Predigt: Den Felsen der Hoffnung besteigen (Mt 7,7) 25. Oktober 2009, Taufe von Gaetan

Predigttext Mt 7,7: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.

Bitte…” das selbstverständlichste Wort für unsere Kinder
Papa, kann ich mal was zu Trinken haben?
Mama, kann ich mir den Kaugummi da in den Einkaufswagen legen?
Papa, habt ihr jetzt genügend geredet, können wir jetzt weitergehen?
Mama, ich kann die Socken nicht finden, kannst du mir helfen zu suchen?

Ich weiß nicht, wie oft wir als Eltern pro Tag mit solchen Bitten und Fragen bombardiert werden. Man müsste glatt mal zählen, auf wieviele man da kommt. Zehn? Hundert? – Eigentlich ist es egal, denn wir wissen ja, das gehört zu den Kindern dazu: Sie bitten und fragen, wenn sie etwas wollen und brauchen.
Beeindruckend ist, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Fragen kommen. Für unsere Kinder ist es offenbar das allernormalste, dass man drum bittet, wenn man was will.  Und dabei strahlen  sie eine große Gewissheit aus, das sie das auch bekommen.
Natürlich bekommen sie nicht jeden Wunsch erfüllt – da würden wir weder den Kindern noch uns selbst einen Gefallen tun – aber dennoch beeindruckt mich diese innere Haltung: Ich möchte etwas, also bitte ich drum, und gehe zunächst einmal (sozusagen als Arbeitshypothese) davon aus, dass mein Wunsch erfüllt wird.

 

Unsere erwachsene Skepsis

Liebe Gemeinde,
„bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan“ – dieser Satz, den Jesus in der Bergpredigt ausgesprochen hat, leuchtet den Kinder absolut selbstverständlich ein.
Aber wir Erwachsene tun uns mit diesem Worten unheimlich schwer. Wenn Jesus so ein vollmundiges Versprechen tut, dann kann doch etwas nicht stimmen. Der nimmt doch garantiert den Mund viel zu voll.

Dass ich alles bekomme, was ich will.
Dass ich alles finde, was ich suche.
Dass sich mir alle Türen öffnen, an denen ich klopfe.
Es fällt mir schwer, das zu glauben.

Und diese Skepsis ist ja nicht die Sturheit eines Ungläubigen. Sondern viele Menschen, die ihr Leben an Gott orientieren, sich in ihrem Leben etwas von ihm erhoffen, die machen ja gerade auch diese ernüchternden Erfahrungen, dass doch nicht alles so eintritt, wie gewünscht.
Und wenn gerade ganz wichtige Bitten, mit denen wir Gott in den Ohren liegen, nicht erh ört werden, dann bohrt sich diese Enttäuschung tief ins Herz und in unsere Erinnerung.Wenn ich dann diese Worte höre: „Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan“ – dann habe ich ein echtes Problem, das wirklich wortwörtlich ernstzunehmen.

Was kann man mit Klötzen so alles anfangen…

Aber jetzt haben Sie, liebe Familie Pfadler, diesen Vers als Taufspruch für Gaëtan ausgewählt. Da kann ich mich jetzt nicht so einfach drum herumdrücken. Also liegt er da, wie so ein Klotz in der theologischen Landschaft, und man schleicht verlegen drum herum, weil wir als Erwachsene nicht so recht wissen, was wir damit anfangen sollen. Da hat uns Jesus mit diesem Vers ganz schön was eingebrockt. Buchstäblich einge-brockt, weil dieser Problem-Brocken seitdem im Weg rumsteht.
Naja, vielleicht sollten wir einmal schauen, was die Kinder damit machen. Oft genug hat Jesus ja gesagt, dass wir Glauben von den Kindern lernen sollten.
Wir wissen, was die machen, in der Landschaft so ein Klotz oder kleiner Felsen herumsteht: Die klettern oben drauf und schauen sich die Welt dann von da oben aus an.
Wäre das auch was für uns Erwachsene? Nicht um diesem Koloss von Versprechen heumschleichen, sondern sich oben drauf stellen. Ja: Sich mal auf diese Position begeben und schauen, wie die Welt von da aus aussieht.
Und wer das versucht, der wird merken, dass mit dieser Zusage Jesu als Standpunkt viele Dinge wirklich ganz anders aussehen. Schwierigkeiten erscheinen kleiner, dunkle Strecken werden heller, Unlösbares erscheint in einem neuen Licht. – Ganz neue Aussichten!
Ob ich da immer drauf stehen bleiben kann, oder auch einmal ruterpurzle, dass ist die Frage. Aber diesen veränderten Standpunkt immer wieder einmal auszuprobieren, das ist wirklich etwas wert.

Liebe Gemeinde,
das menschliche Problem ist ja nicht unser zuviel an Zuversicht, sondern unsere Skepsis, unser Zaudern und unsere Mutlosigkeit. Wir trauen uns oft gar nicht mehr hoch auf diesen Standpunkt des Gottvertrauens. – Weil wir ja wissen, das wir auch mal wieder auf die Nase fallen.

Wenn Kinder runterfliegen, wird geweint und zwei Minuten später kraxeln sie wieder hoch. Wie wir Erwachsene mit solchen Enttäuschungen, solchen Abstürzen umgehen, wissen wir selber … „bloß nicht mehr da hoch … es könnte ja was passieren”.

Immer wieder Vertrauen wagen:

„Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan“ – Jesu Worte wollen uns auf diesen Felsen der Hoffnung hochlocken. Damit wir uns öfter trauen, wie die Kinder zu glauben.
Zuversicht haben, trotz Enttäuschungen.
Mutig nach vorne zu gehen, auch wenns keine Vollkasko-Versicherung gibt.
Sich von Gott etwas zu erwarten, nicht aufzuhören, ihn mit den eigenen Hoffnungen in den Ohren zu liegen.
Sich nicht entmutigen zu lassen, sondern immer wieder einen Anlauf nehmen.
Das macht Glauben aus.

Das können Sie als Eltern und als Paten ihrem Gaëtan, genau wie dem Raphael vermitteln: Als ein Kind Gottes kann ich meinen himmlischen Vater genauso oft mit meinen Hoffnungen angehen, wie ich es bei meinen menschlichen Eltern mache.
Mut zu haben zum Suchen, zum Bitten, zum Anklopfen.
Gemeinde lebt aus der Hoffnung
Wir feiern heute Kirchweih. Vor 516 Jahren hat man diese Kirche hier erbaut.
Wer weiß, wie es aussähe, wenn unsere Vorfahren aufgrund der nüchternen Aussichten und der vielen Enttäuschungen nicht den Mut gefasst hätten, hier eine Kirche zu bauen.

Wir würden hier vermutlich auf einer grünen Wiese sitzen – oder noch wahrscheinlicher: Wir wären gar nicht hier, weil sich Kirche, christliche Gemeinde, erledigt hätte. Denn wozu soll das alles gut sein, wenn wir unser Leben nicht auf die Zusage Gottes bauen könnten, dass er uns liebt und es gut mit uns meint?
Dann wären wir ein religiöser Kulturverein, der die letzten 516 Jahre nicht überstanden hätte. – Und da wärs dann auch nicht schade drum gewesen.

Aber Gott sei Dank hat es sich anders entwickelt. Immer wieder haben Menschen die Zweifel und die Erfahrung von Rückschlägen hinter sich gelassen, und sind mutig im Vertrauen auf Gottes Hilfe und Segen nach vorne gegangen. Und sie haben gemerkt, dass es sich lohnt.

Jetzt wird wir dran, auch den Mut zu haben,
Gott zu bitten, wenn wir etwas brauchen,
bei Gott zu suchen, was uns fehlt,
bei ihm anzuklopfen, wenn wir seine Nähe brauchen.
Ganz einfach und mit der Selbstverständlichkeit, bei der das unsere Kinder bei uns tun.
Amen

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