist gewachsen; jeder bringt seine Gaben und Talente da ein, wo sie benötigt werden.

Naja, manches wächst da doch auf … auch wenn es nicht mehr so ist, wie früher.

Szene 3: Bauer auf seiner Ofenbank:
(Er sitzt vor einem gemalten Kachelofen)

Schon ein komisches Volk, die Israeliten damals. Da kommt einer zu ihnen und sagt: „es wird bestimmt besser, wenn ihr losgeht…“
Und schon ziehen viele einfach los. Na ja. So viele waren es wohl doch nicht, wenn Jesaja so werben musste.
Der kommt mir fast so vor, wie die Werbefritzen im Fernsehen. Mit ihrer Angst vor der 19.
Oh man.
Wer glaubt schon, dass unser Neues, das da kommt, besser wird! Ich glaube, es wird bestenfalls wie das alte. Aber im Grund wäre das gar nicht verkehrt. Das alte Jahr war gar nicht so schlecht.
Ja. Es hat lange gedauert, bis wir in der Landwirtschaft was tun konnten. Der Winter war zäh. Aber dann ist die Ernte doch ganz brauchbar ausgefallen. Es hat geholfen, dass wir diesmal anderes Saatgut hatten. Die Getreideernte war nicht so prickelnd. Dafür stand der Mais ganz gut. Wirtschaftlich wird es im neuen Jahr kaum besser. Die Nachrichten waren ja wieder voll von dem, was sich ändern wird: Mehrwertsteuer rauf, Krankenkasse rauf, Preise rauf. Geht eigentlich etwas runter?
Meine Erzeugerpreise vielleicht, die Zuckerrüben – Quote ganz bestimmt.
Neues kommt auf, es keimt schon. Seht ihr es denn nicht.
Ne. Bei mir nicht.

Bei den Israeliten damals war es da bestimmt anders. Als die ihr Exil verließen, konnte es nur besser werden.
Für mich wird das nächste Jahr wenn ich Glück habe, genauso wie das letzte. Aber ich will nicht jammern. Denn eigentlich geht das Alte noch gut! Neues keimt auf?

Da erinnere ich mich an Heinz, meinen Nachbarn. Der hatte im Juni letzten Jahres einen schlimmen Unfall. Mit dem Auto gegen den Baum. Puh. Mitten im Hausbau. Das war schlimm. Er war gerade unterwegs, um das Material für das Dach des neuen Hauses zu organisieren. Und da ist es passiert. Ein Reh – ausweichen – in den Acker – dann aber der Baum.  Heinz ist voll dagegen geknallt. War ein schlimmer Unfall. Heinz lag danach vier Wochen im künstlichen Koma.
Irene, seine Frau war plötzlich alleine. Mit den Kindern, den Sorgen. Vor allem aber mit dem halb fertigen Haus. In der Situation geschah dann doch etwas Neues. Das muss ich schon sagen. Mitten in der Ernte haben wir uns zusammen getan. Vier Bauern, ein Dachdecker, zwei Bauarbeiter. Halt die aus dem Dorf, die was vom Bau verstehen. Einer hat Ziegeln organisiert, und dann am Samstag haben wir das Haus wenigstens so weit aufgebaut, dass der Dachstuhl trocken bleiben kann. Der Rohbau ist jetzt fertig. Alles ist wetterfest.
Das habe ich tatsächlich schon lange nicht mehr erlebt.
Wenn das etwas Neues ist, dann darf das im Jahr 2007 ruhig mehr so Neues bringen. So viel miteinander gearbeitet und geredet haben wir in unserem dorf schon lange nicht mehr.
Heinz hat später gesagt, wir werden 2007 feiern.
Ich freu mich drauf.
Ich habe nämlich ganz neue Seiten an meinen Nachbarn entdeckt.
Die könnten wachsen. Das könnte gut werden! So eine Gemeinschaft, die einfach hilft. Die da ist, wenn Not bedrückt.
Ja. Das darf ruhig wachsen
Fürbitten

Herr, bitten dich für alle,
die an einem Wendepunkt in ihrem Leben stehen,
die etwas Altes hinter sich lassen müssen –
um etwas Neues zu beginnen.
Lass ihnen die Erinnerungen an die Vergangenheit nicht zur Last werden
und erfülle ihren Blick nach vom mit Hoffnung und Zuversicht.

Wir bitten dich für alle,
die gezwungen sind, ihr Leben neu zu gestalten.
Menschen, denen gesagt wurde, wie krank sie sind;
Menschen, die etwas oder jemanden verloren haben.
Gib, dass sie an ihrem Schicksal nicht verzweifeln.
Lass sie spüren, dass sie in ihrer Not nicht allein sind.

Wir bitten dich für unsere Gemeinden
beflügle sie mit deinem Geist,
dass sie Dir vertrauen und Mut bekommen
auch mit  geringeren Ressourcen Schritte in eine veränderte Zukunft zu gehen.

Lass uns die Schönheiten und den Reichtum unseres Lebens
immer wieder neu entdecken und genießen
und dich loben und preisen
alle Tage bis in Ewigkeit.
Amen

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